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Zeitenzauber - Völler, E: Zeitenzauber

Zeitenzauber - Völler, E: Zeitenzauber

Titel: Zeitenzauber - Völler, E: Zeitenzauber
Autoren: Eva Völler
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und hatten dadurch fast denselben Farbton wie ihre wallenden Locken. Sie lehnte mit dem Rücken an der Tür. In den Armen hielt sie eine Arkebuse, deren Lauf sie auf mich richtete. »Alvise hat mir gezeigt, wie man damit umgeht«, warnte sie mich.
    Ich brauchte keine zusätzliche Aufforderung, um wie angewurzelt stehen zu bleiben. Nachdem die Tür zugefallen war, war es in der Halle noch dunkler als vorher, doch ich konnte genug sehen, um den zweiten Mann zu erkennen, der mit Alvise durch die Zeit gereist war. Auf Krücken gestützt stand er da und lächelte mich an.
    »Jacopo!«, rief ich fassungslos.
    Ich brauchte nur einen Sekundenbruchteil, um zu begreifen, wer er war, auch wenn ich es kaum glauben konnte. Jacopo war der unbekannte Alte. Der Chef der Bande. Wie hatte ich nur glauben können, dass er ein harmloser, netter alter Mann war! Mir wurde übel, wenn ich daran dachte, dass ich wochenlang mit Verrätern unter einem Dach gelebt hatte.
    Neben mir regten sich stöhnend Marietta und ihr Gondoliere. Gott sei Dank, sie lebten noch!
    »Ihr könnt euch jetzt blicken lassen!«, rief Alvise. Eine Seitentür öffnete sich und der Rest der Familie Malipiero kam hereinspaziert. Alvises Bruder sowie sein Vater schienen nur darauf gewartet zu haben, auf diese Weise gerufen zu werden. Beide hatten ihre Schwerter gezückt und schauten äußerst grimmig drein.
    Alvise deutete auf Marietta und den Bootsführer. »Bringt sie nach hinten zu den anderen und fesselt sie. Wir kommen gleich nach.«
    Marietta und der Gondoliere wurden auf die Füße gezerrt und mit groben Stößen nach nebenan getrieben.
    Alvise lächelte Dorotea an. »Lass uns ebenfalls allein, meine Schöne.«
    »Aber ich will lieber …«
    »Was du willst, zählt nicht«, schnitt Alvise ihr das Wort ab. »Raus mit dir. Und mach die Tür hinter dir zu.«
    Dorotea schaute empört drein, doch sie gehorchte und räumte ihren Posten. Im Vorbeigehen warf sie mir einen giftigen Blick zu. Das Gewehr hatte sie unter einen Arm geklemmt. Mit der freien Hand entriss sie mir den Zaunpfahl und nahm ihn mit in den Nebenraum. Die Tür ließ sie hinter sich zuknallen.
    Ich stand weiterhin wie festgenagelt da. Es kam mir nicht mehr in den Sinn, wegzulaufen. Wohin hätte ich auch fliehen sollen?
    Alvise grinste wie ein Honigkuchenpferd. »Du hattest recht«, sagte er zu Jacopo. »Ein kurzer Zeitsprung war die beste Lösung, sie ins Haus zu locken. Keine Gefahr weit und breit – dachte sie. Bis ihr Jucken sie warnen konnte, war es schon zu spät.« Er wandte sich an mich. »Genial, oder?«
    »Ja, toll«, sagte ich. »Wo ist Sebastiano?«
    »Zu dem kommen wir später, mein Kind«, sagte Jacopo. »Zuerst wollen wir alles Nötige mit dir besprechen und dafür ist es unerlässlich, dass niemand zuhört, sonst bleibt einem an den unpassendsten Stellen die Sprache weg, du kennst es ja selbst.« Er betrachtete mich abwägend. »Kannst du dir vorstellen, warum du hier bist?«
    Ich reckte mich und versuchte, möglichst tapfer auszusehen, obwohl ich mich erbärmlich fühlte und vor Angst zitterte. Mein Nacken juckte so heftig, dass es mir die Tränen in die Augen trieb. »Alvise hat mir schon erzählt, dass ich angeblich dabei helfen soll, jemanden zu töten. Aber darauf könnt Ihr warten bis in alle Ewigkeit.«
    Er lachte. »Vielleicht habe ich das schon getan.«
    Alvise mischte sich ein. »Genug jetzt«, sagte er. Er zeigte auf meinen Gürtel. »Her mit dem Beutel«, verlangte er gebieterisch.
    Als ich nicht sofort gehorchte, kam er mit raschen Schritten auf mich zu. Ich wich zurück, doch er setzte mir nach und riss mir mit grobem Griff den Beutel vom Gürtel. Er nestelte den Verschluss auf und zog die Maske heraus. »Ah, da ist sie!«, sagte er ehrfürchtig. Seine Augen leuchteten, als wären alle seine Geburtstage auf den heutigen Tag verlegt worden, mitsamt der dazugehörigen Geschenke. Triumphierend blickte er mich an. »Dein erbsengroßes Hirn wird leider niemals begreifen, welchen Schatz du da mit dir herumgetragen hast!« Er schmiegte seine Wange an die Maske und dabei schaute er so verzückt drein, dass es schon fast albern war.
    »Mein erbsengroßes Hirn erkennt prima, dass du dich benimmst wie ein Gummifetischist, der zum ersten Mal einen Taucheranzug anhat.«
    Meine patzige Antwort verdarb ihm offenbar die Laune, denn er funkelte mich hasserfüllt an. Trotzdem hatte ich das Gefühl, noch eins draufsetzen zu müssen, denn mit einem Mal kam mir die Erleuchtung, warum er sich
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