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Zeitsplitter - Die Jägerin: Roman (German Edition)

Zeitsplitter - Die Jägerin: Roman (German Edition)

Titel: Zeitsplitter - Die Jägerin: Roman (German Edition)
Autoren: Cristin Terrill
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zerrt an Finns Händen und fügt ihm tiefe Kratzer zu, während sein Gesicht immer röter wird. Ich schluchze, kann mich aber nicht rühren, kann Finn weder helfen noch stoppen. Ich weiß, dass dies sein Geschenk an mich ist. Er wird seinen besten Freund umbringen, damit ich es nicht tun muss, um Marina das Leben zu retten.
    »Runter von ihm!«, schreit der Doktor hysterisch. »Runter!«
    Er ist abgelenkt, und ich erkenne die Gelegenheit. Ich stürze mich auf ihn in der Hoffnung, dass sein Schock groß genug ist, um mir die Waffe zurückzuholen.
    »Aufhören!«, schluchzt Marina.
    »James!«, brüllt der jüngere Finn, während er so heftig an seinen Fesseln reißt, dass er fast den Stuhl umwirft.
    Ich versuche, dem Doktor die Pistole zu entwinden, aber ich bin ihm nicht gewachsen. Ich kann einen ordentlichen Schlag platzieren, dann stößt er mich mit solcher Gewalt weg, dass ich nach hinten fliege. Mein Kopf knallt gegen einen Schrank, und ich lande benommen auf dem Boden. Mein Blick richtet sich fast automatisch dorthin, wo Finn mit James kämpft. James tritt und strampelt, aber Finn ist stärker. All die monatelangen Liegestütze in seiner Zelle – ich kann nicht glauben, dass das zu diesem Moment geführt hat. Der Raum besteht nur noch aus Lärm und Bewegung, Schreien und Kämpfen und Schmerzen.
    Und dann wird plötzlich alles still.
    Es ist eine Stille, die ich kenne. Eine von der Art, die eigentlich ein so lautes Geräusch ist, dass das Gehirn es zunächst nicht interpretieren kann.
    Der jüngere Finn, der noch immer an seinen Stuhl gefesselt ist, sackt zusammen, und auf seiner Brust erblüht ein Fleck wie eine stechend rote Blume.

A CHTUNDDREISSIG
    Em
    »Nein!«, schreie ich. Meine Verzweiflung fühlt sich wie das klaffende Loch in Finns Brust an. Ich kämpfe mich hoch, als könnte ich verhindern, was passiert, wenn ich nur zu ihm komme. Der junge Finn starrt ins Leere. Er holt keuchend Luft, blutige Blasen treten beim Ausatmen auf seine Lippen. Mir wird schlecht. Ich wende mich von diesem Anblick ab, um meinen Finn anzusehen.
    Er blickt voller Entsetzen und unvorstellbarer Qual auf sein jüngeres Ich und das Blut, mit dem das Hemd sich rasch vollsaugt. Er wendet langsam den Blick ab, um meinem zu begegnen. Ich werde diese dunkelblauen Augen nie wiedersehen. Seine Lippen bewegen sich, doch bevor er etwas sagen kann, atmet der Finn auf dem Stuhl ein letztes Mal langsam aus, und mein Finn schwindet dahin wie Morgendunst im Sonnenschein.
    »Finn …« Das Wort sickert aus mir heraus wie das Blut aus der Wunde des toten Jungen. Ich wusste immer, dass dies ein Himmelfahrtskommando für uns beide war, aber es hätte nicht so passieren dürfen, nicht vor meinen Augen. Der Schmerz ist unerträglich. Wusste er, wie sehr ich ihn geliebt habe? Wird irgendeine Version von mir ihn je wiedersehen?
    »Finn?«, sagt Marina ängstlich. Dann beginnt sie zu schreien »Finn!«
    Sie seinen Namen schreien zu hören, lässt mich zersplittern. Ich bemerke nicht, dass meine Knie unter mir nachgeben, aber im nächsten Moment liege ich wieder auf dem Boden und spüre die Arme des jungen James um mich. Mir geht auf, dass er mich aufgefangen haben muss. Seine Arme zittern.
    »Wie konntest du nur?« Seine Stimme ist fast tonlos, doch sie gewinnt an Kraft mit jedem Wort. »Du hast ihn ermordet ! Du bist ein Monster!«
    »Oh Gott«, schluchzt Marina.
    Der Doktor ist bleich, seine Kiefermuskeln heben sich starr unter der Haut ab, doch er versucht, ein ruhiges Gesicht zu machen. »Das hat keine Bedeutung. Er ist nur ein einziger Mensch.«
    »Es tut mir leid, Em«, sagt James zu mir. »Es tut mir so leid!«
    Es muss hier und jetzt enden. Die Schluchzer, die meinen Körper schütteln, verklingen, und die Welt um mich herum wird ganz leise und starr. Finn ist tot, und ich muss es ein für alle Mal beenden.
    Ich sehe zu James auf, meinem geliebten James. Alles andere im Raum – der Verrückte mit der Waffe, das weinende Mädchen, der tote, blutige Junge – weicht zurück. Es gibt nur noch mich und James.
    Gott, vergib mir, denke ich, während ich die Hand an sein schönes Gesicht lege. Ich liebe ihn so sehr, aber es ist nicht genug.
    »James«, sage ich, und ich bin endlich ruhig. »Du hast deinen Bruder umgebracht.«
    Sein Gesichtsausdruck ändert sich nicht, bleibt unbewegt, weil er nicht versteht. »Was?«
    »Halt’s Maul, du Miststück!«, brüllt der Doktor.
    »George Mischler war nicht der Killer«, sage ich. »Richter hat ihm das
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