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Zeitschaft: Meisterwerke der SF (German Edition)

Zeitschaft: Meisterwerke der SF (German Edition)

Titel: Zeitschaft: Meisterwerke der SF (German Edition)
Autoren: Gregory Benford
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weit ausladenden Beinen sich mit ruckartigen Stößen vorwärts bewegten. An den Ufern blühte ein goldenes Tuch aus Butterblumen, die ersten Kätzchen sprossen aus den Weiden. Es war ein frischer Aprilmorgen, wie er ihn als Junge in Yorkshire immer so geliebt hatte; er hatte in der bleichen Morgensonne den aus den Mooren aufsteigenden Nebel beobachtet und den Hasen nachgeschaut, die er mit seinen Schritten aufscheuchte. Der Weg, dem er jetzt folgte, war mit den Jahren abgesunken, und sein Kopf war fast auf einer Höhe mit den Baumwurzeln auf beiden Seiten. Ihn erreichte ein Geruch feuchter Erde und regengetränkten Grases, vermischt mit dem beißenden Geruch von Kohlenrauch.
    Ausdruckslos blickten ein Mann und eine Frau ihn an, als er vorbeiradelte. Sie lehnten untätig gegen einen altersschwachen Holzzaun. Renfrew verzog das Gesicht. Monat für Monat trieb es mehr Squatter in die Gegend, weil sie Cambridge für eine reiche Stadt hielten. Weiter rechts standen die Überreste eines alten Bauernhauses. In der letzten Woche waren die gähnend leeren Fenster mit Zeitungspapier, Brettern und Lumpen gestopft worden. Es war nur erstaunlich, dass die Behausung nicht schon früher von Squattern aufgespürt worden war.
    Das letzte Stück durch die Vororte von Cambridge war das Schlimmste. Überall waren kreuz und quer verlassene Autos abgestellt, die die Straße zum Hindernisparcours machten. Es hatte einmal ein staatliches Programm gegeben, die Wracks dem Produktionskreislauf wieder zuzuführen, aber mehr als viel Gerede im Fernsehen hatte Renfrew nie davon gesehen. Er schlängelte sich zwischen den Autos hindurch, die dort wie augen- und gliederlose Käfer hockten, aller beweglichen Teile beraubt. In einigen Wagen wohnten Studenten. Schläfrige Gesichter wandten sich ihm zu.
    Vor dem Cavendish kettete er sein Fahrrad an dem Gestell fest. Ein Auto stand auf dem Platz, bemerkte er. Dieser Kerl Peterson würde doch wohl kaum so früh da sein? Es war noch nicht einmal halb neun. Er ging die Stufen hinauf und durchquerte die Eingangshalle.
    Der jetzige Komplex aus drei Gebäuden war für Renfrew eine anonyme Angelegenheit. Das ursprüngliche Cav, wo Rutherford den Atomkern entdeckt hatte, war ein altes Backsteingebäude im Zentrum von Cambridge, ein Museum. Nur zweihundert Meter von der Madingley Road entfernt, konnte man diesen Gebäudekomplex leicht für den Sitz einer Versicherung, eine Fabrik oder ein Bürohaus halten. Als es Anfang der Siebziger eröffnet worden war, war das »neue Cav« makellos gewesen: aufeinander abgestimmte Farbstrukturen, Teppiche in der Bibliothek und wohlbestückte Regale. Jetzt waren die Flure nur spärlich beleuchtet, und viele Laboratorien, bar jeder Ausstattung, gähnten vor Leere. Renfrew begab sich zu seinem Labor im Mott-Gebäude.
    »Guten Morgen, Dr. Renfrew.«
    »Oh, Morgen, Jason. Ist jemand da gewesen?«
    »Ja, George war da, um die Vorpumpen anzuwerfen, aber …«
    »Nein, nein, ein Besucher, meine ich. Ich erwarte jemanden aus London, Peterson heißt er.«
    »Oh, nein. So einer war nicht da. Möchten Sie denn, dass ich jetzt anfange?«
    »Ja, bitte. Was machen die Apparate?«
    »Läuft ganz gut. Das Vakuum baut sich auf. Wir sind jetzt bei zehn Minuten. Wir haben eine frische Füllung Flüssigstickstoff, die Elektronik ist überprüft. Sieht so aus, als gäbe einer der Verstärker bald den Geist auf. Wir nehmen noch ein paar Eichungen vor, und in etwa einer Stunde müsste die gesamte Anlage klar sein.«
    »Okay. Sehen Sie, Jason, dieser Peterson kommt vom Weltrat. Er erwägt höhere Zuschüsse. Wir werden ihm einen Durchgang vorführen und zeigen, was in den Geräten steckt. Versuchen Sie, einen tatkräftigen Eindruck zu machen, und putzen Sie alles ein bisschen heraus, bitte.«
    »In Ordnung. Ich setz alles in Gang.«
    Renfrew ging über den Steg in das eigentliche Labor hinunter und trat geschickt über die Drähte und Kabel. Der Raum bestand aus nacktem Beton und war mit altmodischen elektrischen Leitungen und deutlich neueren Kabeln ausgestattet, welche sich durch die Gänge zwischen den Geräten wanden. Renfrew begrüßte jeden Techniker einzeln, stellte Fragen über den Betrieb des Ionenbündlers und gab seine Anweisungen. Inzwischen kannte er seine Ausrüstung aus dem Effeff, mühselig hatte er die Teile beschafft und eigenhändig zusammengestellt. Der Flüssigstickstoff brodelte in seinem Dewargefäß. Einheiten unter Strom summten an Stellen, wo geringfügige
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