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Zaubersommer in Friday Harbor

Zaubersommer in Friday Harbor

Titel: Zaubersommer in Friday Harbor
Autoren: Lisa Kleypas
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man reparieren”,
erklärte Sam.
    „Wen hast
du gefragt?” Alex ging in die Hocke, um den zusammengebrochenen Kamin im
Salon und die Risse im freigelegten Schornstein genauer zu betrachten.
    „Ben
Rawley.” Alex Gesichtsausdruck sprach Bände, und Sam beeilte sich
hinzuzufügen: „Ja, ich weiß, dass er schon ein bisschen älter ist ...”
    „Er ist ein
Fossil.”
    „Aber er
beherrscht immer noch sein Handwerk, und er hat nichts dafür verlangt. Er hat
mir einfach einen Gefallen getan.”
    „Ich würde
mich nicht auf sein Wort verlassen. Wenn du ein realistisches Gutachten willst,
musst du dir einen Bauingenieur holen.” Alex legte eine sehr
charakteristische Sprechweise an den Tag. Jede Silbe kam so präzise und tonlos
über seine Lippen, als legte er ein Bandmaß an. Dabei war seine Stimme ein
ganz klein wenig kratzig. „Der einzige Pluspunkt an der ganzen Sache besteht
darin, dass das Grundstück mit einem abrissreifen Haus darauf weniger wert
ist, als wenn es unbebaut wäre. Du könntest den Preis herunterhandeln, weil für
den Abriss und die Schuttentsorgung Zusatzkosten auf dich zukommen.”
    Angst
erfasste den Geist. Wenn das Haus zerstört wurde, war es möglicherweise aus und
vorbei mit ihm. Es konnte durchaus sein, dass er sich dann endgültig auflöste.
    „Ich will
es nicht abreißen”, erklärte Sam. „Ich will es retten.”
    „Viel
Glück.”
    „Ich weiß
ja ...” Seufzend strich sich Sam mit der Hand durch die Haare und brachte
sie damit in völlige Unordnung. „Der Boden ist perfekt für den Weinanbau. Ich
weiß, dass ich mich damit zufriedengeben und mich über mein Glück freuen sollte.
Aber dieses Haus ... es hat etwas an sich, das ich einfach ...”
Kopfschüttelnd brach er ab und sah dabei ebenso verwirrt wie besorgt und wild
entschlossen aus.
    Sowohl der
Geist als auch Sam gingen davon aus, dass Alex sich darüber lustig machen
würde. Stattdessen stand dieser auf und schlenderte durch den Salon hinüber zu
einem der mit Sperrholz vernagelten Fenster. Die uralte Sperrholzplatte leistete
so gut wie keinen Widerstand und knarzte nur leise Protest, als er sie
herunterriss, und plötzlich durchflutete Licht den Raum, begleitet von einer
frischen Brise, die den kniehoch aufgewirbelten Staub in den Sonnenstrahlen
tanzen ließ.
    „Ich habe
auch was übrig für hoffnungslose Fälle.” Ein Hauch von Ironie lag in Alex'
Stimme. „Ebenso wie für viktorianische Häuser.”
    „Tatsächlich?”
    „Natürlich.
Wartungsintensives, energieverschwenderisches Design, toxische Baumaterialien
... das muss man doch einfach lieben, oder?”
    Sam
lächelte. „Also, wie würdest du vorgehen, wenn du an meiner Stelle wärst?”
    „Ich würde
so schnell wie möglich davonrennen. Aber da du dir offensichtlich in den Kopf
gesetzt hast, dieses Haus zu kaufen ... versuch gar nicht erst, eine normale
Bankhypothek aufzunehmen. Du brauchst einen Kreditgeber anderen Kalibers, und
die Zinsen werden es in sich haben.”
    „Kennst du
da jemanden?”
    „Eventuell.
Aber bevor wir darüber reden, musst du dir über einiges klar werden. Wir
sprechen hier von zweihundertfünfzigtausend Dollar für Reparaturarbeiten.
Mindestens. Und glaub ja nicht, dass ich dir kostenlos mit Baumaterial und Arbeit
aushelfen werde. Ich werde mich auf das Dream-Lake-Projekt stürzen und damit
mehr als ausgelastet sein.”
    „Glaub mir,
Al, ich würde mich niemals darauf verlassen, dass du mir mit irgendetwas
aushilfst”, erklärte Sam trocken. „Dazu kenne ich dich zu gut.”
    Plötzlich
lag Spannung in der Luft, ein Gemenge aus Zuneigung und Feindseligkeit, das
nur auf schwierigen Familienverhältnissen beruhen konnte. Eine ungewohnte
Empfindung verunsicherte den Geist: Er meinte eine eisige Kälte zu spüren, die
plötzlich im Raum hing, und wenn er einen menschlichen Körper gehabt hätte,
wäre er erschauert. Tiefste Verzweiflung, wie selbst er in seiner trostlosen
Einsamkeit sie nie empfunden hatte, ging von Alex Nolan aus.
    Instinktiv
wich der Geist zurück, aber er konnte dem Gefühl nicht entfliehen. „Fühlt es
sich so an, du zu sein?”, fragte er voller Mitleid den Mann – und
erschrak, als Alex einen Blick über seine Schulter warf und ihn anzuschauen
schien. „Kannst du mich hören?”, fragte der Geist verwundert und wanderte
um ihn herum. „Hast du gerade meine Stimme gehört?”
    Alex
reagierte nicht, schüttelte nur leicht den Kopf, als wollte er einen Tagtraum
abschütteln. „Ich schicke einen Ingenieur
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