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zorneskalt: Thriller (German Edition)

zorneskalt: Thriller (German Edition)

Titel: zorneskalt: Thriller (German Edition)
Autoren: Colette McBeth
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ist. In letzter Zeit rufst du selten an oder zurück.
    Jedenfalls übernachtet Jonny heute in Gatwick, um einen frühen Flug zu nehmen, deshalb werde ich nicht absagen. Ohne ihn ist unsere Wohnung kalt und leer. Inzwischen habe ich das Gefühl, wir sind zwei Hälften einer Person. Bei jedem anderen Kerl vor ihm war es so, als kämen wir von verschiedenen Planeten. Und dann hat er mich angesprochen, und wir waren uns gleich sympathisch, und ich habe gedacht: Hallo, mein Mann von der Erde. Bevor ich michs versah, tat ich all die Dinge, die ich früher missbilligt hatte, zum Beispiel vor jemandem pinkeln und ihn in der nächsten Minute mit solchem Drang, solcher Dringlichkeit ficken, dass man zugleich weinen und lachen mochte. Wir ergänzen einander, wir beenden die Sätze des anderen, und manchmal sitzen wir nur schweigend da, weil wir uns nicht hinter Worten und Gesten verstecken müssen. Wir können einfach wir selbst sein. Ich will damit sagen, dass ich das Gefühl habe, unvollständig zu sein, wenn er nicht zu Hause ist, und dass ich lieber irgendwo anders bin, als die leere Wohnung ertragen zu müssen.
    Deshalb fahre ich jetzt mit den Arctic Monkeys im CD -Spieler, einer Cola light und einer Tüte Haribo auf der M23 zu dir und zu den Highschool-Zicken.
    Ich bin schon ein paar Meilen an Gatwick vorbei, als sich dieses vertraute, komische Gefühl einstellt. Der Verkehr wird langsamer, vor mir leuchten lauter rote Bremslichter auf. Die Haribos sind aus, meine Zähne tun vom Zucker weh, und meine Blase ist voller Cola. Ich schalte zwischen Sendern hin und her, um Verkehrsmeldungen zu hören, und bekomme Nachrichtenfetzen mit. Die Frau auf Radio Four sagt, dass es bei den gestrigen Stürmen in den Midlands und im Norden elf Tote gegeben habe. Auf Radio One verliest ein atemloses Mädchen viel zu schnell und mit verrückten Betonungen einzelner Wörter eine Meldung zu Premierminister Gordon Brown, der in Indien sei, um über die rassistischen Äußerungen bei »Big Brother« zu sprechen. Ist es so weit mit der Welt gekommen?
    Vor mir sehe ich Blinker, die im Regen grell aufzucken. Wir werden langsam auf eine Spur zusammengeleitet. Weiter vorn stehen zwei Streifenwagen, eine Feuerwehr und ein Krankenwagen. Ich sehe, wie sich Männer in reflektierenden Sicherheitsjacken im Halbdunkel bewegen. Ich frage mich, was sie gefunden haben mögen, aber meine Neugier wird gestillt, als ich selbst an der Unfallstelle vorbeirolle. Links von mir steht ein roter Ford, vermutlich ein Fiesta. Das Dach ist halb abgerissen, und die Feuerwehrleute schneiden jemanden heraus. Oder sie versuchen festzustellen, was von dem Fahrer übrig ist. Ich stelle mir abgetrennte Gliedmaßen und Tod vor. Ein weiterer Wagen, ein silberner Mercedes, steht in rechtem Winkel zu dem Ford. Sein Heck und eine Seitentür sind eingedrückt, aber die Schäden sind viel geringer als bei dem Fiesta. Die Schönheit deutscher Ingenieurkunst. Ein Mann, wahrscheinlich der Fahrer, hockt auf der Leitplanke. Jemand hat ihm eine Decke umgelegt, und er hält den Kopf in den Händen. Unter der Decke sind ein Anzug und schwarze Schuhe zu erkennen. Mich schaudert. Ich wollte, ich hätte ihn nicht gesehen, aber jetzt ist dieses Bild in mein Gedächtnis eingebrannt. Und ich werde daran erinnert, dass wir unser Schicksal nicht in der Hand haben, selbst wenn wir uns das einbilden. Das Leben ist willkürlich. Wer etwas anderes glaubt, ist töricht.
    Der Verkehr kommt langsam wieder in Fluss. Als ich Gas gebe, piepst mein Handy. Eine SMS . Ich werde sie lesen, wenn ich ankomme, denke ich. Ich bin nicht darauf vorbereitet, dass mein Leben sich in einer dunklen Freitagnacht im Januar auf der M23 plötzlich ändert.
    Ich lese sie, als ich in Brighton ankomme.
    Sie ist von dir.
    Rachel, sorry, fühle mich schrecklich, hab vielleicht die Grippe, bin noch im Bett, aber raff mich auf, um es zu schaffen. Ruf dich später an. Clara x
    Als ich zurückrufen will, lande ich auf deiner Mailbox. Ich hinterlasse keine Nachricht. Stattdessen schicke ich dir eine SMS .
    Lass mich nicht mit ihnen allein! Nimm ein paar Lemsips. Und schalt dein Telefon ein! X
    Aber du tust es nicht.
    Vom Parkhaus in der Black Lion Street zur Cantina Latina sind es zu Fuß fünf Minuten. Der scharfe Seewind scheint mir die Haut abzuschleifen. Ich überquere die Straße und gehe an dem im Dunkel beleuchteten Pier vorbei. Ein paar Spielhallen haben geöffnet und trotzen der Januarkälte, um die Hardcore-Glücksspieler
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