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Zigeunerprinz

Titel: Zigeunerprinz
Autoren: Jennifer Blake
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irgendeine Entschuldigung für das zu finden, was Sie taten. Sie erschienen mir wie eine unschuldige Verführerin und waren dadurch nur um so erfolgreicher.«
    »Sie konnten mir mit Leichtigkeit widerstehen«, erwiderte sie mit Schärfe.
    »Leicht? Wie kommen Sie darauf? Ein Mönch, den das Zölibat in den Wahnsinn getrieben hat, hätte sich keinen quälenderen Hades ausmalen können. Sie sind das Patenkind meiner Mutter; wie konnte ich Sie entehren? Aber wie sollte ich darauf verzichten, wo es der beste Weg schien, Ihnen nahe genug zu kommen, um herauszufinden, was de Landes im Schilde führte. Ich hätte meine Pflicht scheinbar am besten erfüllen können, indem ich aufhörte, Ihnen zu widerstehen.«
    »Pflicht?« rief sie voller Abscheu aus.
    »Aber am Ende war es nicht die Pflicht, die mich kapitulieren ließ.« Er wartete, kniff die Augen zusammen und sah ihr ins Gesicht.
    »Was war es dann? Sie können mir nicht weismachen, es sei unkontrollierbare Leidenschaft gewesen, denn ich erinnere mich gut an all die Vorbereitungen für die Verführung, an die Veilchen und Diamanten - alles außer Zigeunerviolinen !«
    Er lächelte zufrieden. »Oh, ich hätte auch die geholt, wenn ich daran gedacht hätte. Und auch Verlangen war im Spiel, weißglühende, verzehrende Besessenheit. Aber die endgültige Verführung war ein Akt vollkommener Täuschung, eine unentrinnbare Falle.«
    Daß er so leichthin darüber sprechen konnte, verlieh ihr den Mut, es ebenso zu tun. »Falle? Sie meinen, es war der benötigte Beweis, daß ich de Landes' Komplizin war?«
    »Aber nein, denn inzwischen waren Sie schon, gewollt oder ungewollt, mein geworden. Ich verstand Sie, auf uner-gründliche Weise, aufgrund eines Instinktes, den ich nicht analysieren konnte. Dank meiner anderen Quellen war ich überzeugt, ich würde an Ihren Reaktionen merken, wann und wo de Landes mich ausnützen wollte. Ich handelte viel hinterhältiger. Ich sorgte dafür, daß Ihre Anwesenheit in meinem Hause bekannt wurde - ich nahm Sie sogar mit zu einigen öffentlichen Anlässen, damit Sie keinesfalls übersehen wurden. Diesen Kurs schlug ich ein, weil abzusehen war, daß die Maskerade ein Ende haben würde, und wenn die Masken fallen, wenn Sie sich als Patenkind meiner Mutter entpuppen würden, dann wäre ich natürlich verpflichtet, mich wie ein Ehrenmann zu verhalten. Je enger wir zusammenlebten, desto unausweichlicher wurde das.«
    Er verstand es, mit Worten in all ihren verschiedenen Schattierungen zu spielen, und er vermochte seine Mitmenschen hervorragend zu manipulieren, um das gewünschte Ergebnis zu erreichen. Sie durfte das nicht vergessen. Keinesfalls.
    »Sie sagen, Sie hatten den Wunsch, mich zu heiraten?«
    »Um Sie für alle Zeit an mich zu binden.«
    »Aber Sie haben es nicht getan.«
    »Mein Vater in seiner unergründlichen Weisheit und schrecklichen Grobheit wies mich auf den unfairen Vorteil hin, den ich mir verschafft hatte. Er hatte recht.«
    »Und all das Gerede über Anstand und Moral war -«
    »Bloßes Getöse. Aber er ist großartig, nicht wahr?«
    Wie sein Sohn. Wenn sie bloß glauben könnte, was er ihr mit solcher Freude offenbarte. Nein, es war zu unwahrscheinlich, um wahr zu sein. Er war kein gewöhnlicher Prinz, für den allgemeine Moralvorstellungen galten; er hatte seine eigenen Regeln aufgestellt, die nur wenig mit den Konventionen gemein hatten. Und doch gab es einige Regeln, die er nicht übertreten konnte, die mit seiner Familie, seinem Land, seiner Pflicht zu tun hatten. An diese Konventionen war er fester gebunden als die meisten Menschen, eben weil er hoch über der Masse stand und für alle Vorbild war. Er hätte niemals in vollem Bewußtsein die ungeschriebenen Grenzen des Anstands überschritten. Es war eine Lüge. Eine ehrenwerte zwar, aber dennoch eine Lüge. Sie blickte auf ihre Hände nieder, die sie im Schoß gefaltet hatte, um die aufsteigenden Tränen zu verbergen.
    Als sie nicht antwortete, fuhr er fort, obwohl ihm schwer ums Herz war: »Ich hatte die besten Absichten. Ich wollte mich zurückziehen und Ihnen mehr Bewegungsfreiheit geben. Es war mir nicht immer möglich, mich daran zu halten. Die politische Lage erforderte meine Aufmerksamkeit. Und jedesmal, wenn ich Sie aus den Augen ließ, haben Sie sich kopfüber in die Gefahr gestürzt.« Er hob eine Hand, um sich die Augen zu reiben. »Mein Gott, als Sie mit einem Degen in der Hand vor der Menge standen: Ich wäre fast geplatzt vor Stolz und zugleich fast verdorrt
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