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Zorn und Zärtlichkeit

Zorn und Zärtlichkeit

Titel: Zorn und Zärtlichkeit
Autoren: Johanna Lindsey
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»Damit handeln wir uns nur Prügel ein.«
    »Unsinn! Niemand wird das merken.«
    »Dein Plan gefällt mir nicht, Sheena. Um mich selber habe ich keine Angst - aber um dich. Es ist viel zu gefährlich, den Turm zu verlassen. Wenn dieser...«
    »Sprich seinen Namen nicht aus!« unterbrach sie ihren Bruder erbost. »Ich habe es endgültig satt, diesen verfluchten Namen zu hören!«
    »Das ändert nichts an den Tatsachen, Sheena. In den drei
    Monaten, seit er den Waffenstillstand gebrochen hat, ist er fünfmal über uns hergefallen. Er reitet durch unser Land, als würde es ihm gehören. Wie könnte ich dich beschützen, wenn er uns im Moor angreift?«
    »Davor brauchen wir uns nicht zu fürchten, Niall, das weißt du ganz genau. Um diese frühe Stunde läßt er uns in Ruhe. Er wartet, bis der helle Sonnenschein auf seine schmutzigen Taten herabscheint, damit man ihn mit niemandem verwechseln kann.«
    »Und wenn er seine Taktik ändert?«
    Verächtlich schüttelte Sheena den Kopf. »Er ist viel zu selbstgefällig, um uns mit neuen Finten zu überraschen. Zieh dich endlich an - und beeil dich! Heute bewacht der alte Willie das Tor. Der ist blind wie eine Fledermaus und wird nicht einmal den Kopf heben, wenn wir an ihm vorbeischleichen.«
    Wenige Minuten später rannten zwei kleine Gestalten über das Moor. Zu Pferde hätten sie eine Menge Zeit gespart, aber es wäre ihnen niemals gelungen, die Tiere aus dem Turm zu schmuggeln. Ein Spähtrupp, der unerwartet aufgetaucht war, hatte ihren Aufbruch verzögert. Die fünf Männer konnten nicht viel ausrichten, falls eine MacKinnion-Bande auf der Bildfläche erschien. Doch es war immer noch besser, von kampfunfähigen Spähern gewarnt zu werden als gar nicht. Seit einiger Zeit wuchs die Bedeutung solcher Warnungen, denn Dugald fürchtete mehr und mehr, dass seine Gegner den Turm überfallen würden - nicht nur die Pachthöfe.
    Obwohl sich der Himmel schon rosa färbte und Sheena nicht lange in ihrem kleinen bewaldeten Tal bleiben konnte, ließ sie den Mut nicht sinken. Heute war Badetag, und es bereitete ihr ein boshaftes Vergnügen, die sittliche Entrüstung ihrer Schwestern hervorzurufen, indem sie nicht mit ihnen badete. Niemals würden sie erraten, dass sie das schon getan hatte. Dies war nur einer der kleinen Streiche, die sie ihnen spielte, um sich für die ständigen Nörgeleien zu rächen. Vor allem Margaret war stets bemüht, ihr hemmungslose Wildheit und mangelndes Verantwortungsbewußtsein vorzuwerfen. Andauernd klagte sie ihrem Vater, dass sich kein Mann mit Sheena abgeben würde, weil diese viel zu schlampig, respektlos und dreist wäre.
    Der Vater kannte sie besser. Sie war nicht wild und keineswegs schlampig, aber sie schwamm und ritt mit wahrer Leidenschaft. Das wusste er, und deshalb hatte er ihr verboten, den Turm zu verlassen. Dass sie ein bißchen respektlos war, musste sie zugeben. Doch sie wagte Dugald nur zu widersprechen, wenn ihr Zorn geweckt wurde.
    Sheena seufzte. In letzter Zeit hatte sie oft mit ihm gestritten, besonders im letzten Monat, wo er die Hoffnung aufgegeben hatte, dass sie sich einen künftigen Ehemann aussuchen würde. Er hatte an ihrer Stelle eine Wahl getroffen, was ihr wenigstens den Vorteil einbrachte, dass William aus dem Rennen war.
    »Möchtest du diesmal mit mir baden, Kleiner?« fragte Sheena, als sie mit ihrem Bruder die hohe Uferböschung des kleinen Teichs erreicht hatte. »Das Wasser ist sicher wärmer geworden. Oh, es sieht so einladend aus!«
    »Und wer soll auf dich aufpassen?« Niall schüttelte den Kopf und setzte sich auf seinen Lieblingsfelsen. Von hier aus konnte er das ganze Moor auf dieser Seite der Talsenke überblicken.
    »Du warst in diesem Sommer noch kein einziges Mal schwimmen, und ich weiß, dass du das ebenso gern tust wie ich. Im Frühling sagtest du, das Wasser wäre zu kalt, und dann fingen die Schwierigkeiten an.«
    »Wir hätten nicht herkommen dürfen, Sheena«, erwiderte er.
    Sie lachte über seine strenge Miene. »Du machst dir viel zuviele Sorgen, mein Lieber. Wo ist deine Abenteuerlust geblieben? In diesem Jahr hast du mich noch kein einziges Mal gebeten, mit dir zu fischen oder Moorhühner zu jagen.«
    »Nicht, weil ich keinen Spaß dran hätte...«
    »Ich weiß - die MacKinnions...« Seufzend trat sie hinter ihn, um sich auszuziehen. »Sie verderben uns den ganzen Sommer. Bald wird es zu kalt sein, um im Teich zu baden. In den letzten Monaten war ich nur viermal hier statt zweimal wöchentlich.
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