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Zeit der Sternschnuppen

Zeit der Sternschnuppen

Titel: Zeit der Sternschnuppen
Autoren: Herbert Ziergiebel
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Sterneninsel im unendlichen Raum.
    Dieser Spaziergang durch das Universum war immer wieder ein neues, erregendes Abenteuer. Sonnen, Glutgasbälle, umkreist von Planeten und Monden, trügerisch nahe und doch unerreichbar fern. Alle Generationen vor uns, zurück bis in die dunkle Geschichte der Menschwerdung, haben diesen Himmel, diese Sterne erblickt…
    Das Vergnügen, in ferne Welten zu schauen, wäre eine ungetrübte Freude gewesen, hätten nicht inzwischen die vermaledeiten Mücken mein Blut gewittert. Wie eine Räuberbande stürzten sie sich auf mich, zerstachen mir das Gesicht und den Nacken, setzten mir so sehr zu, daß ich meine Beobachtungen unterbrechen mußte. Ich lief ins Haus zurück, rieb mich mit Mückensalbe ein.
    Die Nebeldecke auf der Wiese war unterdessen noch qualliger geworden. Als ich zurückkam, fühlte sich das Fernrohr feucht an. Weit hinten schien sich der Nebel bereits von der Wiese abzuheben. Wie ein Pilz ballte er sich zusammen. Etwas später bemerkte ich, daß es nicht der Nebel war, was sich dort herauslöste. Das Gebilde hatte die Form eines großen, runden Zeltes. Sie üben also schon wieder, dachte ich. Es wunderte mich, daß ich den Hubschrauber nicht gehört hatte.
    Der Sucher an meinem Fernrohr eignete sich ausgezeichnet für solche geringen Entfernungen, er besaß zudem die Eigenschaften eines Nachtglases. Ich wollte mir die Gelegenheit nicht entgehen lassen, stellte ihn auf das Zelt ein und glaubte für einen Augenblick, einer Sinnestäuschung zu unterliegen. Narrte mich meine entfesselte Phantasie?
    Was dort auf der Wiese stand, war weder aufgebauschter Nebel noch ein Zelt. Das Nachtglas war unbestechlich, klar und scharf zeichneten sich in seinem Fadenkreuz Einzelheiten ab: ein Gebilde aus mattglänzendem Metall, rund wie ein Kreisel und flach wie eine übergroße Linse oder auch wie ein Diskus. Deutlich erkannte ich fünf Füße, die aus der Nebeldecke herausragten und den Metallkörper trugen. Zwei, drei Meter stand das merkwürdige Ding über der Wiese, täuschte ohne Fernglas tatsächlich die Form eines runden Zeltes vor. Ich bemerkte zwei Schatten, kleine, schlanke Gestalten, die mit eckigen Bewegungen hin und her liefen. Sie schienen etwas zu suchen, rupften Gras aus, gestikulierten oder blieben von Zeit zu Zeit wie ängstlich lauschende Tiere stehen. Nur im Fernglas waren die Schatten zu erkennen.
    Beim Anblick dieser lebendigen Silhouetten bohrte sich ein Gedanke in mir fest, der mir das Herz bis zum Halse schlagen ließ, ein absurder Gedanke, den man allenfalls im Scherz bei einem Glas Wein ausspricht. Meine Augen, durch das Glas geschärft, sahen dies: zwei Gestalten, klein und schmalhüftig, in enganliegenden Trikots, aufrecht gehend, in der äußeren Form dem Menschen ähnlich und doch anders. So federnd bewegte sich kein Mensch. Und wozu brauchte ein Mensch, sofern er sich nicht gerade auf dem Mond befand, einen gläsernen Schutzhelm? Wozu die Antennen, die aus der Glasoder Kunststoffhülle herausragten?
    Ein seltsames Bild, abenteuerlich und Furcht einflößend. Meine Beobachtung vom Mittag fiel mir ein, die fünf Löcher, der undefinierbare Geruch. Eine militärische Übung? Was dort auf der Wiese umherhüpfte, hatte mit Soldaten wenig Ähnlichkeit. Unter dem Kreisel zeichnete sich eine schmale Treppe ab. Eine dritte Gestalt kletterte flink hinunter. Auch er (oder sie?) trug einen Schutzhelm und in den Händen etwas, was wie ein Glaszylinder aussah. Zu dritt entfernten sie sich nun einige Schritte von ihrem Flugkörper.
    Zum Teufel, dachte ich, wer sind die Kerle, und was suchen sie um diese Zeit auf der Wiese? Was hatte die komische Maskerade zu bedeuten? Das sonderbare Bild drängte meine Gedanken immer wieder in eine Richtung. Es war verrückt, daran zu denken, doch wie ließe sich dieser nächtliche Spuk anders deuten? Ich sah auf die Armbanduhr. Es war nach Mitternacht.
    Fünf Minuten mochten vergangen sein. Ich rang mit einem Entschluß, schwankte zwischen Furcht und Mut. Der Gedanke, einfach hinüberzugehen, erschien mir tollkühn; anderseits lockte mich die Neugier. Ich wollte Gewißheit haben. Vielleicht ist es doch nur eine besondere militärische Übung, redete ich mir ein und machte mich vorsichtig auf den Weg. Ich ging geduckt und so geräuschlos wie möglich. In der Rechten hielt ich die Taschenlampe.
    Nach ungefähr fünfhundert Metern war ich dem Gebilde so nahe gekommen, daß ich die Gestalten schemenhaft erkennen konnte, wenn auch längst nicht
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