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Zeit der Sternschnuppen

Zeit der Sternschnuppen

Titel: Zeit der Sternschnuppen
Autoren: Herbert Ziergiebel
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fremdartige Zeichen. An einigen Stellen des Zifferblattes ragten Zeiger heraus, blank und dünn wie Fasern aus Stanniol. Der übrige Körper schien aus dunklem, geschliffenem Quarzglas zu bestehen. An der Seite befanden sich fünf weiße Knöpfe. Ich drehte daran und bemerkte, daß sich jedesmal einer der Zeiger bewegte. Hatte ich eine Uhr gefunden? Es wäre ein sonderbarer Chronometer gewesen. Ich nahm ein Lineal, maß und rechnete. Acht Zentimeter betrug der Durchmesser, sechs Zentimeter die Höhe.
    Immer neue Vermutungen drängten sich mir auf. Konnte der Gegenstand nicht ein Spezialkompaß oder ein Orientierungsgerät für den Sternenraum sein? Ein seltsames Gefühl beschlich mich. Da lag etwas vor mir, fremd und unbegreiflich, vielleicht auf einem fernen Stern erdacht und hergestellt!
    Durfte ich die Entdeckung für mich behalten? Mußte ich nicht die Behörden alarmieren? Abwarten, sagte ich mir, morgen ist auch noch ein Tag. Dann kam mir der Gedanke, die fremden könnten den Verlust bemerkt haben und zurückkehren. Vielleicht standen sie schon vor der Haustür… Ich ging in die Küche, beobachtete vom Fenster aus die Wiese. Nur eine glatte Nebelfläche war zu sehen.
    Ich merkte nicht, wie die Zeit verging, stellte immer wieder neue Kombinationen an, kam mir vor wie ein Steinzeitmensch, der eine Taschenuhr gefunden hatte. Diese Nacht hatte mich in etwas verstrickt; ich war einem rätselhaften Vorgang auf die Spur gekommen, unentwirrbar für mich wie eine Gleichung in fremder Sprache. Nur sie, die Fremden, hätten meine Fragen beantworten können. Mein Auftrag fiel mir ein, die Plakatentwürfe. Welt von morgen – lag dieses Morgen vor mir?
    Müdigkeit übermannte mich. Ich verbarg meinen Fund in einem Pappkarton und verschloß ihn im Wandschrank.
Besuch aus dem All – der Gedanke erschien mir noch immer so ungeheuerlich, daß mir aufs neue Zweifel kamen. Hätte die Zeitung eine solche Nachricht gebracht, wäre ich nicht überrascht gewesen. Schließlich schickten auch wir uns an, den Kosmos zu erforschen; ein bescheidener Anfang zwar, aber immerhin ein Anfang. Phantastisch erschien mir nur, daß die geheimnisvollen Besucher ausgerechnet bei mir auf der Wiese gelandet sein sollten.
Ich lag schon im Bett, überdachte schläfrig das Erlebte, als plötzlich jemand gegen die Haustür pochte. Noch nie hatten mich späte Besucher erschreckt, doch mein Erlebnis und der rätselhafte Fund hatten meine Sinne überempfindlich gemacht. Sie sind zurückgekehrt, schoß es mir durch den Kopf, sie haben den Verlust bemerkt, jetzt passiert etwas…
Verstört sprang ich auf, schaltete Licht ein und hängte mir den Bademantel um. Einige Zeit verging. Ich hielt den Atem an, als es erneut pochte. Ein Kälteschauer überrieselte mich.
    Sogar der Kater war aus seinen Träumen erwacht. Verdammte Einöde! Ich langte nach dem Küchenmesser, das auf dem Tisch lag – eine klägliche Waffe, wenn sie vielleicht Strahlenwerfer bei sich hatten. Wieder pochte es. Ich ging auf Zehenspitzen zum Fenster, schob vorsichtig den Vorhang beiseite.
    Draußen war es taghell. An der Haustür stand Karmig, mein Nachbar, der mir die Geschichte von dem Zelt erzählt hatte. Es wunderte mich, daß er meinen Seufzer der Erleichterung nicht gehört hatte, als ich ihm die Tür öffnete. »So habe ich mir das vorgestellt!« rief er mit gespielter Entrüstung. »Donner und Doria, am späten Vormittag noch im Bett liegen…« Er schwenkte etwas in der Rechten.
    Ich wollte ihn hereinbitten, doch Karmig hatte es eilig. Er sei auf dem Wege zur Försterei, erklärte er gewichtig. »Stell dir vor, heute nacht hat es geklappt, diesmal habe ich den Teufel erwischt. Er war wieder im Hühnerstall.«
    Mit dem triumphierenden Lächeln des erfolgreichen Jägers zeigte er mir ein Fell. Zuerst glaubte ich, er habe ein Karnickel geschlachtet, aber es war tatsächlich der Balg eines Fuchses. Für das Fell gab es eine Prämie von fünfundzwanzig Mark.
    »Ich gratuliere«, sagte ich müde. »Wann hast du ihn erschlagen?«
»Heute nacht auf der Wiese«, erwiderte er stolz. »Deubel noch mal, er hatte die Henne schon beim Wickel und wollte sie nicht wieder hergeben. Das war sein Verderben…«
»Du warst heute nacht auf der Wiese?« fragte ich verdattert. »Und sonst hast du nichts bemerkt?«
»Was soll ich bemerkt haben? Es war eine verdammte Hetzjagd, der Bestie nachzulaufen…«
»Und das Zelt hast du nicht wieder gesehen?«
Karmig hatte nichts gesehen und bezweifelte nun sogar
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