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Zeitschaft: Meisterwerke der SF (German Edition)

Zeitschaft: Meisterwerke der SF (German Edition)

Titel: Zeitschaft: Meisterwerke der SF (German Edition)
Autoren: Gregory Benford
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vertraute herablassende Gleichgültigkeit im Gesicht seines Sohnes vor – und war gerührt, wenn er dort stattdessen Bewunderung fand.
    »Ich bin derjenige, der sich entschuldigen sollte, Junge. Ich wollte dich nicht so anschreien. Wie deine Mutter schon gesagt hat, ich bin heute ein wenig nervös. So, und was wolltest du mir gerade zeigen, he?«
    »Weißt du, da ist der Aufsatzwettbewerb zu dem Thema«, begann Johnny scheu, »wie Schulkinder helfen können, die Umwelt zu säubern und Energie zu sparen und so. Ich wollte dir meinen Aufsatz zeigen, bevor ich ihn abgebe.«
    Renfrew biss sich auf die Lippe. »Heute habe ich keine Zeit, Johnny. Wann musst du ihn spätestens abgegeben haben? Ich werde versuchen, ihn heute Abend zu lesen, okay?«
    »Okay. Danke, Daddy. Ich lasse ihn hier. Ich weiß, dass deine Arbeit schrecklich wichtig ist. Der Englischlehrer hat das gesagt.«
    »So, hat er das? Was hat er denn gesagt?«
    »Nun, eigentlich …« Der Junge zögerte. »Er hat gesagt, die Wissenschaftler haben uns in den Schlamassel reingebracht, und sie sind die Einzigen, die uns jetzt da wieder rausholen können – wenn es überhaupt jemand kann.«
    »Das haben andere auch schon gesagt, Johnny. Eine Binsenweisheit.«
    »Binsenweisheit? Was ist eine Binsenweisheit, Daddy?«
    »Meine frühere Lehrerin hat genau das Gegenteil gesagt«, warf Nicky plötzlich ein. »Sie sagt, die Wissenschaftler haben schon genug angerichtet. Sie sagt, Gott sei der Einzige, der uns wieder rausholen kann, und wahrscheinlich wird er das nicht.«
    »Ach, du liebe Güte, noch so ein Untergangsprophet! Na ja, schätzungsweise immer noch besser als die Primmies und ihr Zurück-in-die-Steinzeit-Gewäsch. Außer, dass die Untergangspropheten uns ständig in den Ohren liegen und uns deprimieren.«
    »Miss Crenshaw sagt, die Primmies werden Gottes Urteil ebenso wenig entgehen, wie weit sie auch davonrennen mögen«, sagte Nicky bestimmt.
    »Marjorie, was ist in dieser Schule nur los? Ich will nicht, dass sie Nickys Kopf mit solchen Ideen voll stopft. Die Frau hört sich unausgeglichen an, unausgewogen. Sprich mal mit ihrer Direktorin über sie!«
    »Ich bezweifle, dass das etwas nutzen würde«, entgegnete Marjorie gleichmütig. »Heutzutage gibt es mehr ›Untergangspropheten‹, wie du sie nennst, als sonst wen.«
    »Miss Crenshaw meint, wir sollten alle nur beten«, fuhr Nicky störrisch fort. »Miss Crenshaw sagt, es ist ein Strafgericht . Und wahrscheinlich das Ende der Welt.«
    »Aber das ist doch Unsinn, Liebes«, sagte Marjorie. »Wo kämen wir denn hin, wenn wir alle nur rumsäßen und beteten? Man muss doch vorankommen. Was mich daran erinnert, dass ihr euch jetzt besser vorwärts bewegt, sonst kommt ihr zu spät zur Schule.«
    »Miss Crenshaw sagt: ›Seht die Lilien auf dem Felde‹«, murmelte Nicky im Hinausgehen vor sich hin.
    »Und ich bin keine verdammte Lilie«, sagte Renfrew. Er schob seinen Stuhl zurück und stand auf. »Da mache ich mich wohl besser an mein mühsames Tagwerk.«
    »Und ich bleibe zu Hause und spinne?« Marjorie lächelte. »Anders geht es wohl nicht. Hier ist dein Mittagessen. Diese Woche gibt es wieder kein Fleisch, aber ich habe auf der Farm ein bisschen Käse ergattert und ein paar frühe Karotten ausgezogen. Ich glaube, dieses Jahr könnten wir auch ein paar Kartoffeln haben. Das würde dir gefallen, oder?« Sie stand auf und gab ihm einen Kuss. »Ich hoffe, deine Besprechung verläuft erfolgreich.«
    »Danke, Schatz.« Wieder spürte er das beklemmende Gefühl. Er musste diese Geldmittel bekommen. Er hatte unermesslich viel Zeit und Denken in das Projekt gesteckt. Er musste die Geräte haben. Es musste versucht werden.
    Renfrew verließ das Haus und stieg auf sein Fahrrad. Er war bereits dabei, den Familienvater abzustreifen; seine Gedanken wanderten ihm voraus ins Laboratorium, zu den Anweisungen an die Techniker, zu dem bevorstehenden Gespräch mit Peterson.
    Radelnd ließ er Grantchester hinter sich und umfuhr Cambridge. Während der Nacht hatte es geregnet. Dicht über den gepflügten Feldern hing ein dünner Nebel, der das Licht weicher werden ließ. An den frisch ergrünten Blättern der Bäume klebten kleine Tropfen. Auf dem Teppich aus Glockenblumen, der die Lichtungen bedeckte, glitzerte es feucht. Die Straße verlief hier parallel zu einem Bach, der von Erlensträuchern und Nesselbüschen gesäumt wurde. Auf der Wasseroberfläche sah er winzige Wellen, die entstanden, wenn die Ruderwanzen auf ihren
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