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Zornesblind

Zornesblind

Titel: Zornesblind
Autoren: Sean Slater
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hinter das Blockhaus. Die Glasschiebetür stand weit offen, in der Küche war Licht. Er nahm die rutschigen Verandastufen, brachte sich im Türrahmen in Deckung und schaute sich vorsichtig um.
    Nichts.
    Er stahl sich in die Küche und von dort leise die Treppen hinauf in die oberen Stockwerke.
    Das Haus war leer.
    Der Vogel war ausgeflogen.
    Frustriert schlich er wieder nach draußen, wo er den Strahl der Taschenlampe langsam über den See gleiten ließ. Zuerst sah er nichts.
    Dann entdeckte er die Leiche, die wie ein Stück Holz im Wasser trieb.
    Sie lag nicht weit vom Ufer entfernt, dort, wo die Eisschicht dünner wurde und schlammige Pfützen bildete. Er kroch dorthin, fasste einen Arm und drehte die Tote mit einer schnellen Bewegung in Rückenlage.
    Es war Lexa, stellte Striker alarmiert fest.
    Die Natter hatte sie getötet. Im Affekt. Gabriel hatte die Kontrolle verloren.
    Und er war verschwunden.

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    Die Stimmen kehrten zurück, das Lachen und Kichern echote in seinem Kopf. Aber dieses Mal gelang es der Natter, die Stimmen zu kontrollieren. Er hatte das kostbarste seiner kostbarsten Videos eingebüßt, außerdem hatte er die Headphones für sein iPhone nicht dabei, um sich das weiße Rauschen reinzuziehen.
    Es war nicht mehr wichtig.
    Ein neues, ungeahntes Kontrollgefühl flutete seinen Körper. Elektrisierend. Magnetisierend. Wie Eiswasser in seinen Venen. Seitdem er die Regel gebrochen und den Doktor getötet hatte, fühlte er sich unbesiegbar. Nichts und niemand könnte ihn mehr aufhalten.
    Er war nicht mehr zu stoppen.
    Bei dieser Erkenntnis grub sich ein zufriedenes Grinsen in seine Mundwinkel.
    Er bewegte sich langsam und vorsichtig. Nur die Ruhe, sagte er sich. Ruhe und Besonnenheit. Er hatte keine Eile. Außerdem machte es keinen Sinn, blindlings durch den dunklen Wald zu laufen. Ein gebrochenes Bein wäre schlecht fürs Mordbusiness.
    Während sich seine Beine behutsam vorwärtstasteten, kreisten Gabriels Gedanken um Jacob Striker. Vorhin, am Haus, hatte der große, kräftige Detective verdammt entschlossen gewirkt. Die Natter hatte ihn aus seinem Versteck heraus beobachtet, insgeheim beeindruckt.
    Im Nachhinein begriff er, dass er sich idiotisch verhalten hatte – er hätte blitzartig flüchten sollen. Aber irgendetwas an dem Detective faszinierte die Natter. Der Mann hatte eine Wahnsinnspräsenz.
    Gabriel fühlte sich teuflisch von ihm angezogen.
    Er hielt in Richtung Norden und lief schneller, als er den ausgeschilderten Wanderweg nach Green Lake fand. Dort würde Striker ihn letztlich aufspüren. Das war Fakt. Weil die Natter den Detectives Striker und Santos und dem omnipräsenten Doktor einen entscheidenden Schritt voraus war. Die Natter kannte das Versteck von Larisa Logan.
    Und er war entschlossen, vor Striker dort zu sein.

101
    »Felicia!«, rief Striker bestimmt zum zehnten Mal, aber es war zwecklos, und er bekam allmählich Panik.
    Er lief zurück zur Straße, versuchte von dort, sie über Handy anzurufen. Das Signal war zwar schwach, aber es klappte, und es wurde beim zweiten Klingeln abgenommen.
    »Jacob?«, fragte sie.
    »Verdammte Scheiße, wo bist du?«
    »Ich bin im Dorf. Hab Dalia leider verloren. Sie hat mich abgehängt.«
    »Und ich hab überall nach dir gesucht«, entgegnete er darauf ärgerlich.
    »Tut mir leid«, entschuldigte sie sich. »Bist du wenigstens okay?«
    »Ja.«
    »Und Gabriel?«, fragte sie erkennbar angespannt.
    »Weg. Er hat Lexa umgebracht.«
    Felicia zog schockiert den Atem ein. »Grundgütiger.«
    »Er hat die Kontrolle über sich verloren, Feleesh. Und er weiß, dass wir hier sind und nicht lockerlassen werden. Ruf die Feds an. Wir brauchen dringend Verstärkung. Wir müssen ihn schnappen, bevor er sich absetzen kann. Wir treffen uns unten im Ort. Auf dem Platz mit den Flaggen.«
    »Okay. Ich ruf die Kollegen an.«
    »Und … Feleesh … sei vorsichtig. Wir haben sie zwar verloren, trotzdem müssen sie noch irgendwo sein.«
    »Ich pass auf mich auf.«
    Damit war das Gespräch beendet. Striker lief zum Wagen. Er war vielleicht zehn Schritte gelaufen, als sein Handy vibrierte. Er riss es aus der Tasche, tippte auf Felicia, stattdessen signalisierte das Display eine Textnachricht. Er öffnete die Nachricht, sah Larisas Namen und las den Text.
    Jacob, sind Sie da?
    Er tippte umgehend zurück.
    Ich bin da. Wo sind Sie?
    Nach einem kurzen Moment antwortete sie:
    Ich habe Beweise, Jacob. Ein Video. Die Ärzte im Mapleview bringen Patienten um, damit sie an deren
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