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Zielstern Beteigeuze

Zielstern Beteigeuze

Titel: Zielstern Beteigeuze
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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dieses abstrakte Gefühl für die Anfüllung und Expansion des Raumes und Bewegungen in ihm. Ja, das war’s.“
    „Was meint ihr“, sagte Hirosh, „ob die Geusen sich auch ärgern können?“
    Die andern hatten sich nun schon abgewöhnt, über so seltsame Vergleiche und Fragen zu lachen, wenn sie von Hirosh kamen. In diesem Fall aber begriffen fast alle sehr schnell, was dahintersteckte - zuerst Dela, die schon indirekt darauf hingewiesen hatte. Wenn nämlich die Geusen Ärger - oder allgemeiner: negative Emotionen - kannten, dann konnten sie sie sicherlich auch übertragen, und damit war die Möglichkeit von Ja-Nein-Antworten gegeben - ja gleich positive Emotion, nein gleich negative Emotion. Es konnte freilich niemand sagen, ob jede denkbare Zivilisation über solche Wege der Erwiderung verfügte, aber da die der Geusen offenbar auch aus organischem Leben herausgewachsen war, mußten sie den biologisch lebenswichtigen Widerspruch von positiven und negativen Emotionen geerbt haben.
    Und hatten sie nicht auch auf negative Emotionen der Menschen reagiert?
    Also Fragen, die Ja-Nein-Antworten zuließen. Und diese Fragen mit dem Gefühl formuliert, vielleicht unter Zuhilfenahme von Vorstellungen...
    Plötzlich kamen die Ideen bündelweise, es war, als sei ein vorher verschlossenes Fach geöffnet worden. Und es dauerte nicht lange, bis so etwas wie ein Programm für Hirosh zusammengestellt war.
    Doch da kam wieder die Frage von Woleg: „Es gibt ja nun leider keine Möglichkeit mehr, wozu also das alles?“
    „Doch, die Möglichkeit gibt’s“, sagte Hirosh ruhig. „Ich verlasse das Raumschiff im Schutzanzug, ihr katapultiert mich mit einem Antriebsfeld auf die richtige Parkbahn, umfliegt den Sektor und sammelt mich auf der anderen Seite wieder auf. Ich bin nämlich klein genug, daß der Abstand noch reicht.“ Stille.
    „Aber...“, sagte Woleg.
    „Aber?“
    „Aber die Gefahren...“
    „Was für Gefahren?“
    „Strahlung.... Meteoriten...“
    Jedermann wußte, daß die Strahlung minimal war und es Meteoriten nicht gab. Hirosh schloß die Debatte und bat den Ältestenrat zu bleiben.
    „Ich bitte, die folgende Anordnung zu bestätigen“, sagte er. „Von dem Augenblick an, in dem ich das Raumschiff verlasse, übernimmt Atacama wieder die Aufgabe des Chefs der Expedition.“
    Das letzte Gefühl, das Hirosh erfüllte, bevor er in den Kontakt eintrat, war die Verwunderung darüber, daß er keine Angst empfand. Er war sich der Risiken besser bewußt, als er in der Diskussion zugegeben hatte. Sie bestanden nicht nur in den Gegebenheiten der Parkbahn. Er mußte auch damit rechnen, daß ihn der Kontakt weitaus stärker traf als die anderen, die bisher in der Fähre gesessen hatten, deren Wände vermutlich eine gewisse Abschirmung ausübten.
    Aber vielleicht hatte er keine Angst, weil ihm bewußt geworden war, daß dieser Kontakt für viele Jahrtausende der einzige bleiben würde, daß er nicht nur für die Menschen, sondern auch für die Geusen zufällig gekommen war, ihnen zugefallen war infolge eines zeitlichen Zusammentreffens ihrer beider Entwicklungsgeschichten, so daß also seine Entscheidung, sein Risiko der Gegenwart und Zukunft zweier Zivilisationen diente...
    Dann empfand er so heftig, daß es einen nicht lokalisierbaren Schmerz im ganzen Körper auslöste, den Gefühlskontakt. Aber gleich darauf sank die Intensität so weit, daß es angenehm wurde. Offenbar hatten die Geusen die Möglichkeit, ohne Zeitverlust zu reagieren. Wie immer das physikalisch realisierbar wurde - für das geplante Frage-und-Antwort-Spiel erfüllte es eine Voraussetzung.
    Er fühlte all das, was die andern auch berichtet hatten, nur viel intensiver und deutlicher, genauer, als er es sich vorgestellt hatte. Immer blieb ihm dabei gegenwärtig, was er sich vorgenommen hatte, das vollständige Programm, das sie gemeinsam ausgearbeitet hatten.
    Und dann, in dem Augenblick, als er wie die anderen vor sich das Bild der Galaxis sah, warf er alles über den Haufen. Im selben Augenblick, als er das Bild in seiner Vorstellung sah, begriff er nämlich mit einer Sicherheit, für die es überhaupt keine Gründe gab, daß dieses Bild eine Frage war, die die Geusen an die Menschen richteten. Auch diese - letzte - Umkehrung erwies sich als richtig: Hirosh war zwar kein Astronom, aber soviel wußte er als alter Kosmonaut selbstverständlich auch vom Sternhimmel, daß er mit JaNein-Reaktionen, die er seinerseits an die Geusen richtete, das Bild
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