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0405 - Mit Blut geschrieben

0405 - Mit Blut geschrieben

Titel: 0405 - Mit Blut geschrieben
Autoren: Jason Dark
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Bei jedem Schritt klaffte der Umhang auf, sodass ein Betrachter den Eindruck gewinnen konnte, dass dieser Mann Flügel hatte.
    Er war zwar etwas Besonderes, doch fliegen konnte er nicht. Zielstrebig schritt er dahin. Der Hohlweg nahm die Gestalt auf. Ein Gespenst in einer Nacht, die sehr düster war und gleichzeitig auch wolkenverhangen.
    Der Mond war über den kahlen Zweigen der Bäume nur manchmal als bleicher Fleck zu sehen.
    In dieser einsamen Gegend stand nichts. Kein Haus, es gab nicht mal einen alten Schuppen oder ein Gehöft. Die Gegend erinnerte an die Einsamkeit Sibiriens, dabei lag dieser Wald nicht einmal weit von der glanzvollen Stadt Petersburg entfernt.
    Vor den Lippen des Mannes dampfte der Atem. Er floss über den Rand des Schals hinweg, den sich die einsame Gestalt um den Hals geschlungen hatte.
    Seine Füße steckten in warmen Stiefeln. Das Gesicht war kaum zu erkennen. Licht gab es nicht. Aber der Mann fand zielsicher seinen Weg. Nicht einmal kam er von ihm ab, auch dann nicht, als ihn der Weg in eine Kurve führte, die in eine kleine Mulde auslief, wo das blattlose Gebüsch wie ein Sperrwall der Natur wuchs.
    Der Mann durchbrach es mit schweren Tritten. Er nahm den kürzesten Weg zu seinem Ziel. Als sich der Mantel zwischen den Zweigen verfing, zog und zerrte er so lange, bis der Stoff wieder frei war und als dunkle Fahne hinter ihm herflatterte.
    Kalt war die Nacht, dampfend und feucht. Mit dem Sinken der Sonne war auch der Frost gekommen, er hatte die Natur erstarren lassen. Auf den Zweigen glänzte die helle Schicht; das Laub war hart und sperrig geworden. Es gab splitternde Geräusche von sich, wenn die dunklen Schuhe des Mannes es zertraten.
    Und so wanderte er weiter.
    Eine halbe Stunde war vergangen. Der Blick des Unheimlichen war streng nach vorn gerichtet. Er wusste, dass bald die Mauern auftauchen mussten. Ein düsteres Haus, unheimlich in seiner Ausstrahlung, seine Wirkungsstätte, als er noch jung gewesen war und sich entschlossen hatte, Mönch zu werden.
    Jetzt war das Kloster leer. Die übrigen Mönche hatten es fluchtartig verlassen. Ihrer Ansicht nach war es entweiht worden, weil die Mauern einen Bruder geborgen hatten, der ihrer nicht würdig gewesen war.
    Der Weg wurde breiter. Zwei Kutschen konnten sich hier begegnen, ohne dass sie zusammenstießen. Der Mann ging auf der Wegmitte. Schattengleich tauchte er in die einzelnen Nebelfelder ein und drang ebenso lautlos wieder aus ihnen hervor.
    In seinen Augen loderte es. Es war ein düsterer und zugleich wissender Blick, der sich änderte, als er aus der Finsternis die hohen Mauern des Klosters ragen sah.
    Nichts hatte sich verändert. Nach wie vor stand es mit seiner vollen Breite in der Landschaft. Wuchtig und trutzig, sich den Gefahren entgegenstemmend. Vor Jahren hatte es dem Zaren einmal als Fluchtburg gedient, weil er die Einsamkeit liebte.
    Jetzt verfiel es.
    Der Unheimliche sah die hohen Mauern wie Schatten in den Nebel ragen. Der graue Dunst reduzierte die Umrisse der Landschaft und nahen Umgebung jeweils auf ein Minimum. Das Kloster wirkte kleiner, als es tatsächlich war.
    Auf dem Dach des Haupthauses hockten einige Raben. Sie mussten gespürt haben, dass sich jemand näherte, denn sie flogen davon und stießen krächzende Schreie aus.
    Der Mann ging weiter. Gebeugt und geduckt, als würde er sich vor irgendetwas fürchten. Als er den Eingang erreichte und durch das offene Tor den Hof betrat, wandte er sich sofort nach links, wo die alte Außenlaterne an einer Tür hing, vom leichten Wind bewegt wurde und knarrend schaukelte. Der Mann reckte sich. Er hob die Laterne aus der Halterung, schraubte den Deckel ab und suchte in den Taschen seines Mantels nach Zündhölzern. Er fand sie auch, riss eines an, schützte die flackernde Flamme mit der Hand, bevor er den Docht der Laterne in Brand setzte und ihn höherschraubte.
    Es war nicht viel Licht, das die Lampe abgab. Es riss nur eine kleine Schneise in die Finsternis und produzierte mehr Schatten als Helligkeit. Die düsteren Schatten bewegten sich reflexhaft und lautlos über das Mauerwerk, in dessen feuchten Spalten ebenfalls der Frost steckte und das Wasser dort hatte gefrieren lassen.
    Die Laterne schaukelte in der Hand des Mannes, als sich dieser in Bewegung setzte und auf einen schmalen Eingang zuschritt, der in einem Seitenflügel des Klosters lag.
    Er kannte sich aus, ging über das aufgerissene Pflaster und Umschrift die Löcher im Boden. Sein Ziel war die schmale
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