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Zehn Jahre nach dem Blitz

Zehn Jahre nach dem Blitz

Titel: Zehn Jahre nach dem Blitz
Autoren: Pjhilip K. Dick
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erinnern, was zu liefern ihnen nicht gelungen war. Gespanntes, bedrücktes Schweigen breitete sich aus.
    Nicholas übernahm das Wort. »Leute, wir produzieren das fundamentale Mittel, mit dessen Hilfe der Krieg geführt wird; die Tatsache, daß die Bleiernen auf einer radioaktiven Erdoberfläche, inmitten einer Vielfalt von Bakterien und chlinesterasezerstörendem Nervengas leben können ...«
    »Cholinesterase«, fiel Nunes ihm berichtigend ins Wort.
    »... ist es zu verdanken, daß wir noch am Leben sind. Wir verdanken den Gebilden,. die wir hier unten in unseren Werkstätten herstellen, unser Leben. Das ist es, was Kommissar Nunes sagen will. Es ist lebenswichtig für uns, zu begreifen, warum wir ...«
    »Überlassen Sie das mir«, sagte Nunes ruhig.
    Nicholas entgegnete: »Nein, Dale. Das mache ich.«
    »Sie haben bereits eine unpatriotische Bemerkung gemacht. Das cholinesterasezerstörende Nervengas war eine US-Erfindung. Und ich kann Ihnen befehlen, sich hinzusetzen.«
    »Ich werde es trotzdem nicht tun«, widersprach Nicholas. »Die Leute sind müde; das ist nicht der richtige Augenblick, sie zu belästigen. Souzas Tod ...«
    »Dies ist genau der richtige Augenblick, sie zu belästigen«, sagte Nunes, »gerade darum, und ich bin am Berliner Institut für Psychiatrische Waffen von Mrs. Morgans Ärzten selbst dazu geschult worden, es zu wissen.« Er hob die Stimme und wandte sich an die Zuhörer. »Wie ihr alle wißt, ist unser Chefmechaniker ...«
    Aus den Reihen der Zuhörer drang eine feindselige, höhnische Stimme zu ihm herüber. »Ich sag’ Ihnen was: wir geben Ihnen eine Tüte Rüben, Kommissar. Pol-Kom Nunes, Sir. Und dann sehen wir uns die Flasche voll Blut an, die sie herauspressen können. In Ordnung?« Hier und da erhob sich zustimmendes, beifälliges Gemurmel.
    »Ich habe es Ihnen gesagt«, erklärte Nicholas dem Kommissar, der rot geworden war und seine Aufzeichnungen in seinen krampfhaft zusammengepreßten Fingern zerknüllte. »Werden Sie sie jetzt wieder zu Bett gehen lassen?«
    Nunes wandte sich mit lauter Stimme an die Zuhörer: »Es gibt eine Meinungsverschiedenheit zwischen eurem gewählten Präsidenten und mir. Ich werde ihm entgegenkommen und nur noch eine einzige Frage stellen!« Er ließ schweigend den Blick über die Versammlung gleiten; sie warteten in furchtsamer Betäubung. Die ausgesprochene, einstimmige Universalfeindschaft schwieg jetzt; Nunes hatte sie alle in der Hand, denn Nunes war als einziger im ganzen Tank kein Bürger, sondern ein Beamter der Wes-Dem selbst, und er konnte, wenn er den Befehl gab, dafür sorgen, daß lebende, menschliche Polizisten über die Rutsche von oben heruntergeschickt wurden oder, wenn Broses Agenten nicht gleich zur Stelle waren, dann eben ein Kommandotrupp von General Holts kampferprobten, bewaffneten Bleiernen.
    »Der Kommissar«, verkündete Nicholas, »wird noch eine Frage stellen. Dann können wir, gottlob, zu Bett gehen.« Er setzte sich wieder.
    Nunes sagte langsam und mit kalter, bedächtiger Stimme: »Wie können wir Mr. Yancy für unser Versagen entschädigen?«
    Nicholas stöhnte innerlich. Aber keiner, nicht einmal Nicholas, besaß die gesetzliche oder sonst irgendeine Macht, den Mann, den die feindselige Stimme aus der Zuhörerschaft zuvor zu Recht ihren Pol-Kom genannt hatte, in seine Schranken zu verweisen. Und doch hatte das, dem Gesetz entsprechend, auch etwas Gutes. Denn durch die Person von Kommissar Nunes bestand eine direkte menschliche Verbindung zwischen ihrem Tank und der Estes-Park-Regierung; theoretisch konnten sie mit Hilfe von Nunes Fragen beantworten, und das Gespräch zwischen den Tanks und der Regierung konnte selbst jetzt, mitten im weltweiten Krieg, stattfinden.
    Aber es kam die Tanker sauer an, Dale Nunes’ burschikosen Methoden ausgesetzt zu sein, wann immer es ihm – oder vielmehr seinen Vorgesetzten auf der Erdoberfläche –, so wie jetzt, selbst zur Schlafenszeit einfiel. Aber wie sah die Alternative aus.
    Man hatte ihm den Vorschlag gemacht (und er hatte augenblicklich und unter gewaltiger Willensanstrengung die Namen derjenigen, die ihn aufgesucht hatten, für alle Zeit vergessen), den Pol-Kom in aller Stille bei Nacht zu beseitigen. Nicholas hatte nein gesagt. Es hat keinen Sinn. Denn sie werden einen anderen herunterschicken. Und – Dale Nunes ist ein Mann. Keine Macht. Und würdet ihr es vorziehen, mit Estes-Park als Macht konfrontiert zu sein, die ihr auf euren Bildschirmen sehen und hören ... zu
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