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zorneskalt: Thriller (German Edition)

zorneskalt: Thriller (German Edition)

Titel: zorneskalt: Thriller (German Edition)
Autoren: Colette McBeth
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Pressesprecherin Hilary Benson und eine junge Frau. Jake Roberts war auch da. Aber ihn sah ich erst später. Ich würde dies alles erst später sehen. Als Lesley die Tür öffnete, hatte ich stattdessen nur Augen für ein Poster, ungefähr sechzig mal sechzig Zentimeter groß, das neben dem Pult hing. Es zeigte das Foto einer jungen Frau. Ein Foto von dir.
    Deine blauen Augen saugten mich ein, tief, tief hinunter, wo es kalt und dunkel war. Meine Lunge lief voll, mein ganzer Körper schrie nach Luft. Ich ertrank, Clara, und hatte nur noch das Platschen und Strudeln von Wasser und die gedämpften Geräusche des Medienzirkus, der sich auf seinen Auftritt vorbereitete, in den Ohren. Niemand sah, was in diesem Augenblick mit mir geschah, niemand merkte, dass ich von außerhalb der Story mitten in ihre schlammigen Tiefen hinabgerissen worden war. Niemand hätte ahnen können, dass diese Geschichte ein Teil von mir war.
    Mir kam es vor, als hätte ich den Boden erreicht. Alles kam zum Stillstand.
    Dann hörte ich eine Stimme, lauter als die anderen, die durch das Geschwätz drang. Und kam endlich nach Luft gierend an die Oberfläche zurück.
    » Es geht los, Leute«, sagte die Stimme. Sie gehörte Detective Chief Inspector Gunn, der den Beginn der Pressekonferenz ankündigte, als wäre er dabei, eine Varieténummer anzusagen.
    » Danke, dass Sie gekommen sind«, sagte DCI Gunn mit seinem West-Country-Näseln. Mir fiel auf, dass er direkt in die Kameras sah. » Wir brauchen Ihre Hilfe, um die junge Frau zu finden, die Sie hier sehen.« Er nickte zu dem Poster von dir hinüber. Dieses Lächeln, so betörend. » Ihr Name ist Clara O’Connor. Sie ist achtundzwanzig, und ihr Verschwinden ist völlig uncharakteristisch.«
    Ich sollte erwähnen, dass DCI Gunn und mich etwas verband, das man eine professionelle Beziehung nennen könnte. Er war ein Kontakt, den ich seit drei Jahre pflegte – seit ich den Job als Kriminalreporterin beim National News Network ergattert hatte. Nach etlichen Lunchs und Drinks auf meine Rechnung hatten die Informationen zu fließen begonnen. Tipps zu Storys in seinem Revier, ein paar Lecks hier und da. Und eine stillschweigend geschlossene Übereinkunft: Er würde dafür sorgen, dass ich gut herauskam, wenn ich den Gefallen erwiderte. Auf solche behaglichen Beziehungen vertrauen Journalisten, und dies war der Augenblick, in dem unsere zu zerfallen begann. Obwohl er dich nie gekannt hatte, war er plötzlich ein Experte für deinen Charakter. Ich spürte, wie mir das Blut in den Kopf stieg, und biss mir auf die Unterlippe.
    » Vermisst gemeldet wurde sie von ihrer Freundin und Mitbewohnerin Amber Corrigan. Amber hat in der Nacht zum Samstag bei einer Freundin übernachtet, wollte sich aber am Tag darauf mit Clara zum Lunch treffen.« Er machte eine Pause und sah zu der jungen Frau auf dem übernächsten Stuhl hinüber. Du hattest schon früher von ihr gesprochen, aber hier sah ich sie zum ersten Mal – sie war ein zierliches, zerbrechliches kleines Ding. Der Stuhl verschluckte sie fast. Wäre sie nach draußen gegangen, hätte der aufkommende Sturm sie weggefegt, dachte ich. Aber sie war hübsch, und Kameramänner und Fotografen lieben es, wenn ein hübsches Mädchen weint. Das sichert der Story mehr Aufmerksamkeit.
    DCI Gunn räusperte sich. » Am vergangenen Freitag, den 18. Januar, sollte Clara den Abend mit Freundinnen im Brightoner Stadtzentrum verbringen. Sie waren dort verabredet, aber Clara kam zu spät und ist unseren Feststellungen nach auch nur kurz geblieben. Sie verließ die Cantina Latina am Marine Drive gegen halb zwölf, um nach Hause zu fahren, wie sie ihren Freundinnen erzählt hatte. Leider ist sie seitdem nicht mehr gesehen worden.« Er machte eine Pause und sah sich effekthascherisch in dem Raum um. Ich versuchte, seine Informationen aufzunehmen und zu verarbeiten. Es war, als wollte man Wasser mit den Händen auffangen.
    Aus heutiger Sicht ist es schwierig, mein Verhalten an jenem Tag zu erklären, Clara. Tatsächlich verstehe ich es selbst noch immer nicht. Ich kann noch heute die Stimme in meinem Kopf hören, die kreischend verlangte, ich solle aufstehen und schreien, so laut, wie ich nur konnte, seine Schilderung des Freitagabends sei völlig falsch. Ich wollte DCI Gunn anbrüllen, ich sei deine Freundin, deine älteste Freundin, und wenn jemand dich kenne, dann sei das ich. Ich wollte die Hand ausstrecken und die Pausetaste drücken, um alles für einen Augenblick anzuhalten,
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