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Zeitriss: Thriller (German Edition)

Zeitriss: Thriller (German Edition)

Titel: Zeitriss: Thriller (German Edition)
Autoren: Christopher Ride
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auf den mittleren Eingang zuhielt, steckte er das Schwert in die Scheide und zog den Revolver aus dem Gürtel. Mit dem Fuß stieß er die Tür auf. Er trat aus dem prasselnden Regen in die Stille der Halle und stand fünfzehn Meter von Randall Chen entfernt. Ein wenig weiter weg sah er Kaiserin Cixi.
    Randall wirkte nicht überrascht, er schien den Besucher erwartet zu haben. Die Kaiserin dagegen war sichtlich erschrocken von seinem Eindringen und wich einen Schritt zurück.
    »Mein Weg hierher war nervenaufreibend und gefährlich«, sagte Wilson vor Nässe triefend und zielte auf Randalls Brust.
    »Wir haben uns lange nicht gesehen«, stellte Randall fest. Behutsam legte er den Stadtplan auf den großen roten Tisch und verschränkte die Arme, wobei er die Hände in die weiten Ärmel seines goldenen Gewands schob.
    »Wer ist der Mann?«, fragte Cixi herrisch.
    »Ich bin ein Freund«, antwortete Wilson auf Chinesisch. Dann sprach er wieder Englisch. »Randall, Sie haben die Zukunft verändert und für uns beide ein Problem erzeugt.«
    »Sie sehen noch genauso aus wie damals«, meinte Randall melancholisch.
    »Sie auch.«
    »Als ich hörte, dass dreihundertfünfzig zusätzliche Soldaten in Peking angekommen sind, dachte ich mir gleich, dass Sie dahinterstecken«, sagte Randall und nickte. »Und jetzt wird mir auch klar, dass Sie für die standhafte Verteidigung des Gesandtschaftsviertels verantwortlich sind. Ich will ehrlich sein: Es ist kein Tag vergangen, an dem ich nicht an Sie gedacht habe. Wenn sich irgendwo ein Schatten bewegte oder der Wind eine Tür zuschlug, habe ich immer erwartet, Sie dort stehen zu sehen.«
    Wilson ging nicht darauf ein. »Sie haben den Baum des Lebens nicht geschützt und damit unermessliches Elend über die Bevölkerung gebracht.«
    Randall zog ein saures Gesicht. »Ich bin Chinas Retter.«
    Er war bei dem prasselnden Regen schwer zu verstehen, und Wilson machte unwillkürlich einen Schritt auf ihn zu. Gleichzeitig ließ er den Blick durch die Halle schweifen, um sich zu vergewissern, dass sonst niemand da war.
    In der Mitte zwischen vier massiv goldenen Säulen, die sich zwanzig Meter in die Höhe reckten, sah er den funkelnden Drachenthron auf sieben zinnoberroten Stufen, dahinter einen Wandschirm mit Drachenschnitzereien. Der Sitz der Macht, der aussah wie eine goldene Truhe, hatte ein bequemes Kissen. Rechts und links befanden sich je zwei Sockel mit Bronzeelefanten darauf, die jeder eine Petroleumlampe auf dem Rücken trugen.
    Cixi stand zwischen drei Sofas und einem breiten, erhöhten Bett auf einem dicken, leuchtend blauen Seidenteppich mit Symbolen der Qing. Offenbar hatten sie und Randall ihr Wohnquartier in dem höchstrangigen Gebäude der Kaiserstadt aufgeschlagen. Am anderen Ende der Halle gab es drei riesige Spiegel, die rechtwinklig zueinander aufgestellt waren, und in einem Halbkreis zahllose rote Tische, auf denen Karten mit den Truppenbewegungen der chinesischen Streitkräfte ausgebreitet lagen.
    »Sie wurden als Aufseher hierhergeschickt«, erwiderte Wilson. »Nicht als Chinas Retter. Als Ratgeber, mehr nicht. Wir sind nur Beobachter der Ereignisse, und das wissen Sie! Sie haben den Baum des Lebens angezapft und das Land in den Krieg geführt. Beides muss aufhören, mein Freund.«
    Randall lachte leise. »Ich bin der Erste Boxer … der Meister … ein Führer meines Volkes und Mitherrscher der Kaiserin. Sehen Sie mich an, Wilson. Ich bin ein Imperator!«
    »Durch Ihr Handeln führen Sie China in den Untergang.«
    »Meine Boxer sind unverwundbar, die Säbel und Kugeln der fremden Teufel können ihnen nichts anhaben! Zusammen werden wir die Invasoren aus dem Land treiben, ein für alle Mal, und der Herrschaft der Qing neue Geltung verschaffen. Und wenn Sie nicht hier wären, wäre das wahrscheinlich schon gelungen.«
    »Ich habe Ihre Boxer zu Tausenden sterben sehen, Randall. Sie sind ganz bestimmt nicht unverwundbar. Wie können Sie dabeistehen und das geschehen lassen?«
    »Sie sterben, weil sie nicht genug an ihre Kräfte glauben.«
    »Sie sterben, weil sie nicht vom Saft des Lebensbaumes getrunken haben!«, widersprach Wilson aufgebracht.
    »Sie haben die gleichen Augen«, stellte Cixi in fehlerfreiem Englisch fest und kam fasziniert näher. »Ja … es ist genau die gleiche Farbe.«
    »Bleiben Sie da stehen!«, warnte Wilson.
    »Und Sie wissen vom Baum des Lebens, wie es scheint. Randall hat gesagt, dass nur er und ich das große Geheimnis kennen, niemand
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