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Zielstern Beteigeuze

Zielstern Beteigeuze

Titel: Zielstern Beteigeuze
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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Operationen. Die Art von Nachdenken aber, um die ich Sie alle bitten muß, besteht in der Verminderung der Logik zugunsten der Analogie, der Analyse zugunsten der Synthese, der Einzelheiten zugunsten der Ganzheit. Sie hat ein wenig mit Fühlen zu tun, ohne aber Gefühl zu sein, und ein wenig mit Kunst, ohne ganz und gar Kunst zu sein.
    Wir beginnen damit, daß Kiliman uns eine Zusammenfassung der wichtigsten Erkenntnisse über die Geusen und ihre Geschichte gibt, damit wir uns ein Bild machen - ich sage absichtlich: ein Bild machen, auch wenn es notwendigerweise sehr abstrakt ausfallen wird. Bitte.“
    „Ich versuche“, sagte Kiliman, „ein geschlossenes Bild zu zeichnen, das sich auf unsere Beobachtungen und Erlebnisse stützt, aber nicht in dem Sinne, daß sie einzeln und nacheinander von allen Seiten her betrachtet und völlig ausgeschlachtet werden, sondern mehr in dem Sinne, daß sie sich stimmig in das Gesamtbild einfügen. Dabei ist es möglich, daß einzelne Partien dieses Gesamtbildes mehr aus unseren Welt- und Gesellschaftsvorstellungen abstrahiert sind als aus den konkreten Erlebnissen. Da dieses Bild jedoch der Vorbereitung des letzten Kontakts dienen soll, ist das angemessen und entspricht der Methode des Kontakts.
    Also: Die Geusen - die ursprünglichen Bewohner des hiesigen Planeten - haben vor neuntausend irdischen Jahren einen Prozeß eingeleitet, der vor rund sechshundert Jahren mit dem Transport der letzten von ihnen zum Zentrum der Galaxis abgeschlossen worden ist. Sie transportierten zu diesem Zweck ihr Sonnensystem in die Nähe des Beteigeuze, um dessen gewaltige Energievorräte für den Sprung zum Zentrum zu nutzen. Dann fingen sie an, ihren Körper zu verändern, und zwar so sehr, daß sie hier in ihrer ursprünglichen Umgebung nur noch unter starken Einschränkungen leben konnten. Das Ausmaß dieser physischen Änderungen muß so groß gewesen sein, daß das Größenwachstum wirklich nur eine unwichtige Begleiterscheinung war, der sie aber durch Herabsetzung der Gravitation Rechnung zu tragen hatten. Diese Feststellung, die sich aus unseren Erlebnissen in der erhaltenen Stadt ergeben, ist für das Gesamtbild sehr wichtig, weil sie das Ausmaß der Anstrengungen und Aufwendungen spürbar macht, die die Geusen unternommen haben. Selbst wenn wir berücksichtigen, daß sie schon zu Anfang dieses Prozesses bedeutend weiter gewesen sind als wir Menschen heute, selbst dann wird nämlich daraus klar, daß die Beweggründe für diese Unternehmung keineswegs Flucht oder Korrektur der Lebensbedingungen war. Was also dann?
    An dieser Stelle kann ich Sie mit einem Arbeitsergebnis überraschen, zu dem Atacama und Delawara vor wenigen Stunden gekommen sind. Das von den Geusen stammende Bild der Galaxis, dessen Richtigkeit wir einmal voraussetzen wollen, hat es den beiden Frauen als ersten Menschen ermöglicht, genauere Berechnungen über die Mechanik der Milchstraße anzustellen. Diese Berechnungen haben ergeben, daß nach unserer Kenntnis der Gesetze unsere Galaxis nicht stabil sein kann. Sie ist es trotzdem. Folglich stimmt entweder unsere Kenntnis der Gesetze nicht, was gewiß sein kann, oder aber die Entwicklung der Galaxis wird vom Zentrum aus bewußt gesteuert. Es kann auch beides zutreffen. Da aber die Wanderung der Geusen zum Zentrum einen überragenden Sinn haben muß, ist die Annahme berechtigt, daß sie dort die Aufgabe übernahmen, die Entwicklung der Galaxis zu steuern, und zwar so, daß sie sich als Lebensquelle für Gesellschaften ständig reproduziert. Die Philosophen haben gelehrt: In der Gesellschaft wird die Natur sich ihrer selbst bewußt. Wir können nun diesen Gedanken weiterführen: In der Gesellschaft schafft die Natur sich ihr Werkzeug, mit dem sie ihre Kreisläufe zu Spiralen, zu Aufwärtsentwicklungen, aufbiegt. Und von Seiten der Gesellschaft stellt sich die Sache so dar, daß der bekannte Satz, nach dem jede Produktion zugleich Reproduktion der Gesellschaft und ihrer Lebensverhältnisse ist, auf das ungeheure Ausmaß der Galaxis ausgedehnt wird. Und wer kann wissen, ob das schon das Ende darstellt?“
    „Findet das Bild Ihre Zustimmung?“ fragte Hirosh. Er hätte eigentlich nicht zu fragen brauchen, denn es hatte leise, aber unverkennbare Zustimmungsbekundungen gegeben.
    Trotzdem meldete sich Elber. „Es ist mir zuwenig, wenn nur davon gesprochen wird, daß die Geusen schließlich hier unter starken Einschränkungen lebten. Aus den Kontakten wissen wir, daß ihr Fühlen
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