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Zeig keine Angst!

Zeig keine Angst!

Titel: Zeig keine Angst!
Autoren: Tim Bowler
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hat. Ich bin gefahren wie ein Idiot und ich bin an genug Bullen vorbeigekommen. Jetzt sind mehr unterwegs denn je. Und sie müssen von dem Van wissen. Mary hat sie sicher angerufen, oder Jacob.
    Aber ich habe es bis hierher geschafft. Frag mich nicht, wie.
    Ich steige aus und laufe los. Bewegung hilft mir vielleicht, einen klaren Kopf zu bekommen. Ich halte Abstand von der Straße. Ja, Bigeyes, ich bin nicht völlig daneben. Dieser Teil von mir funktioniert noch.
    Ich laufe und laufe.
    Das tut gut. Ich fühle mich schon besser. Bisher kam noch kein Auto vorbei. Wenn ich eins höre, muss ich in Deckung gehen. Ich laufe weiter und denke nach. Ich versuche es jedenfalls. Denn jetzt ist es soweit, Bigeyes. Ich muss mich entscheiden. Das wurde mir auf der Rückfahrt klar. Das weiß ich, seit diese Mistkerle vom Balkon gefallen sind.
    Nein, eigentlich weiß ich es schon länger. Vielleicht seit dem Telefongespräch mit Mary. Vielleicht sogar noch länger. Ich habe irgendwie das Gefühl, dass diese Erkenntnis eine lange Vorgeschichte hat, die über Mary und Jaz bis zu Becky zurückreicht.
    Zu der Becky, die nicht hätte sterben sollen.
    Denn das ist der Knackpunkt, Bigeyes. Zu viele Leute, die noch leben sollten, sind gestorben. Und viele von ihnen sind wegen mir gestorben. Wie viele werden noch sterben müssen, wenn ich auf freiem Fuß bleibe? Ich will gar nicht darüber nachdenken. Und inzwischen gibt es Menschen, die mir was bedeuten.
    Ich will nicht, dass ihnen was passiert.
    Da kommt ein Auto, auf der anderen Seite. Ich sehe die Scheinwerfer. Geduckt entferne ich mich noch weiter von der Straße und verstecke mich in der Dunkelheit. Das Auto saust vorbei. Ich komme wieder raus und laufe weiter.
    Siehst du, was ich meine, Bigeyes?
    Das ist mein Leben. Von einem Versteck ins andere schleichen, immer auf der Hut und fluchtbereit. Ich weiß nicht, ob ich das noch länger durchhalte. Ich dachte, ich könnte von hier verschwinden und mich anderswo wieder totstellen. Jetzt bin ich mir nicht mehr sicher. Ich zittere wie Espenlaub und bin total fertig. So kann und will ich nicht weitermachen.
    Mary hat recht. Davonlaufen ist keine Lösung.
    Deshalb habe ich eine Entscheidung getroffen.
    Ich sage Dig Danke für seine Hilfe, aber ich brauche sie nicht mehr. Er muss mich nicht aus der Stadt rausbringen, denn ich stelle mich. Ich gebe ihm und seiner Bande eine halbe Stunde, um aus dem Haus des Professors zu verschwinden, dann rufe ich von dort aus die Bullen an und warte, bis sie mich holen.
    Ja, ich weiß. Das ändert nicht viel, denn meine Feinde sind trotzdem noch da draußen. Und sie werden einen Weg finden, im Gefängnis an mich ranzukommen. Sie wollen zu viele Dinge von mir. Und sie dürsten nach Rache. Ich werde wohl nicht allzu lange leben.
    Aber ich weiß nicht, ob es auch nur einen Deut besser wäre, auf freiem Fuß zu bleiben. Und da ist noch was. Was Wichtiges. Ich werde Beckys Geist in die Augen sehen können. Und dem von Mary auch, wenn sie stirbt. Weil ich mich dann nicht mehr so schäme.
    Vielleicht kann ich sogar der kleinen Jaz ins Gesicht sehen.
    Deshalb kehre ich erst ins Haus des Professors zurück. Ich hätte direkt zu den Bullen gehen können, aber ich habe was versprochen. Mir selbst jedenfalls. Ich werde Jaz die Geschichte zu Ende erzählen.
    Und mich dann von ihr verabschieden.
    Okay, Bigeyes. Die Entscheidung steht fest. Das Laufen hat mir geholfen. Und das Reden mit dir auch. Ich hätte nie gedacht, dass du dich mal als nützlich erweisen würdest. Aber du kannst mich tatsächlich noch überraschen.
    Jetzt kommt die Kreuzung, an der das Queen Anne liegt. Siehst du den Pub?
    Ich checke die Lage. Alles ist ruhig. Zum Glück. Seit diesem einen Auto ist keins mehr vorbeigekommen. Alles ist still, außer …
    Im Stadtzentrum heulen Sirenen.
    Ja, das ist weit weg. Ich hoffe, die Bullen jagen jemand anderen.
    Ãœber die Kreuzung, an der Abzweigung vorbei und dann den Weg zum Haus des Professors rauf. Es ist immer noch ruhig. Ich pirsche mich langsam und vorsichtig vor. Riffs Wagen steht noch am selben Platz. Ich schleiche mich näher ans Haus ran. Es ist immer noch dunkel. Nirgendwo brennt Licht. Alles sieht genauso aus wie vorhin, als ich weggegangen bin.
    Nur der Himmel ist ein bisschen heller geworden. Der Mond ist noch da, hinter einer Wolke versteckt, aber es dämmert schon. Ich gehe langsam weiter und schaue
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