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Zaubersommer in Friday Harbor

Zaubersommer in Friday Harbor

Titel: Zaubersommer in Friday Harbor
Autoren: Lisa Kleypas
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rüber”, erklärte er
schließlich. „Ohne dir dafür etwas zu berechnen. Du wirst noch mehr als genug
für dieses Haus blechen. Ich glaube nicht, dass du auch nur die leiseste
Vorstellung davon hast, was du dir damit einhandelst.”
    Fast zwei
Jahre gingen ins Land, bevor der Geist Alex Nolan wiedersah. In dieser Zeit war
Sam die Brille geworden, durch die er die Welt da draußen sah. Zwar konnte er
immer noch nicht das Haus verlassen, aber immerhin kamen regelmäßig Besucher:
Sams Freunde, die Arbeiter im Weingut, Handwerker, die sich um Strom-, Wasser-
und Abwasserleitungen kümmerten.
    Sams
älterer Bruder Mark schaute etwa einmal im Monat vorbei, um bei kleineren
Wochenendprojekten auszuhelfen. An einem Tag glichen sie einen unebenen Bereich
des Fußbodens aus, an einem anderen nahmen sie sich eine antike Badewanne
mit Löwenfüßen vor, reinigten sie mit dem Sandstrahler und emaillierten sie
neu. Dabei unterhielten sie sich ständig und lieferten sich gutmütige
Wortgefechte. Der Geist genoss diese Besuche sehr.
    Allmählich
fiel ihm immer mehr aus seinem früheren Leben ein. Er sammelte die
Erinnerungsfetzen ein, wie man Perlen vom Boden aufliest. Zum Beispiel wurde
ihm bewusst, dass er ein Faible für Big Band Jazz, Comic-Helden und Flugzeuge
hatte. Außerdem hatte er gern Radio gehört. Der Komiker Jack Benny, die George
Burns und Gracie Allen Show, der Bauchredner Edgar Bergen zählten zu seinen
Favoriten. Noch hatte er nicht genug aus seiner Vergangenheit wiedergefunden,
um einen Überblick zu gewinnen, aber er war zuversichtlich, dass er irgendwann
so weit sein würde. Das Puzzle setzte sich zusammen wie ein
impressionistisches Gemälde, das aus unmittelbarer Nähe nur aus farbigen
Punkten zu bestehen schien. Wenn man ein wenig zurücktrat und es aus der Ferne
betrachtete, wurde ein vollständiges Bild daraus.
    Mark Nolan
war ein unbekümmerter verlässlicher Mensch. Einen wie ihn hätte der Geist gern
zum Freund gehabt. Da er eine Kaffeerösterei besaß, brachte Mark immer
beutelweise frisch gebrannte Bohnen mit und brühte als Erstes Kaffee auf, wenn
er zu Besuch kam. Er trank ihn literweise. Wenn Mark sorgfältig die Bohnen
mahlte und das Pulver sorgfältig in den Filter der Kaffeemaschine abmaß, kam
die Erinnerung. Dann fiel dem Geist wieder der bittersüße, leicht erdige Duft
der schwarzbraunen Brühe ein und das Wunder ihrer Verwandlung in flüssigen
Samt, wenn man einen Löffel Rohrzucker und ein paar Tropfen Sahne dazugab.
    Den
Gesprächen der Nolans entnahm er, dass beide Elternteile Trinker gewesen
waren. Die Narben, die dieser Umstand bei den Kindern hinterlassen hatte – drei
Söhnen und einer Tochter namens Victoria – waren unsichtbar, aber tief. Selbst
jetzt noch, lange nach dem Tod ihrer Eltern, hatten die Nolans nur wenig
Kontakt. Sie waren Überlebende einer Familie, an die keiner von ihnen gern
zurückdachte.
    Ironischerweise
hatte ausgerechnet Alex mit seinem kugelsicheren Panzer als Einziger der vier
geheiratet. Er und seine Frau Darcy wohnten in der Nähe von Roche Harbor. Die
einzige Schwester, Victoria, war alleinerziehende Mutter und lebte mit ihrer
kleinen Tochter in Seattle. Sam und Mark waren entschlossen, Junggesellen zu
bleiben. Vor allem Sam ließ keinen Zweifel daran, dass seiner Meinung nach
keine Frau der Welt es wert war, das Risiko einer Ehe einzugehen. Wann immer er
das Gefühl hatte, eine Beziehung könnte zu ernst werden, beendete er sie und
verschwendete keinen Gedanken mehr daran.
    Erst
kürzlich hatte er sich wieder einmal von einer Freundin getrennt, weil die Frau
ihre Beziehung auf eine höhere Ebene heben wollte. Als er Mark davon
erzählte, fragte dieser, was er denn unter einer höheren Ebene zu verstehen
habe.
    „Keine
Ahnung. Ich habe mit ihr Schluss gemacht, bevor ich das rausfinden
konnte.”
    Die beiden
saßen auf der Veranda und waren damit beschäftigt, ein paar Geländersäulen
abzubeizen, die in die Verandabrüstung eingebaut werden sollten. „Ich bin nur
für eine Ebene zu haben”, fuhr Sam fort, „als da wären Sex, Einladungen
zum Essen, gelegentliche nicht allzu persönliche Geschenke und grundsätzlich
niemals Gespräche über die Zukunft. Um ehrlich zu sein, ich bin erleichtert,
dass es zu Ende ist. Sie ist eine tolle Frau, aber mit ihrem Gefühlssalat bin
ich einfach nicht zurechtgekommen.”
    „Was ist
Gefühlssalat?”, fragte Mark leicht belustigt.
    „Du weißt
doch, dieses Gefühlskuddelmuddel, das so typisch für Frauen ist.
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