Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zornesblind

Zornesblind

Titel: Zornesblind
Autoren: Sean Slater
Vom Netzwerk:
Ohne nachzudenken klappte die Natter den Laptop zu und drückte auf den Eject-Button.
    »Als ich die anderen Videos sah, wusste ich sofort, dass du noch mehr von den Dingern hast«, brüllte der Doktor. »Gib das her.«
    Die Natter spürte, wie sein Herz unangenehm gegen die Rippen trommelte.
    »Nein.«
    Der DVD -Player warf leise surrend das Tray mit der Disk aus. Die Natter hob sie vorsichtig heraus und versuchte, sie in die Hülle zurückzulegen, doch der Doktor war schneller und riss sie ihm aus der Hand.
    »Ich werde dieses Ding ein für alle Mal entsorgen!«
    »Nein«, wiederholte er.
    Schlagartig krampfte sich seine Brust zusammen. Sein Herz, seine Lunge. Ein sonderbares Gefühl der Leere breitete sich in ihm aus.
    » NEIN !«
    Der Doktor war schneller.
    Sie stürmte aus dem Zimmer, seine kostbare DVD in der Hand. Seine einzige und letzte Verbindung mit William – und dieses Mal machte die Natter etwas, was er noch nie getan hatte.
    Die Natter handelte .

95
    Als Erstes suchten sie das Domizil von David Sutton. Auf dessen Grundstück standen mittlerweile Ferienhäuser, die nach dem Timesharing-Modell unter die Leute gebracht wurden. Das war ziemlich unergiebig.
    Von dort fuhren sie durch den kleinen Ort zu der Adresse von Reginald Robinson. Kaum standen sie vor dem Haus, setzte ein perlgrauer Audi Q7 in die Auffahrt, und eine Familie stieg aus.
    Als die Leute ihre Snowboardausrüstung auspackten, wusste Striker sofort, dass sie mal wieder in einer Sackgasse gelandet waren. Er wies sich aus und erklärte dem Familienvater, dass sie Reginald Robinson suchten.
    Der Mann antwortete unverblümt: »Der wohnt nicht hier. Im Übrigen haben wir das Haus erst letzten Sommer gekauft.«
    »Darf ich fragen, von wem?«, hakte Striker nach.
    »Von einem Arzt in der Stadt.«
    »Hieß dieser Arzt zufällig Dr. Ostermann?«
    Der Mann nickte und wurde sichtlich nervös. »Ja, gut möglich, dass er so hieß. Stimmt irgendetwas nicht? Ist irgendwas mit dem Haus?«
    »Nein, alles im grünen Bereich.« Striker nickte vielsagend. »Danke für Ihre Auskunft.«
    Von dort fuhren sie zu der dritten Adresse auf ihrer Liste. Sie war etwas außerhalb, am Ostrand des Ortes. Unterwegs hatte der Ermittler schwer mit seinem inneren Schweinehund zu kämpfen. Wahrscheinlich war es sowieso aussichtslos, dachte er missmutig, und sie verplemperten nur kostbare Zeit. Sollten die Ermittlungen im Sande verlaufen, hätten sie nichts in der Hand. Scheißspiel.
    Keine fünf Minuten später mündete die asphaltierte Straße in einen geschotterten Feldweg.
    Striker kniff die Augen zusammen und nahm die Dunkelheit ins Visier, die Weg und Baumreihen verschattete. In einiger Entfernung bemerkte er ein Verandalicht – ein milchig gelber Punkt in der bleiernen Schwärze. Er stellte den Wagen unter den Bäumen ab, knipste seine Taschenlampe an und richtete den Lichtkegel auf die Straße, auf der Suche nach einem Hinweisschild. Er fand keines.
    »Laut Google Map sind wir hier richtig«, beteuerte Felicia. »Panorama Trail.«
    Er nickte. »Verdammt schlechte Straße.«
    »Wenn wir weiterfahren, sieht man uns schon von Weitem.«
    Striker stimmte ihr zu. Laufen war auf jeden Fall besser.
    Sie stiegen aus und gingen zu Fuß weiter.
    Luc Bellevue hatte vor seinem Tod hier gewohnt. Da in den Akten keine Eigentumsübertragung vermerkt war, hätte das Haus eigentlich leerstehen müssen.
    Die beiden Detectives folgten dem Verlauf der schmalen Schotterpiste.
    Auf der linken Seite versteckte sich hinter Bäumen ein kleiner See, auf dem eine feine Nebelschicht lag. Alles war sehr, sehr ruhig und einsam.
    Sie marschierten weiter. Nach etwa hundert Metern, oberhalb der lang gestreckten Uferböschung, kam ein Blockhaus in Sicht. Relativ klein und ganz aus Holz gezimmert, stand es am Nordufer des Sees.
    Bis auf ein Fenster war die Frontseite dunkel, die Vorhänge waren fest zugezogen. Hinter einem Vorhang erhaschte Striker eine Bewegung. Kurz und schnell.
    Er hatte es genau gesehen.

96
    Der Doktor war unten im Arbeitszimmer.
    »Bitte«, bettelte die Natter. »BITTE!«
    Es war bestimmt das zehnte Mal, dass er sie darum bat, ihm das Video zurückzugeben. Er wusste nicht, was er tun sollte, er war vor Verzweiflung halb wahnsinnig.
    Sie glitt an ihm vorbei in die Küche, ein Lächeln auf den Lippen, ihre eisblauen Augen auf ihn fixiert. Sie genoss es, ihn zu quälen, sann die Natter, und sie kostete diesen Moment kaltblütig aus. Sie war eine perverse Sadistin.
    »Ich brauche
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher