Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ziel erfasst

Ziel erfasst

Titel: Ziel erfasst
Autoren: Tom Clancy
Vom Netzwerk:
Brustgurt. Sein Gewehr, dessen Lauf durch das Dreißig-Schuss-Dauerfeuer glühend heiß geworden war, dampfte in der kühlen Morgenluft.
    Als er das Magazin einführte und seine Kalaschnikow durchlud, verlor er zum dritten Mal das Gleichgewicht. Er fiel auf die Knie, und dabei glitt ihm seine Waffe fast aus den behandschuhten Händen. Er konnte sie gerade noch au ff angen und kam dann wieder auf die Beine. Am Ende der Lagerschuppen hielt er schließlich an und schaute um die Ecke. Es war niemand zu sehen. Hinter ihm war weiterhin automatisches Gewehrfeuer zu hören, und das Donnern der Explosionen hallte von den Talwänden wider, wobei ihm jede Salve mehrmals hintereinander in die Ohren drang, weil die Schallwellen durch das Dorf wanderten.
    Das Funkgerät am Schulterriemen seines Brustgurts quäkte. Seine über das Gebiet verstreuten Männer nahmen zueinander Kontakt auf. Er achtete nicht darauf und rannte weiter.
    Etwas weiter den Abhang hinunter flüchtete er sich in ein brennendes Ziegelhaus. Eine russische Rakete war durch das Dach geschlagen und hatte die Einrichtung in Brand gesetzt. Irgendwo hier mussten auch Leichen liegen, aber er hatte keine Zeit, sich näher umzusehen. Er lief zu einem offenen Rückfenster hinüber und sprang hinaus ins Freie. Dabei blieb er mit dem Fuß am Fensterrahmen hängen und fiel kopfüber hinaus. Mit Mühe rappelte er sich auf. Durch das Adrenalin, das durch seinen Körper gepumpt wurde, bekam er nicht einmal richtig mit, dass er in den vergangenen dreißig Sekunden viermal gestürzt war.
    Bis es ihn erneut erwischte.
    Hundert Meter von der steinernen Scheune entfernt, knickte mitten auf einem unbefestigten Durchgangsweg auf gerader Strecke sein rechtes Bein weg. Israpil stürzte zu Boden, vollführte eine vollständige Rolle vorwärts und landete schließlich auf dem Rücken. Es kam ihm überhaupt nicht in den Sinn, dass ihn die Russen von der Scheune her angeschossen haben könnten. Er spürte keinen Schmerz. Als er jedoch wieder auf die Beine zu kommen versuchte, geriet er mit der Hand an den Oberschenkel, der sich glitschig anfühlte. Als er nachschaute, bemerkte er, dass Blut aus einem gezackten Loch im abgetragenen Baumwollstoff herausfloss. Jetzt nahm er sich die Zeit, sich das Ganze genauer anzusehen. Das dunkle Blut glänzte im Licht eines etwas weiter unten stehenden, lichterloh brennenden Pick-ups. Im Schenkel direkt über dem Knie klaffte eine Wunde. Inzwischen war seine Tarnhose bis hinunter zum Stiefel blutgetränkt.
    Irgendwie schaffte er es trotzdem wieder auf die Beine. Als er einen Schritt nach vorn machen wollte, wobei er sein Gewehr als Krücke benutzte, stand er plötzlich im hellsten, heißesten weißen Licht, das er je erlebt hatte. Der Strahl kam direkt vom Himmel. Es war der Scheinwerfer eines zweihundert Meter vor ihm schwebenden Schwarzen Hais.
    Israpil Nabijew wusste, dieses Licht bedeutete, dass die Ka-50 gleichzeitig auch eine 30-mm-Kanone auf ihn gerichtet hatte. In ein paar Sekunden würde er also zum Schahid, zum Märtyrer, werden.
    Es erfüllte ihn mit Stolz.
    Er atmete tief durch und wollte gerade sein Gewehr auf den großen Schwarzen Hai richten, als ihm jemand den Schaft einer AK-105 an den Hinterkopf schlug und alles in Israpil Nabijews Welt schwarz wurde.
    Das Erwachen war schmerzhaft. Ihm tat der Kopf entsetzlich weh. Tief in seinem Hirn fühlte er einen dumpfen Schmerz, während sich die Oberfläche seiner Kopfhaut anfühlte, als versetzte ihr jemand tausend kleine Stiche. Auf seinem rechten Schenkel hatte man einen Druckverband angebracht, der den Blutfluss aus seiner Wunde stoppte. Seine Arme waren nach hinten verdreht, und seine Schultern fühlten sich an, als ob sie sich jeden Moment ausrenken würden. Seine Handgelenke hatte man mit kalten eisernen Handschellen aneinandergekettet. Schreiende Männer stießen ihn herum, als man ihn auf die Füße zog und gegen eine Steinmauer presste.
    Eine Taschenlampe leuchtete ihm ins Gesicht. Er zuckte vor dem hellen Lichtschein zurück.
    »Sie sehen alle gleich aus«, meldete sich eine russische Stimme hinter dem Licht. »Stellt sie alle in eine Reihe.«
    Israpil merkte, dass er sich immer noch in dem Dorf auf der Höhe befand. In der Ferne hörte er weiterhin sporadisches Schießen. Die Russen räumten wohl endgültig auf.
    Vier weitere Überlebende der Jamaat Shariat mussten sich jetzt an der Wand neben ihm aufstellen. Israpil Nabijew wusste ganz genau, was die Russen hier taten. Diese
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher