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Morbus Dei: Im Zeichen des Aries: Roman (German Edition)

Morbus Dei: Im Zeichen des Aries: Roman (German Edition)

Titel: Morbus Dei: Im Zeichen des Aries: Roman (German Edition)
Autoren: Bastian Zach , Matthias Bauer
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Prolog
    … ein Teil Engelwurz, zwei Teile Weinraute, ein Teil getrocknetes Krötenpulver, vier Teile Honig und zwei Teile Pimpinelle.
    Man zermahle alle Ingredienzen und verrühre sie vorsichtig, bis sich eine zähflüssige Paste bildet. Diese dann drei Tage und drei Nächte trocknen lassen.
    Der alte Abt legte den Federkiel beiseite und blies die Tinte trocken. Zufrieden betrachtete er die Abschrift der Seiten, als ihn ein Knarren aufhorchen ließ.
    Er verharrte regungslos – nichts. Es muss wohl das Atmen des Balkenwerks sein, dachte der Abt und schmunzelte innerlich.
    Im Kamin glosten ein paar Holzscheite, die einzige brennende Kerze in der sonst finsteren Bibliothek war fast vollständig heruntergebrannt. In ihrem flackernden Licht verglich der Abt seine Abschrift ein letztes Mal penibel mit dem Original, denn er wusste, dass bereits das Fehlen einer einzigen Ingredienz unvorhersehbare Folgen haben konnte.
    Aber es stimmte alles, er atmete tief durch. Die Anspannung, die ihn seit Tagen nicht zur Ruhe kommen lassen hatte, war mit einem Male verschwunden.
    Er strich sich über den schneeweißen Stoppelbart. War dieser nicht gestern noch dunkelbraun gewesen? Oder war das Jahrzehnte her? Er blickte auf seine knöchernen Hände, auf die mit Altersflecken gesprenkelte Haut.
    Tempus fugit.
    Der alte Abt faltete die Abschrift zusammen und steckte sie in den kleinen Lederbeutel, der an seinem Gürtel hing.
    Plötzlich flog die schwere Holztür krachend auf und drei Männer im Ordensgewand der Dominikaner betraten die Bibliothek. Sie fixierten den Abt mit ernsten Blicken.
    „Ihr habt wahrlich lang genug nach ihnen suchen können“, warf ihm einer der Männer entgegen.
    „Jedoch, ich habe sie gefunden.“ Der Abt griff nach den losen Seiten auf dem Tisch und hielt sie den Männern entgegen. Das Herz schlug ihm bis zum Hals.
    Einer der Dominikaner ergriff die Blätter und überflog sie.
    „Sind sie es?“, wollte einer seiner Ordensbrüder hinter ihm wissen.
    Der Dominikaner nickte. Schnellen Schrittes ging er zum Kamin und warf die Seiten auf die Glut. Sogleich züngelten Flammen an dem Papier entlang, es rollte sich unter der Hitze zusammen und war kurze Zeit später nur noch Asche.
    Ein Windhauch erhob die weißen Fragmente in die Luft, ließ sie tänzelnd kreisen und sog sie in den Schlot des Kamins.
    Für immer verloren, dachte der alte Abt, so wäre es gekommen.
    Ohne ein weiteres Wort verließen die Dominikaner die Bibliothek. Der Abt blickte ihnen nach, bis sie im Dunkel des Gangs verschwunden waren. Nachdenklich strich er über den Lederbeutel.
    Die Dominikaner waren gewiss der Ansicht, sie hätten zum Wohle der Menschen im Allgemeinen und zu dem der Kirche im Besonderen gehandelt.
    Das habe ich auch .
    Schnelle Schritte ließen ihn aufsehen. Ein Novize kam den Gang entlanggelaufen, blieb mit Tränen in den Augen auf der Türschwelle stehen.
    „Es geht zu Ende mit Bruder Martin“, keuchte er. „Bitte kommt, er hat bereits nach Euch verlangt, Abt Bernardin.“

Persecutio

    Wien,
    Anno Domini 1704

    I
    Das Unwetter, das noch vor Sonnenaufgang über die Stadt hinweggepeitscht war, als wollte es die alte Kaiserstadt ertränken, hatte sich verzogen und den Himmel wolkenlos hinterlassen. Nun wehte ein laues, frühsommerliches Lüftchen. Die Sonne brannte herab und trocknete Wasserlachen und Morast auf.
    Die Bauern waren nach der Mittagsrast wieder bei der Arbeit, kaum einer nahm Notiz von den dünnen Rauchschwaden, die im Norden über die Hügelkuppen quollen.
    Gestern war es ein Spektakel gewesen: So mancher hatte bereits die gesamte Reichshauptstadt einen Raub der Flammen werden sehen. Und dies mit nicht geringer Schadensfreude, denn nun würden die stinkreichen Städter erfahren, was es hieß, das gesamte Hab und Gut zu verlieren, wie die Bauern nach der letzten Türkenbelagerung.
    Doch als am Abend der Schein des Feuers erlosch, war allen klar, dass Wien weiterhin bestehen würde.
    Und so widmeten sich die Bauern wieder ihrem Broterwerb und kümmerten sich auch nicht um den Wagenzug, der über die Landstraße holperte, eskortiert von einem Dutzend Männern zu Pferd. Aufgrund ihrer unterschiedlichen Bewaffnung, ihres grimmigen Auftretens und der fehlenden Uniformen wusste jedermann, wer sie waren: Söldner.
    Angeführt wurde der Zug von einer schwarzen Kutsche, deren Vorhänge zugezogen waren, gefolgt von zwei schweren Kastenwägen mit breiten, eisenbeschlagenen Rädern, deren Aufbau mit ledernen Planen
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