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Zeit der Sternschnuppen

Zeit der Sternschnuppen

Titel: Zeit der Sternschnuppen
Autoren: Herbert Ziergiebel
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so deutlich wie im Fernglas. Sie suchten noch immer, sprangen hin und her, verstauten etwas in ihrem Glaszylinder. In dieser Gegend hatte ich am Mittag Champignons gesucht. Ich duckte mich, suchte nach einem Versteck. Wäre das Gras nicht so feucht gewesen, hätte ich mich hingelegt und wäre auf allen vieren zu ihnen gekrochen. Doch es war bereits zu spät, sie hatten mich bemerkt, standen dicht beieinander und schienen zu beraten. Ich war stehengeblieben, wußte nicht, wie ich mich verhalten sollte. In dieser gottverlassenen Gegend lohnte es nicht einmal, um Hilfe zu rufen…
    Gleich werden sie auf dich zukommen, überlegte ich, oder sie werden Leuchtkugeln abfeuern. Sekunden änderte sich nichts. Sie standen wie Statuen, blickten unverwandt zu mir herüber. Allmählich wurde mir die Situation unheimlich. Weshalb rührten sie sich nicht von der Stelle, und was führten sie im Schilde? Ich suchte nach passenden Worten, um sie von meiner Harmlosigkeit zu überzeugen, ging, während ich noch über den Text nachdachte, zögernd ein paar Schritte weiter.
    Da geschah etwas, worauf ich am allerwenigsten vorbereitet war. Wie Katzen verschwanden sie auf einmal über die Treppe ins Innere des Metallkörpers. Gleich darauf rollte die Treppe nach oben, ein helles Summen wurde vernehmbar. Der Ton stieg an, ging für Sekunden in ein Pfeifen über. Langsam hob sich der mächtige Diskus von der Wiese ab. Die fünf herausragenden Füße klappten nach innen, verschmolzen mit dem Flugkörper. Es war wieder totenstill. Unbeweglich, wie ein gewaltiger Teller schwebte das Ungetüm über der Wiese.
    Mich hatte der unerwartete Vorgang so sehr erschreckt, daß ich das Einfachste zu tun vergaß: meine Taschenlampe anzuknipsen. Ich gaffte zum Firmament, sah, wie der riesige Teller langsam höher stieg, bis er sich in der Dunkelheit meinen Blicken entzog. Vergebens suchte ich den Himmel ab. Mitunter glaubte ich, zwischen den Sternen einen leuchtenden Punkt zu sehen, der sich rasch weiterbewegte, doch das konnte auf Täuschung beruhen.
    Noch ganz benommen von dem Erlebnis, stand ich eine Weile wie angewurzelt. Trotz der Nachtkühle war meine Stirn feucht. Vor mir im großen Umkreis war der Nebel verschwunden. Ein starker Luftdruck hatte ihn auseinandergetrieben. Unwillkürlich bückte ich mich, rupfte einige Grashalme aus; es überzeugte mich, daß ich nicht träumte. Ich stand wirklich auf der Wiese, über mir das Sternenmeer. Kälte kroch mir in die Glieder. Meine Schuhe und Hosenumschläge waren durchnäßt. Ich raffte mich auf, überwand mein Unbehagen, ging weiter, hin zu jener Stelle, wo sie gelandet waren.
    Im Schein der Taschenlampe ließ sich ihr Landeplatz leicht ausfindig machen. Ein ähnliches Bild wie am Mittag bot sich mir. Wieder die fünf Löcher und wieder der eigenartige Geruch, nur viel intensiver. Ich leuchtete den Boden ab, untersuchte jeden Meter. Etwas Schwarzes, Glänzendes blinkte zwischen den Grashalmen. Im Gras lag ein kleiner, dunkler Gegenstand. Ich betrachtete ihn von allen Seiten, wagte zuerst nicht, ihn zu berühren. Was vor mir lag, konnte eine schwarzlackierte Blechdose sein, ein Behälter für Schmuck oder ähnliches. An der Seite waren kleine weiße Knöpfe zu sehen.
    Hatten sie diesen Gegenstand bei ihrem überstürzten Abflug verloren? Oder war ich bereits so durchgedreht, daß ich eine alte Konservendose für eine Botschaft aus dem All hielt? In ungewöhnlichen Situationen sind wohl derart verrückte Gedanken das Normale. Es schien mir für einen Augenblick sogar möglich, daß sie mir eine Nachricht hinter – lassen haben könnten. Zögernd griff ich ins Gras. Die vermeintliche Blechdose war schwer wie Blei. In dieser Sekunde wurde mir bewußt, daß die Fremden den Gegenstand verloren haben mußten.
    Die Wiese war nicht der Ort, Untersuchungen anzustellen. Ich trat den Rückweg an, beeilte mich, ins Haus zu kommen. Meine Kleidung war klamm geworden, trotzdem nahm ich kaum Notiz davon. Ich preßte den schweren Gegenstand an mich, als wäre es der Großmoguldiamant.
    Außer Atem gelangte ich ins Haus. Im Korbstuhl träumte der Kater von seinen Jagderlebnissen. Ich zog die Fenstervorhänge zu, riegelte die Haustür ab. Auf dem Tisch lag mein geheimnisvoller Fund.
    Woher stammte er, was stellte er dar? Eine Seite war mit Glas oder einer durchsichtigen Kunststoff Schicht überzogen. Darunter befand sich eine Art Zifferblatt, auf dem Kurven und geometrische Figuren aufgezeichnet waren, merkwürdige,
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