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Zeig mir den Tod

Zeig mir den Tod

Titel: Zeig mir den Tod
Autoren: Petra Busch
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mittwochs da. Die Fensterputzer kommen immer am ersten Montag des Monats.«
    »Und der Garten?«
    »Den mache ich. Ab Frühjahr natürlich erst. Ich wollte immer Gartenbau studieren, aber … Es kam etwas dazwischen.« Sie hob die Hände, und Ehrlinspiel fiel auf, dass sie kräftig und die Fingernägel kurzgeschnitten waren. Die Frau konnte sicher gut anpacken.
    »Und Marius’ Zimmer?«, fragte er.
    »Auf der anderen Seite.«
    Wieder gingen sie durch das Treppenhaus in einen weiteren Gebäudeteil. Er war symmetrisch zu Rebeccas angelegt. Doch im Zimmer des Jungen war nichts außer einem zerwühlten Bett und einem schwarzen Kleiderschrank, einem großen Schreibtisch und dem alten Drehstuhl davor. Auf ihn hatte Marius offenbar achtlos eine Unterhose und Socken geworfen. An der Wand hingen zwei Poster mit Porträts eines blonden sowie eines gepiercten rothaarigen Mädchens. Außer der gleichen iPod-Dockingstation, wie auch seine Schwester sie hatte, gab es keine Spur von Luxus. Nirgends Farben, kein Schnickschnack. Im Badezimmer lag eine Zahnbürste am Waschbeckenrand, und in der Wanne stand ein Duschgel mit offenem Deckel. Ein Handtuch lag zerknüllt auf dem Boden.
    Ehrlinspiel musste überrascht ausgesehen haben, denn Assmann erklärte sofort: »Marius ist … bescheiden. Er braucht nicht viel.«
    »Fehlt irgendetwas in den Zimmern der Kinder?« War das hier Ablehnung des elterlichen Reichtums oder Auflehnung dagegen?
    Lene hielt die Hände vor das Gesicht. »Was soll denn fehlen?«
    »Kleidung, Bücher, Schminksachen?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Geld?«
    »Nein!« Sie kippte eine Blechdose um, die auf dem Schreibtisch auf einer Zeitschrift über alte Mofas stand. Einige Hundert- und Fünfzig-Euro-Scheine fielen neben die Socken. »Sehen Sie, alles da. Ich … ich stecke ihm hier immer sein Taschengeld hinein. Aber er …«
    »Er nimmt kaum etwas davon«, sagte Günther Assmann.
    »Sie sagten, Ihre Kinder stehen sich sehr nahe?«, fragte Freitag, der ins Zimmer trat und diskret die Hände hob. Die polizeiinterne Anfrage war also negativ, die Familie sauber. Keine Vorstrafen. Keine Auffälligkeiten. »Fast neun Jahre Altersunterschied«, fuhr Freitag fort, »da hat man ja sehr unterschiedliche Interessen.«
    Lenes Augen glänzten feucht. »Marius hat sich um Becci gekümmert. Er ist ein liebevoller Junge. Er beschenkt sie oft. Die Maus auf ihrem Bett ist auch von ihm. Sie liebt diese Maus. Er hat ihr früher vorgelesen, er hilft ihr bei den Hausaufgaben, er … er trägt alles mit.«
    »Trägt alles mit?«
    Lene sah zu ihrem Mann. Der nickte. »Becci ist krank! Sie braucht Medikamente. Bitte, finden Sie sie!«
    »Was für Medikamente?«
    »Insulin. Sie muss alle paar Stunden ihren Blutzuckerwert messen und sich etwas spritzen. Sie ist so nachlässig damit. Sie kann es nicht akzeptieren. Wenn Sie sie nicht finden … stirbt sie.«

[home]
    3
    Donnerstag, nach 20 Uhr
    D as kühle Licht der Neonröhren spiegelte sich auf den U-förmig angeordneten Tischen. An einem Ende standen eine Thermoskanne und fleckige Kaffeebecher. Weil der Soko-Raum frei war, hatte die vierköpfige Gruppe sich dort, im vierten Obergeschoss der Polizeidirektion Freiburg, versammelt.
    »Die Kinder sind seit genau zehn Stunden abgängig.« Ehrlinspiel reichte zwei Fotos herum. Die Bilddaten hatten sie von Günther Assmann bekommen und sofort Vergrößerungen ausgedruckt.
    Josianne Schneider nahm das Bild des Jungen zur Hand. Ihre Hände waren schlank und olivfarben, ihre Haare fielen in schwarzen Locken bis auf ihre Schultern. Die ehemalige Spezialistin für Personenrecherchen war erst im November vom Dezernat 11 , zu dem Ehrlinspiel und Freitag gehörten, ins Dezernat 12 gewechselt. Seither galt ihr Alltag der Jugenddelinquenz und Sexualdelikten im sozialen Nahraum, manchmal auch Raub und Erpressung. Und seither war sie auch erkältet.
    »Adrett.« Sie betrachtete das Bild. Marius hatte ein schmales Gesicht mit klaren blauen Augen, langen Wimpern und feinen Brauen, die fast wie gezupft wirkten. Sein hellbraunes Haar fiel lockig in die Stirn, bis an den Rand einer rechteckigen Brille. »Was ist er für ein Typ? Wisst ihr schon etwas?«
    »Achtzehn Jahre, fast neunzehn«, sagte Ehrlinspiel, »eins neunundsechzig groß. Trug heute Morgen schwarze Jeans, ein dunkelblaues Sweatshirt und eine schwarze Daunenjacke. Knöchelhohe, graue Boots mit Lammfell-Imitat innen. Schwarze Wollmütze, keine Handschuhe.«
    »Wie neunzig Prozent der männlichen
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