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Zauberschiffe 06 - Herrscher der drei Reiche

Titel: Zauberschiffe 06 - Herrscher der drei Reiche
Autoren: Robin Hobb
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Ein Mann in einer Ecke flickte eine Segeltuchhose. Drei andere hockten um eine Kiste herum und spielten ein Stabspiel. Als Malta eintrat, wandten sich ihr alle Gesichter zu.
    Einer, ein blonder Matrose ungefähr in ihrem Alter, wagte es, sie anzugrinsen. Sein schmutziges, gestreiftes Hemd war weit aufgeknöpft. Sie hob das Kinn und stellte sich ihre glitzernden Ringe und ihre Blütenkrone vor. Weder lächelte sie, noch senkte sie den Blick. Stattdessen bemühte sie sich, den missbilligenden Blick ihrer Mutter zu imitieren, wenn sie untätige Diener bemerkte. »Leu-fay!«
    »Leu-fay?« , fragte ein grauhaariger Mann an dem improvisierten Spieltisch ungläubig. Er hob erstaunt die buschigen Augenbrauen unter seinem kahlen Schädel. Die anderen Männer an der Kiste kicherten.
    Malta riss sich zusammen und ließ sich nichts anmerken. Nur ihr Blick wurde kälter. »Leu-fay!« , wiederholte sie beharrlich.
    Der Blonde seufzte, zuckte mit den Schultern und stand auf.
    Als er auf Malta zuging, musste sie sich dazu zwingen, nicht zurückzuweichen. Sie musste zu ihm aufblicken, um ihm in die Augen zu sehen. Es fiel ihr schwer, ihre Haltung aufrechtzuerhalten. Als er ihren Arm packen wollte, schlug sie seine Hand verächtlich weg. Mit blitzenden Augen legte sie zwei Finger auf ihre Brust. »Satrap«, erklärte sie kalt. » Leufay! Sofort!«, fuhr sie ihn an. Es kümmerte sie nicht, ob er ihre Worte verstand. Der blonde Matrose warf einen Blick auf seine Kumpane und zuckte erneut mit den Schultern. Aber er versuchte nicht noch einmal, sie zu berühren. Stattdessen deutete er an ihr vorbei. Mit einer kurzen Handbewegung beschied sie ihm, dass er vorgehen sollte. Sie konnte es jetzt nicht ertragen, wenn jemand hinter ihr ging.
    Er führte sie rasch durch das Schiff. Über eine Leiter traten sie auf das windgepeitschte Deck hinaus. Ihr schwindelte von der frischen, kalten Luft, dem Geruch von Salzwasser und bei dem Anblick der Sonne, die hinter einer rosa gefärbten Wolkenbank unterging. Ihr Herzschlag beschleunigte sich.
    Süden. Das Schiff fuhr nach Süden, nach Jamaillia, nicht nach Chalced. Bestand vielleicht eine schwache Chance, dass ein Bingtowner Schiff auf sie stieß und versuchte, sie aufzuhalten?
    Sie ging langsamer und hoffte, einen Blick auf Land erhaschen zu können, aber die See verschmolz am Horizont mit dem Himmel. Sie wusste nicht einmal annähernd, wo sie sich befanden. Mit einigen rascheren Schritten holte Malta ihren Führer wieder ein.
    Er führte sie zu einem großen, stämmigen Mann, der einige Matrosen dabei beaufsichtigte, wie sie Tauenden spleißten. Der Seemann nickte dem Mann zu, deutete auf Malta und ratterte etwas herunter, wovon Malta nur ein Wort verstand. »Leu-fay.« Der Mann musterte sie anzüglich von oben bis unten, aber sie erwiderte diesen Blick nur hochmütig. »Was willst du?«, fragte er sie.
    Sie musste all ihren Mut zusammennehmen. »Ich will mit Eurem Kapitän sprechen.« Sie vermutete, dass der Seemann sie zu einem Maat gebracht hatte.
    »Sag mir, was du willst.« Er hatte einen fürchterlichen Akzent, aber sie verstand ihn zumindest.
    Malta faltete die Hände vor ihrer Brust. »Ich will mit Eurem Kapitän sprechen.« Sie redete langsam und deutlich, als wäre er geistig zurückgeblieben.
    »Sag es mir!«, wiederholte er hartnäckig.
    Jetzt betrachtete sie ihn von oben bis unten. »Ganz bestimmt nicht!«, fuhr sie ihn an, warf den Kopf in den Nacken und wirbelte mit einer Bewegung herum, die sie und Delo seit ihrem neunten Lebensjahr geübt hatten. Hätte sie ein ordentliches Kleid getragen, hätte der Rock gerauscht. Dann ging sie hoch erhobenen Hauptes davon, obwohl sich ihr beinahe die Brust zusammenschnürte. Sie versuchte sich daran zu erinnern, aus welcher Luke sie heraufgekommen war, als er ihr nachrief: »Warte!«
    Sie blieb stehen und sah ihn langsam über die Schulter hinweg an. Fragend hob sie eine Braue.
    »Komm zurück. Ich bringe dich zu Kapitän Deiari.« Er unterstrich seine Worte mit den Händen, um sicherzugehen, dass sie ihn auch verstand.
    Malta ließ ihn einen Moment zappeln und mit den Händen fuchteln, bis sie gemessenen Schrittes wieder zu ihm zurückging.
    Die Kapitänskajüte im Heck war im Vergleich zu der Kammer, die sie mit dem Satrapen teilte, verschwenderisch eingerichtet. Sie hatte ein großes Fenster, ein schwerer Teppich bedeckte den Boden, und einige gemütlich wirkende Stühle standen herum. In der Kabine roch es angenehm nach Tabak und anderen
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