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Zu Schnell

Zu Schnell

Titel: Zu Schnell
Autoren: John Boyne
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Eifersucht.
    Sarah stand unten an der Einfahrt, aber sie war nicht allein. Sie unterhielt sich mit Luke Kennedy, der auf sie einredete wie ein Wasserfall und dabei lebhaft gestikulierte. Sie schüttelte den Kopf und grinste. Er fing an zu lachen. Mein Fahrrad lag in der Einfahrt, Luke deutete darauf und sagte etwas, aber Sarah schüttelte wieder den Kopf. Dann sagte er wieder etwas. Diesmal nickte sie, und er rannte los, ins Haus, so dass ich ihn nicht mehr sehen konnte.
    Ich runzelte die Stirn. Zwar verstand ich nicht richtig, was abging, aber es gefiel mir trotzdem überhaupt nicht. Schon die Tatsache, dass die beiden miteinander redeten, passte mir nicht im geringsten. Gerade drehte ich den Griff, um das Fenster zu öffnen, da kam Luke mit seinem Fahrrad zurück. Er schwang ein Bein über die Querstange, setzte sich aber nicht auf den Sattel, sondern blieb mit beiden Füßen auf dem Boden stehen. Sarah hielt sich an seinem Arm fest, während sie hinter ihm aufs Fahrrad stieg. Er fuhr los, zuerst ein bisschen wackelig, aber dann fand er das Gleichgewicht und radelte davon, blieb am Ende der Straße kurz stehen, bog dann nach rechts ab und verschwand aus meinem Blickfeld.
    Mich kotzte das alles an. Ich wollte die beiden nie wiedersehen. Luke nicht und Sarah erst recht nicht. Genauso wenig wie Dad. Oder Mam. Ich schaute auf meine Uhr. Es war schon sieben, und ich sah meine Mutter die Straße entlangkommen, mit einer Packung Milch in der Hand. In dem Moment fasste ich einen Entschluss. Aber ich wollte damit warten, bis alle schliefen.
    Und dann würde ich abhauen.

    Ich wartete, bis es stockdunkel war. Es war schon fast halb zwölf, als ich aufbrach. Mam und Dad lagen im Bett, und ich packte meine Tasche: frische Klamotten, Unterwäsche zum Wechseln. Leise tappte ich hinunter, um mir in der Küche ein paar Kekse und eine Flasche Wasser zu holen. Ich hatte keine Ahnung, wo ich hingehen sollte, aber eins war klar: Ich konnte nicht mehr zu Hause bleiben. Immerhin war ich schon dreizehn Jahre alt, und so langsam wurde es Zeit, dass ich mich alleine durchschlug und mir die Welt anschaute. David Copperfield war viel jünger gewesen als ich.
    Durch die Hintertür schlich ich nach draußen und schaute die Straße hinauf und hinunter, ob auch wirklich niemand unterwegs war. Ich nahm meine Tasche auf den Rücken, schnappte mein Fahrrad und fuhr los in Richtung Hauptstraße.
    So viel stand fest: Ich wollte nie, nie wieder nach Hause zurückgehen.

Kapitel 10
    In der ersten Nacht schlief ich überhaupt nicht.
    Ich fuhr mit dem Fahrrad bis zur Schule. Dort gab es hinter der Turnhalle ein gutes Versteck. Ich hätte einen Schlafsack mitnehmen sollen – daran hatte ich nicht gedacht, also musste es auch ohne gehen. Aber immer, wenn ich die Augen zumachte, bekam ich Angst, es könnte etwas oder jemand um die Ecke kommen und mich umbringen, ein riesiger Hund oder vielleicht ein Obdachloser.
    Nach ein paar Stunden überlegte ich mir, ob ich nicht doch lieber heimgehen sollte, entschied mich aber dagegen. So schnell durfte ich nicht aufgeben. Mit dem Ergebnis, dass ich die ganze Nacht wach lag und erst, als es schon wieder hell wurde, ein bisschen döste. Da war es allerdings schon kurz nach sieben, und ich machte mich wieder auf die Socken, weil man mich ja sonst womöglich gefunden hätte.
    Ich hatte etwas Geld eingesteckt – die zehn Pfund, die Pete mir zu meinem Geburtstag aus Amsterdam geschickt hatte. Also stellte ich mein Rad ab und holte mir in einem Schnellrestaurant einen Burger mit Pommes. Es war ein komisches Gefühl, so früh am Morgen einen Burger mit Pommes zu bestellen, aber das Restaurant hatte ja schon geöffnet, deshalb dachte ich nicht, dass sie mich für verrückt halten würden. Aber als ich wieder rauskam, war etwas ganz Idiotisches passiert: Mein Fahrrad war weg. Jemand hatte es gestohlen. Ich hatte es draußen stehenlassen und nicht abgeschlossen, weil ich vergessen hatte, das Kettenschloss einzupacken.
    Später am Nachmittag bekam ich wieder Hunger. Ich kaufte mir wieder einen Burger mit Pommes und diesmal auch noch einen Nachtisch, nämlich ein Eis, und weil es wirklich supergut schmeckte, ging ich noch mal rein und holte mir eine zweite Portion. Da blieben mir nur noch drei Pfund, doch die konnten ewig reichen, fand ich, wenn ich mir das Geld nur richtig einteilte. Aber war es nicht ein Risiko, wenn ich noch länger einfach so in der Stadt herumlief? Allmählich wurde ich nervös, vor allem, wenn mir
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