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Zeitriss: Thriller (German Edition)

Zeitriss: Thriller (German Edition)

Titel: Zeitriss: Thriller (German Edition)
Autoren: Christopher Ride
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die Zeit so langsam, dass man fast allem zuvorkommen kann. Und man bleibt ewig jung.«
    »Unverwundbar auch?« Wilson hatte den Mund voll Blut.
    »Niemand ist unverwundbar«, antwortete Randall und gab Wilson einen Klaps auf die Wange wie einem unartigen Kind. »Ich werde es Ihnen verraten, denn ich bin jetzt der Meister, und Sie sind mein Schüler.«
    »Tötet ihn endlich und Schluss damit!«, forderte Cixi energisch und stieg gelassen die Stufen zum Thron hinauf.
    »Ich nehme einen Tropfen Saft pro Woche«, fuhr Randall fort, »und massiere ihn mir in die Handfläche. Eine Hautpartie, die so behandelt wird, kann von einer Kugel nicht durchdrungen werden.« Er schob dem bewegungsunfähigen Wilson eine verschwitzte Strähne aus der Stirn. »Damals drückte Li-Zhang den Finger in das Bohrloch, damit kein Saft heraustropfen konnte. Am selben Nachmittag wurde er enthauptet und seine Leiche verbrannt. Als man die Asche aufkehrte, fand man die Fingerspitze. Nicht einmal Feuer hatte ihr etwas anhaben können.«
    »Warum sind Sie nicht zurückgekommen?«, fragte Wilson.
    »Drehen Sie den Kopf! Sehen Sie sie an!« Randall zeigte zum Thron. »Die Antwort ist offensichtlich. Mein Auftrag war erfüllt, der Baum des Lebens geschützt, und es wurde Zeit, dass ich mein eigenes Leben lebte. Und ganz bestimmt wollte ich nicht enden wie Sie: desillusioniert, ziellos und unglücklich.«
    »Sie haben dem Lebensbaum eine fatale Menge Saft entzogen«, hielt Wilson ihm entgegen.
    »Es ist alles, wie es sein sollte«, widersprach Randall. »Der Baum steht da, um mir und den Qing zu dienen.« Er lachte leise. »Unglaublich, dass Sie nach so langer Zeit hierherkommen und mich überreden wollen, mit Ihnen zurückzureisen. Ich habe hier so viel Macht! Ich lebe schon vierzig Jahre länger als Sie und bin noch immer ein junger Mann. Überlegen Sie nur mal, welche Möglichkeiten das birgt.«
    »Eine Schande, dass es so endet«, flüsterte Wilson. »Ich habe Sie immer sehr geschätzt.«
    Blitze zuckten über den Himmel, und Randalls Gesichtsausdruck wurde milder. »Erinnern Sie sich noch an den Tag, als Sie mich in Ihrem schrecklichen Flugzeug mitgenommen haben?«, fragte er und schaute in den strömenden Regen hinaus. »Sie hatten eine heimliche Todessehnsucht, mein Freund. Und wenn man den Tod lang genug sucht, findet man ihn schließlich.« Er stemmte sich hoch, als lastete das Gewicht der Welt auf seinen Schultern, und blickte sinnend in die Ferne. »Sie haben mich immer gut beraten, Wilson. Dafür muss ich Ihnen danken.«
    »Aktiviere Nachtigall«, flüsterte Wilson kaum hörbar.
    »Ihr sollt ihn töten, habe ich gesagt!«, rief Cixi vom Thron herunter.
    Randall breitete die Arme aus und sah an die kunstvoll verzierte Decke, wo bei jedem Blitz Hunderte goldener Drachen aufleuchteten. »Sie haben recht, Wilson, es ist eine Schande, dass es so endet. Der Augenblick ist gekommen, wo Ihr Todeswunsch in Erfüllung geht.«
    Als er sich zu Wilson umdrehte, schnappte er verblüfft nach Luft. Der scheinbar Hilflose stand hinter ihm, das Schwert sauste bereits herab. Randall konnte nicht mehr reagieren, ehe der kalte Stahl ihm durch Hals und Brust fuhr.
    Wilson hob noch einmal das Schwert, als Randall Blut spuckend und mit aufgerissenen Augen in die Knie brach.
    »Sie haben nicht alles bedacht«, erklärte Wilson.
    Dann hieb er Randall den Kopf ab.
    Cixi schrie nicht, als der Kopf ihres Geliebten mit dumpfem Schlag zu Boden fiel. Sie saß nur in perfekter Pose und mit ausdruckslosem Blick auf dem Drachenthron. »Sie haben meinen Lebenspartner getötet«, sagte sie schließlich. »Und nun bin ich allein.«
    Wilson hob den Revolver auf und steckte ihn in seinen Gürtel. »Mit diesem Mann bin ich mal befreundet gewesen«, sagte er, dann spuckte er einen Klumpen Blut aus. »Doch die Mächte haben sich gegen uns verschworen und unsere Freundschaft in das Gegenteil verwandelt.«
    »Wie konnten Sie ihn töten, wenn er Ihr Freund war?«, fragte Cixi.
    »Gestern habe ich ein verstümmeltes chinesisches Mädchen gesehen. Es kann nicht älter als drei gewesen sein. Es klammerte sich an seine enthauptete Mutter und starb Minuten später an seinen entsetzlichen Wunden. Und da fragen Sie mich, wie ich das tun konnte?«, fuhr Wilson sie an und zeigte mit der blutigen Klinge auf sie. »Ich habe es getan, um diesen Wahnsinn zu stoppen! Unschuldige sterben, und alles ist aus dem Gleichgewicht! Sie haben den Lauf der Geschichte geändert, wie es Ihnen gefiel, und Ihr
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