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Zeitschaft: Meisterwerke der SF (German Edition)

Zeitschaft: Meisterwerke der SF (German Edition)

Titel: Zeitschaft: Meisterwerke der SF (German Edition)
Autoren: Gregory Benford
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Endes nicht auf mehr als eine Hypothese hoffen kann. Wir erhaschen nur einen kurzen Blick auf etwas, was niemand zuvor erblickt hat. Wir werden kein neues Gesetz aufstellen, kein in Stein gemeißeltes Prinzip. Wir werden nichts bekommen, was die Aura einer absoluten Wahrheit hat. Aber es wird ein Durchbruch sein. Und das wird genügen.
    Wissenschaftler, legt Benford dar, erzielen keine unumstößlichen Ergebnisse, trotz der in der Öffentlichkeit weit verbreiteten Illusion, Wissen, wenn es »wissenschaftlich« ist, stehe außer Frage. »Das ist wissenschaftlich bewiesen«, erzählen uns irgendwelche Marktschreier gern und meinen damit eine Qualität, die über jeden Zweifel erhaben ist. In Wahrheit beginnt die Suche nach Wissen mit dem Grundsatz, dass nichts heilig ist. Nicht einmal dieses Konzept selbst. Alles ist für neue Untersuchungen offen. Die »endgültige Wahrheit« bleibt der Religion und der Politik überlassen.
    Es gibt einige wenige ganz und gar unvergessliche Momente in der SF-Literatur. Da fällt einem etwa Ray Bradburys »Mars Is Heaven« 1 ein, wo die Besatzung eines Schiffs, das gerade auf dem Roten Planeten gelandet ist, eine Kleinstadt wie in Ohio sichtet, mit Palisadenzäunen und einer Kirche, und sie öffnen die Luke und hören ein Klavier »Schöner Träumer« spielen. Oder der jesuitische Astronaut in Arthur C. Clarkes »Der Stern«, der die unglückseligen Folgen jener Supernova entdeckt. Auch in »Zeitschaft« gibt es solch einen Moment. Eine einzige Passage, einen Augenblick der Bestätigung, der dem Leser für immer bleiben wird. Ich will ihn nicht verderben, indem ich ihn hier verrate – Sie werden ihn erkennen, wenn Sie ihn sehen.
     
    Bei Benford ergänzten sich seine Fähigkeit, uns zu zeigen, wie Wissenschaftler wirklich arbeiten, und eine seltene Begabung, das Wesen der Forschung in verständlichen Begriffen zu erklären. Denn in »Zeitschaft« steht die Forschung selbst im Mittelpunkt des Dramas, wir brauchen also die Erklärung. Tachyonen, deren Haupteigenschaft es ist, dass sie sich schneller als Licht bewegen, werden im Laufe des Romans verständlich. (Nun ja, fast verständlich. Während ich las, brachte mich Benford zu der Überzeugung, ich verstünde es, und das genügt. Ich konnte sogar sehen, warum sie unweigerlich durch die Zeit zurückprallen würden.)
    »Zeitschaft« bietet uns viel mehr als die übliche Dosis an Folgen einer herausragenden Entdeckung – wir bekommen auch die Bausteine geboten. Wir erfahren die persönlichen und beruflichen Belastungen, Enttäuschungen und Rivalitäten der Forscher und derjenigen, mit denen sich ihr Leben überschneidet. Wir sehen ihre Schwächen, ihren Ehrgeiz, als Erste mit einer Entdeckung auf den Markt zu kommen, ihren gelegentlichen Kleinmut, ihre Frauengeschichten. Einige von den interessanteren Passagen bestehen aus nichts als dem Besuch von Cocktailpartys und diversen Empfängen, wo die Helden herumstehen und über ihre Arbeit, ihre Ambitionen, ihre Politik reden. Wir sehen zu, wie sie debattieren – manchmal mit anderen, oft mit sich selbst -, ob sie eine Forschungsrichtung weiterverfolgen sollen, die bei der Obrigkeit auf Widerstand stößt, ob die benötigten Mittel zur Verfügung stehen werden, ob die Beweise ausreichen, um eine Schlussfolgerung zu rechtfertigen, von der Karrieren und letzten Endes Lebensläufe abhängen.
    Der wachsame Leser wird auch feststellen, dass er fasziniert Berühmtheiten beobachtet. Ein großer Teil der Handlung spielt in den frühen sechziger Jahren an der University of California in La Jolla. Benford bringt eine Anzahl wohlbekannter Wissenschaftler jener Zeit auf die Bühne. Zu denen, die einen solchen Auftritt haben, gehören Murray Gell-Mann und Freeman Dyson, wie übrigens auch der Autor selbst (um ihn zu identifizieren, braucht der Leser nur zu wissen, dass Gregory Benford und sein Zwillingsbruder James zu jener Zeit Doktoranden an der U. C. waren).
    Und es ist auch eine landesweit bekannte Persönlichkeit zugegen, deren Name verändert wurde, da er als eine der Hauptfiguren agiert.
     
    Seinen Ursprung nahm »Zeitschaft« als »The Tachyonic Antitelephone« in der Physical Review (1970, D2, S. 263). Der Beitrag erörterte Kausalitätsverletzungen, die sich ergäben, wenn Tachyonen tatsächlich existieren würden. Die Herausgeber zögerten anfangs, den Text anzunehmen. Ob sich Benford im Klaren sei, dass er die Tachyonen zusammen mit dem ptolemäischen Weltbild und dem Piltdown-Menschen 2
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