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Zeitsplitter - Die Jägerin: Roman (German Edition)

Zeitsplitter - Die Jägerin: Roman (German Edition)

Titel: Zeitsplitter - Die Jägerin: Roman (German Edition)
Autoren: Cristin Terrill
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sehe auf meine Hände hinunter, um das seltsame Gefühl zu verstecken, das mich überkommt.
    »Na klar«, sage ich und zwinge mich zu einem Lachen. »Ich sehe wie die Frau irgendeines Senators aus, die versucht, ihre Freundinnen auszustechen. Ich sehe wie meine Mutter aus.«
    »Hey, deine Mutter ist eine sehr gut aussehende Frau.«
    »Bäh, ist das eklig!«
    Ich schubse ihn, und er lacht, und eine Weile reichen wir die Champagnerflasche zwischen uns hin und her. Ich habe James noch nie trinken sehen. Ich glaube sogar, dass er noch nie zuvor Alkohol getrunken hat. Aber in seinen Augen lauert ein Schatten, und er trinkt, als könnte der Champagner diese dunklen Gedanken an was auch immer verjagen. Ich spiele mit, obwohl ich nur winzige Schlucke nehme und manchmal die Flasche einfach nur an die geschlossenen Lippen presse. Bald ist sie fast leer, und James wirkt gelöst und frei. Er ist tief in die Sofakissen gesunken, lächelt breit und eine Hand streift mein Bein.
    »Weißt du, ich werde alles in Ordnung bringen«, sagt er.
    Ich habe keine Ahnung, wovon er redet, deshalb sage ich nur: »Ach ja?«
    »Mhm.« Er schließt die Augen. »Ich habe mit diesem Professor an der Johns Hopkins über meine Arbeit geredet, und er will mich betreuen.«
    Er beginnt zu nuscheln, und sein Atem ist langsamer geworden. Ich lehne mich zu ihm hinüber und tätschle ihm die Wange.
    »Nicht einschlafen, James!«, flüstere ich. »Sonst muss ich zurück auf die Party!«
    Er öffnet mühsam ein Auge. »Ich schlaf doch nicht.«
    »Doch, tust du.«
    »Nein, tu ich nicht.« Er setzt sich aufrechter hin. »Ich werde herausfinden, wie die Zeit funktioniert, und dann bringe ich alles in Ordnung.«
    »Alles?«
    »Alles. Ich verändere die Welt.« Der Schatten in seinen Augen kehrt zurück. »Ich sorge dafür, dass Mom und Dad nie in dieses Auto steigen.«
    Ich habe das Gefühl, als hätte mir jemand in den Bauch geboxt. Meine Augen wandern zu einer bestimmten Stelle an der Wand. Vor zwei Jahren hat James in blinder Wut eine Lampe gegen die Wand geschmissen, was einen tiefen Kratzer im Putz hinterlassen hat. Er ist nicht mehr da, schon lange überspachtelt und übermalt, ein leicht ausgelöschtes Zeugnis der Verzweiflung.
    »James«, flüstere ich.
    »Alles wird dann anders«, sagt er, schließt die Augen und legt seinen Kopf an meine Schulter. »Ich werde alles richtig machen. Ich werde alles besser machen.«
    Eine erste Handvoll Erde trifft den Sarg und bringt mich zurück in die Gegenwart. James wollte alles besser machen, aber jetzt wird er nie die Chance dazu haben.
    Ich fange an zu weinen, und Finn, der Idiot, nimmt meine Hand. Es sollte sich seltsam und unangenehm anfühlen, aber aus irgendeinem Grund tut es das nicht. Es fühlt sich sogar … gut an. Ich lehne mich an ihn, an seine Stärke und Wärme, und er drückt meine Finger.
    Ich habe plötzlich große Angst. Nicht vor der Explosion, die mein Fassungsvermögen übersteigt, sondern vor dem, was ich tun muss, wenn alles vorbei ist. Vor dem, für das wir all das hier auf uns nehmen.
    Du musst ihn töten.
    Entweder spürt Finn meine Angst, oder er hat selbst welche, denn er legt seine Hände an mein Gesicht, um meinen Blick auf sich zu lenken.
    »Es wird schon gut gehen«, sagt er. Seine Worte sind über dem Dröhnen kaum zu verstehen.
    Doch dann wird alles sehr still, wenigstens für mich. Irgendwie finde ich Ruhe in Finns dunkelblauen Augen. Gott, wie habe ich nur so lange in dieser Zelle überlebt, ohne in diese Augen sehen zu können?
    Mich trifft eine furchtbare Erkenntnis. Sie ist so offensichtlich, dass ich nicht glauben kann, dass ich bis jetzt nicht daran gedacht habe. Mein Herz bricht und verströmt weiß glühende Qual in meinen Körper.
    »Finn«, sage ich. »Wenn wir es schaffen, wenn wir alles verändern, verliebe ich mich nie in dich. Und du verliebst dich nie in mich.«
    »Sei dir da nicht so sicher«, sagt er, während er seine Stirn an meine drückt. »Ich glaube, ich war schon verliebt in dich, lange bevor all das hier angefangen hat.«
    Ich weiß nicht, ob ich lachen oder weinen will. »Wirklich?«
    »Wirklich.« Er küsst mich sanft auf die Lippen. »Es gibt immer Hoffnung für uns.«
    Ich erwidere den Druck von Finns Fingern, und mir fallen die Augen zu. Ich spüre so etwas wie den Hauch einer Berührung auf meinem Gesicht. Aus den Tiefen meines Verstandes, vielleicht aus einer vergrabenen Erinnerung, spricht eine Stimme zu mir, die sich sehr nach meiner eigenen anhört.
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