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Zero Day

Zero Day

Titel: Zero Day
Autoren: David Baldacci
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irgendwas?«
    Sein Bruder versuchte zu grinsen, konnte seine innere Unruhe aber nicht verbergen. »Wieso spüre ich hinter dieser Frage eine gewisse Endgültigkeit?«
    »Es ist eine einfache Frage.«
    »Es geht mir gut«, lautete Roberts matte Antwort. Er machte den Eindruck, als wäre in diesem Moment all seine Kraft verpufft.
    Puller musterte seinen Bruder. Als Jungs, altersmäßig zwei Lebensjahre auseinander, waren sie unzertrennlich gewesen, ebenso später, während sie als junge Männer die Uniform der Heimat trugen. Jetzt fühlte er zwischen ihnen eine Mauer, die viel höher aufragte als die Mauern, die das Gefängnis umgaben. Und er konnte nichts dagegen tun. Vor sich sah er seinen Bruder. Gleichzeitig war sein Bruder eigentlich nicht mehr da. An dessen Stelle war diese Person im orangefarbenen Overall getreten, die den Rest ihres biologischen Lebens in diesem Gebäude verbringen musste. Vielleicht blieb er sogar in alle Ewigkeit. Puller traute es dem Militär zu, sich auch darüber längst Gedanken gemacht zu haben.
    »Kürzlich ist hier ein Knastbruder umgebracht worden«, sagte Robert.
    Puller hatte davon gehört. »Ja, ein Kalfaktor. Schädelfraktur durch Baseballschläger auf dem Sportplatz.«
    »Du hast dich informiert?«
    »Ja. Hast du ihn gekannt?«
    Robert schüttelte den Kopf. »Ich bin Dreiundzwanziger. Mir bleibt wenig Zeit, Bekanntschaften zu schließen.«
    Dreiundzwanziger bedeutete, dreiundzwanzig Stunden des Tages allein eingeschlossen zu sein und eine Stunde lang an einer abgesonderten Örtlichkeit Bewegung haben zu dürfen.
    Davon wusste Puller nichts. »Seit wann?«
    Robert schmunzelte. »Du hast dich nicht informiert?«
    »Seit wann?«
    »Seit ich einem Vollzugsbeamten eine geknallt habe.«
    »Warum?«
    »Weil er etwas gesagt hat, das mir nicht gefiel.«
    »Und was?«
    »Das brauchst du nicht zu wissen.«
    »Weshalb nicht?«
    »Glaub’s mir. Dir zufolge bin ich ja der klügere Bruder. Es war nicht so schlimm, dass man mir noch mehr Jahre hätte aufbrummen können.«
    »Hing es mit Vater zusammen?«
    »Am besten, du machst dich jetzt auf die Socken. Ich möchte nicht, dass du deinen Flieger verpasst.«
    »Ich habe Zeit. Ging es um Vater?«
    »Hier findet keine Vernehmung statt, Brüderchen. Du kannst mich nicht ausquetschen. Mein Militärgerichtsverfahren ist schon länger her.«
    Puller senkte den Blick auf die Fußschellen, die sein Bruder tragen musste. »Verpflegen sie dich durch die Futterklappe?«
    In der USDB -Vollzugsanstalt gab es keine Gitter, ausschließlich massive Türen. In Einzelhaft sitzende Sträflinge erhielten das Essen dreimal täglich durch eine Klappe in der Tür. Eine zweite Klappe in Bodenhöhe ermöglichte das Anlegen der Fußschellen, bevor man die Tür öffnete.
    Robert nickte. »Ich habe wohl noch Glück gehabt, dass ich nicht zum Querulanten abgestempelt wurde. Sonst säße ich jetzt nicht hier.«
    »Sie haben dir Besuchsverbot angedroht?«
    »Es wird viel geredet.«
    Eine Zeit lang saßen die beiden Männer stumm da.
    »Es ist besser, du gehst jetzt«, sagte Robert schließlich. »Ich will noch ein paar Dinge erledigen. Ich habe reichlich Beschäftigung.«
    »Ich komme wieder.«
    »Dafür gibt es keinen Grund. Wahrscheinlich hast du eher einen Grund, darauf zu verzichten.«
    »Ich richte Vater deine Grüße aus.«
    Sie standen auf und schüttelten sich die Hand. Robert klopfte seinem Bruder auf die Schulter. »Vermisst du den Nahen Osten?«
    »Nein. Ich wüsste niemanden, der dort gedient hat und ihn vermisst.«
    »Ich bin froh, dass du heil nach Hause gekommen bist.«
    »Viele von uns haben das nicht geschafft.«
    »Bearbeitest du gerade interessante Fälle?«
    »Eigentlich nicht.«
    »Pass auf dich auf.«
    »Klar.« Puller wusste, wie hohl die Floskeln waren, noch ehe er sie aussprach. »Und du auf dich.«
    Er wandte sich zum Gehen. Sofort kam der Militärpolizist, um Robert abzuführen.
    »He, John …«
    Puller drehte sich um. Der MP hatte eine Pranke fest um Roberts linken Oberarm gelegt. Am liebsten hätte Puller die Hand weggerissen und den MP durch die Wand gerammt. »Ja?« Er erwiderte Roberts Blick.
    »Nichts, Mann. Nichts weiter. Es war schön, dich wiederzusehen.«
    Puller passierte den MP am Scannerportal, der bei seinem erneuten Erscheinen Haltung annahm, und eilte die Treppe hinunter, wobei er jedes Mal zwei Stufen nahm. Als er den Mietwagen erreichte, summte das Handy. Er warf einen Blick auf das Display. Die Rufnummer gehörte dem 701.
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