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Zehn Jahre nach dem Blitz

Zehn Jahre nach dem Blitz

Titel: Zehn Jahre nach dem Blitz
Autoren: Pjhilip K. Dick
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raschelten, murmelten und zappelten herum und starrten, einer wie der andere, ebenso wie er auf den Bildschirm, der vom Fußboden bis zur Decke reichte. Er war ihr Fenster – ihr einziges Fenster – zu der über ihnen liegenden Außenwelt, und sie nahmen das, was sie über seine riesige Bildfläche erreichte, sehr ernst.
    Er fragte sich, ob Rita die Aufforderung gehört hatte, oder ob sie sich noch immer genüßlich unter der Dusche räkelte und ihm dann und wann eine Bemerkung zurief.
    »Gibt es eine Besserung?« wandte sich Nunes flüsternd an Nicholas. »Beim alten Souza?«
    »Mit Pankreatitis – machen Sie Witze?« Der Kommissar war ein Schwachkopf.
    »Ich habe«, erklärte Nunes, »fünfzehn Eingaben zu denen dort oben hinaufgeschickt.«
    »Und keine der fünfzehn Eingaben«, entgegnete Nicholas, »war die offizielle Anforderung einer künstlichen Bauchspeicheldrüse, die Carol operativ hätte einpflanzen können.«
    »Ich habe lediglich um einen Aufschub der Überprüfung gebeten.« Verständnisheischend fügte Nunes hinzu: »Nick, Politik ist die Kunst des Möglichen. Wir können vielleicht einen Aufschub erreichen, aber wir werden keine künstliche Bauchspeicheldrüse bekommen; sie sind nicht erhältlich. Nein, wir müssen Souza abschreiben und einen der untergeordneteren Mechaniker befördern, vielleicht Winter oder Bobbs oder ..,«
    Plötzlich verwandelte sich das glanzlose Grau des Gemeinschaftsbildschirms in strahlendes Weiß. Und aus dem Lautsprecher ertönten die Worte: »Guten Abend.«
    In der Führungshalle murmelten fünfzehnhundert Zuhörer: »Guten Abend.« Es war eine vorgeschriebene Formalität, und kein Audioempfänger gab die Worte weiter: Informationen wurden nur in einer Richtung vermittelt: hinunter. Von oben nach unten.
    »Nachrichtenübermittlung«, fuhr die Stimme des Ansagers fort. Auf dem Schirm erschien eine Momentaufnahme: Gebäude, die im Zustand halbvollendeter Zerstörung eingefangen und festgehalten waren. Dann wurde das Filmband weiter abgespult. Und die Gebäude zerfielen, unter abscheulichem Getöse, das wie das Tamtam ferner, fremdartiger Trommeln klang, zu Staub, der herunterregnete und sich auflöste; an ihrer Stelle war nur noch Rauch zu sehen, und zahllose Bleierne, die Detroit bevölkert hatten, strömten, wie Ameisen aus einem umgestürzten Marmeladenglas. Sie wurden von unsichtbaren Kräften zermalmt.
    Die Audiospur wurde größer; die Trommeln rückten näher, und die Kamera, ohne Zweifel die eines Wes-Dem-Satellitenspions, schwenkte zu einem großen öffentlichen Gebäude hinauf, einer Bibliothek, Kirche, Schule oder Bank, vielleicht auch alles in einem. Wie in Zeitlupe zeigte sie, wie das massive Bauwerk in kleinste Teilchen zerfiel. Die Dinge wurden in ihren ursprünglichen Staubzustand zurückverwandelt. Und das hätten, anstelle der Bleiernen, wir sein können, dort oben, denn er selbst hatte als Kind in Detroit gelebt.
    Zum Glück für alle – Kommis ebenso wie US-Bürger – war der Krieg, in dem sich die beiden Blöcke, Wes-Dem und Volks-Pakt um den Löwenanteil stritten, in einer Kolonialwelt ausgebrochen.
    In diesem ersten Kriegsjahr auf dem Mars war die Erdbevölkerung eilends unter die Erdoberfläche getrieben worden. Und, dachte er, wir sind noch immer hier, und es ist nicht gut, aber doch immer noch besser als das; er blickte gebannt auf den Bildschirm, sah, wie eine Gruppe von Bleiernen zerschmolz – daher der Name – und, zu seinem maßlosen Entsetzen, dennoch versuchte, noch im Zerschmelzen davonzulaufen. Er wandte den Blick ab.
    »Furchtbar«, murmelte Kommissar Nunes neben ihm, und sein Gesicht hatte sich grau verfärbt.
    Plötzlich tauchte auf dem unbesetzten Stuhl zu Nicholas’ Rechten Rita in Bademantel und Pantoffeln auf, und mit ihr Nicholas’ jüngerer Bruder Stu. Beide sprachen ihn nicht an, als sei er nicht vorhanden und starrten auf den Bildschirm. Und wirklich war, durch die Katastrophe auf dem riesigen Bildschirm, jeder einzelne jetzt sich selbst überlassen, und dann erklärte ihnen der Ansager:
    »Das – war – Detroit. Am 19. Mai. Im Jahre des Herrn 2025. Amen.«
    Wenn der Verteidigungsschirm um eine Stadt erst einmal durchbrochen war, bedurfte es nur noch weniger Sekunden, um hineinzugelangen und das alles zu vollbringen.
    Fünfzehn Jahre lang hatte Detroit unversehrt standgehalten. Nun, Marschall Harenzany, der den Obersten Sowjet im gutgeschützten Kreml einberufen hatte, konnte einen Maler bestellen, um, zum Zeichen des
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