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Zorn und Zärtlichkeit

Zorn und Zärtlichkeit

Titel: Zorn und Zärtlichkeit
Autoren: Johanna Lindsey
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frommer Wunsch war. Erschüttert starrte er auf die Leiche des jungen Bewohners, der vor der rußgeschwärzten Tür lag, mit halbabgetrenntem Kopf.
    Die Clansleute an den Grenzen seines Landes bauten auf seinen Schutz. Es spielte keine Rolle, wie weit sein Schloss entfernt lag hoch oben in den Bergen und dass es ihm unmöglich gewesen wäre, ihnen rechtzeitig beizustehen. Wer immer dies getan hatte, fürchtete MacKinnions Zorn nicht. Nun, sie würden ihn fürchten lernen, bei Gott!
    Black Gawain taumelte aus dem verkohlten Schutt, halb erstickt vom Rauch. Er warf seinem Freund einen erleichterten Blick zu, aber Jamie ließ sich nicht so schnell überzeugen.
    »Bist du sicher, Black Gawain?« fragte er eindringlich.
    »Sie ist nicht da.«
    »Bist du ganz sicher, Gawain?« beharrte Jamie. »Wäre es keine Zeitverschwendung, einen Suchtrupp in die Berge zu schicken? Das Mädchen wäre bestimmt schon aufgetaucht, wenn...«
    »Verdammt, Jamie!« schrie Gawain. Doch der harte Blick seines Gutsherrn veranlaßte ihn, seine eigenen Männer zu rufen. Verzweifelt befahl er ihnen, die Hütte gründlich zu durchsuchen und jedes einzelne Bodenbrett umzudrehen.
    Drei Leute gingen hinein. Viel zu früh trugen sie die Leiche einer jungen Frau heraus.
    »Sie lag unter dem Bett«, erklärte ein Bursche mit abgewandtem Kopf. Gawain nahm seine Schwester auf die Arme, legte sie behutsam auf den Boden und beugte sich über sie.
    Jamies Hände umklammerten die Zügel noch fester. »Wenigstens ist sie nicht verbrannt, Gawain«, versuchte er den Freund mit leiser Stimme zu trösten, denn einen anderen Trost gab es nicht. »Sie hat nicht allzu sehr gelitten.«
    Black Gawain blickte nicht auf. »Nein - aber sie ist tot«, stieß er schluchzend hervor. »O Gott, sie hätte niemals hierherkommen dürfen! Ich habe ihr doch gesagt, dass sie den Bastard nicht heiraten soll!«
    Jamie konnte nichts sagen und nichts tun - bis auf eines: Er würde die Verbrecher, die dieses Leid verursacht hatten, zur Rechenschaft ziehen.
    Er ritt weiter mit den zwölf Männern, die er vom Schloss Kinnion mitgebracht hatte. Sie sahen, was auf dem ersten Pachthof geschehen war. Der dritte war unbeschädigt, aber zwei Männer hatten den Tod gefunden - Ian und sein jüngster Sohn. Viele Tiere lagen geschlachtet am Boden, auch zwei schöne Pferde, die Jamie dem alten Ian geschenkt hatte.
    Er spürte, wie sein Zorn eine schmerzende offene Wunde wurde. Dies war kein gewöhnlicher Überfall gewesen, sondern ein unverzeihliches Gemetzel. Wer konnte ein so schreckliches Unheil angerichtet haben? Immerhin, einige hatten es überlebt. Man würde ihm die Männer beschreiben und zumindest einige Anhaltspunkte geben.
    Jamie hätte unzählige Namen in Erwägung ziehen können, doch auf den Namen, der ihm genannt wurde, wäre er zu allerletzt gekommen.
    »Fergusson - der Clan Fergusson«, sagte Hugh bitter. »Ich irre mich ganz sicher nicht. Da war fast ein Dutzend von diesen verfluchten Tiefländern.«
    »Hast du den alten Dugald gesehen?« fragte Jamie mit gepreßter Stimme.
    Hugh schüttelte den Kopf, blieb jedoch bei seiner Behauptung. »Die Kriegsschreie des Clans waren klar zu hören und die Farben ihrer Tartans deutlich zu sehen. Ich habe die Fergussons oft genug bekämpft, um ihre Farben ebenso gut zu kennen wie meine eigenen.«
    »Aber seit zwei Jahren nicht mehr, Hugh.«
    »Das waren zwei vergeudete Jahre!« rief Hugh erbost. »In diesen zwei Jahren hätte ich die Fergussons ausrotten können, dann müßte ich jetzt nicht um meinen Vater und meinen Bruder trauern!«
    »Das ergibt keinen Sinn, Mann!« entgegnete Jamie bedachtsam. »Die Tartans der Fergusson lassen sich leicht mit anderen verwechseln, auch mit deinen. Ich brauche mehr Beweise als einen Kriegsruf, den jeder nachahmen könnte, und Farben, die ihr im Dunkeln gesehen habt.«
    »Ihr habt Eure Zweifel, Sir Jamie, und das nimmt Euch niemand übel«, meldete sich einer der Pächter, die Ians Enkel gewarnt hatte, zu Wort. »Plötzlich ertönte dieser Kriegsschrei, den ich nach zwei friedlichen Jahren nie mehr zu hören erwartet hatte. Doch er war unmißverständlich. Und dann flohen die Feiglinge und ritten am Ufer des Bachs hinab.«
    »Ich war oben am Bach und sah den Schaden«, berichtete ein anderer Mann. »Und nun wollen wir wissen, was Ihr zu unternehmen gedenkt, Sir Jamie.«
    Diese Herausforderung erschreckte Jamie. Die meisten Anwesenden befanden sich im vorgeschrittenen Alter. Als wäre es nicht schon schlimm
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