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Zehn zärtliche Kratzbürsten

Zehn zärtliche Kratzbürsten

Titel: Zehn zärtliche Kratzbürsten
Autoren: Arto Paasilinna
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versammelt hatten.
    Tarja: Die Herren blickten mächtig trübe drein!
    Es hatte nicht viel gefehlt, und einige von ihnen wären ihrer G e liebten ins Grab gefolgt.
    Tarja und Rauno erhoben das Glas auf die liebe Verstorbene. Ta r ja erzählte, dass sie selbst einige Male ernsthaft den Beruf des Freudenmädchens für sich erwogen habe, nachdem sie mit ihrem kleinen Mulattenbaby aus Nordafrika zurückgekehrt sei. Auf eine Ehe mit ihrem arabischen Liebhaber hatte sie sich zum Glück nicht eingelassen, das hätte erst einen richtigen Schlamassel gegeben. Das Kind wäre garantiert in Tunesien verblieben, und sie hätte das Nachsehen gehabt, so wie all die unzähligen jungen Närrinnen aus Finnland, die sich an den Mittelmeerstränden in die exotischen, dunklen Männer verguckten. Aber eine Hure war sie dennoch nicht geworden, denn Sara Langenskiöld hatte keine Mühen gescheut und mit ihrem Körper das nötige Geld verdient, um Tarja aus der Kle m me zu helfen. Saara hatte ihre Patenkinder nie im Stich gelassen. Noch mit ihren letzten Kräften hatte sie die Türen ihres Salons geöffnet und ihre lieben, alten Verehrer empfangen, hatte sich mit viel Stil und in bewährter Weise um sie gekümmert und mit dem so erworbenen Geld ihren Schützling davor bewahrt, denselben Weg einzuschlagen, den sie selbst als Frau all die wilden Jahre gegangen war.
    Rauno Rämekorpi lauschte Tarjas Bericht verwundert. Er hatte nichts von dem unehelichen Kind gewusst. Warum hatte sie sich nicht im Augenblick der Not an ihn gewandt? Er hätte ihr, die so sympathisch war, in ihrer schwierigen Situation gern geholfen.
    Tarja: Ich habe mehrmals an dich gedacht, aber ich mochte dich nicht anrufen. Ich war wütend über mich selbst, der ganze blöde Fehltritt war mir peinlich.
    Sie beklagte, dass sie zum Opfer zweifacher Eifersucht geworden war. Ihr uneheliches Kind hatte die Beziehung zu einem Finnen zerstört, aber damit nicht genug: Das ganze finnische Volk veracht e te eine Frau, die sich mit einer fremden Rasse eingelassen hatte. Das zu ertragen war schwer. Tarja fand den Gedanken trostlos, dass auch ganze Völker aufeinander eifersüchtig sein können. Diese Ersche i nung hatte einen Namen mit üblem Klang: Rassismus.
    Tarja Salokorpi hatte nie ernsthaft geglaubt, dass die Finnen so rassistisch sein konnten. Ihre Tochter Sirena war immer ein hübsches und reizendes Kind gewesen, und trotzdem reagierten die Leute mit Befremden auf sie, manchmal regelrecht ablehnend. Was konnte ein armes, unschuldiges Kind für seine Hautfarbe? Außerdem stellte Sirena eigentlich eine schöne Rasse dar, eine Mischung aus Arabern und Finnen, mit gerader Nase, schöner schokoladenbrauner Haut, wunderbar lockigem Haar.
    Rauno Rämekorpi mochte die Araber nicht recht loben. Er b e hauptete, dass die Völker am Mittelmeer und in Vorderasien kindisch und falsch und, was am schlimmsten war, furchtbar grausam waren. In Nordafrika war es ganz normal, dass Scharen streunender Köter durch die Straßen liefen, manche hatten nur drei Beine, andere waren durch Fußtritte entstellt. Rauno fand, dass die Grausamkeit der Araber ganz unglaublich war, die Frauen wurden gezwungen, sich zu verschleiern, und sie wurden zu Hause eingesperrt, und die Tierqu ä lerei kannte keine Grenzen. Dort schlug man so bedenkenlos auf Tiere ein, wie ein Finne seine Axt gegen einen Baumstamm schlägt. Die Finnen waren wenigstens couragiert und tüchtig und außerdem sehr sauber, sie saunierten zweimal pro Woche, und an den anderen Tagen duschten sie morgens und abends.
    Nach Tarjas Meinung waren zumindest die finnischen Männer ziemliche Grobiane, selbstgefällige Rüpel, sie trotteten durch die Gegend wie Mulis, trugen hängende Hosen und rochen nach altem Schnaps oder Bier, sie kratzten sich unentwegt, furzten in der Öffen t lichkeit, lachten wiehernd über ihre eigenen blöden Witze und waren unfähig, ihren Partnerinnen die Achtung entgegenzubringen, die die nordische Frau verdiente.
    Nachdem sie einmal in Fahrt gekommen war, zeigte sie ihren kratzbürstigen Charakter. Sie ließ kein gutes Haar an den finnischen Männern, beschrieb sie als untersetzt und kurzbeinig, trübsinnig, zum Selbstmord neigend, in betrunkenem Zustand unbeherrscht und Höhergestellten gegenüber extrem neidisch. Bei jeder passenden Gelegenheit schwangen sie die Fäuste. Tiefschürfende Äußerungen erwartete man von einem Finnen vergebens, er schwieg lieber, was andererseits eine gute Entscheidung war, denn wenn der
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