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Zauberschiffe 06 - Herrscher der drei Reiche

Titel: Zauberschiffe 06 - Herrscher der drei Reiche
Autoren: Robin Hobb
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So, hier war sie also, auf einem Schiff gefangen, Sa allein wusste wo, in Lumpen gekleidet, mit einem entstellten Gesicht, ihrer Rechte und ihres Ranges als Händlertochter beraubt und in der Gesellschaft eines unerträglich eitlen, idiotischen Jungen. Sie konnte sich wohl kaum darauf verlassen, dass er ihre Umstände verbesserte. Er lag nur in seiner Koje und beschwerte sich darüber, dass man den Satrapen von Jamaillia nicht so behandeln dürfe. Er hatte offenbar immer noch nicht begriffen, dass sie Gefangene der Chalcedeaner waren.
    Malta betrachtete Cosgo und versuchte, ihn unvoreingenommen zu sehen. Er war blass und dürr geworden.
    Wenn sie es sich genau überlegte, hatte er sich gestern gar nicht mehr so oft beschwert. Und er versuchte nicht mehr, sich zu pflegen. In den ersten Tagen an Bord hatte er noch versucht, den äußeren Schein zu wahren. Da es weder Kämme noch Bürsten gab, befahl er Malta, sein offenes Haar mit ihren Fingern zu kämmen. Sie hatte zwar gehorcht, aber es war ihr schwer gefallen, ihren Widerwillen zu verbergen. Zu offensichtlich hatte er ihre Berührung genossen und sich an sie gelehnt, als sie sich auf den Rand seiner Koje gesetzt hatte. Er hatte mit ihr geflirtet, sie geneckt und ihr vorausgesagt, dass sie sich eines Tages anderen gegenüber damit brüsten würde, wie sie sich in Zeiten der Entbehrung um den Satrapen gekümmert hatte. Aber er wollte allen erzählen, wie elend sie versagt hatte, als Untertanin und als Frau. Es sei denn… Er hatte ihr Handgelenk gepackt und ihre Hand an die Stelle führen wollen, an die Malta sie auf keinen Fall legen wollte. Sie hatte sich losgerissen und war vor ihm zurückgewichen.
    Aber das war noch vor dem Ausbruch der Seekrankheit gewesen. Seit ihn diese Krankheit gepackt hatte, war er jeden Tag ruhiger geworden. Plötzlich bekam Malta Angst. Wenn er starb, was wurde dann aus ihr? Schwach erinnerte sie sich an etwas, was Kekki ihr auf der Galeone gesagt hatte… Sie runzelte angestrengt die Stirn, dann fielen ihr die Worte wieder ein: »Seine Position wird uns beschützen, wenn wir ihn schützen.« Unvermittelt richtete sich Malta auf und starrte den Satrapen an. Hier nützte es ihr nichts, wenn sie sich wie eine Bingtown-Händlerin benahm. Um auf diesem Schiff zu überleben, musste sie wie eine Chalcedeanerin denken.
    Malta trat zu der Koje und beugte sich über den Satrapen.
    Seine geschlossenen Lider waren blau angelaufen, und er umklammerte die Decke mit seinen dünnen Händen. Auch wenn sie ihn abgrundtief verabscheute, sie bemitleidete ihn unwillkürlich. Wie hatte sie nur auf die Idee kommen können, dass er etwas für sie tun könnte? Wenn jemand ihre Lage verbessern konnte, dann sie. Und das war genau das, was der Satrap erwartete: dass seine Gefährtinnen sich um seine Belange kümmern. Malta begriff, dass dies vor allem die Chalcedeaner erwartet hatten. Doch sie hatte sich in ihrer Kabine verkrochen, statt wütend zu verlangen, dass man ihren Mann besser behandelte. Chalcedeaner würden keinen Mann respektieren, dessen eigene Frau seine Macht anzweifelte. Der Satrap hatte Recht gehabt. Sie – nicht er – war für diese miserable Behandlung verantwortlich. Hoffentlich war es noch nicht zu spät, seine Ehre wiederherzustellen.
    Sie zog ihm trotz seines schwachen Protestes die Decke weg.
    Dann legte sie dem Satrapen die Hand auf die Stirn, wie sie es ihre Mutter hatte tun sehen, wenn Selden krank war.
    Anschließend tastete sie seine Achselhöhlen ab, konnte aber weder Fieber noch Schwellungen feststellen. Sehr vorsichtig klopfte sie gegen seine Wange, bis er schließlich die Augen aufschlug. Das Weiß war gelblich, und als er sprach, schlug ihr sein fauliger Atem entgegen. »Lass mich in Ruhe!«, sagte er und zog an der Decke.
    »Wenn ich das tue, werdet Ihr bedauerlicherweise sterben, gefeierter Herr.« Sie versuchte, ihm gegenüber den Ton anzuschlagen, den Kekki immer benutzt hatte. »Es bedrückt mich unaussprechlich, mit ansehen zu müssen, wie Ihr misshandelt werdet. Ich werde mein Leben riskieren und zum Kapitän gehen, um dagegen zu protestieren.« Der Gedanke, sich allein auf das Deck hinauszuwagen, entsetzte sie, aber sie wusste, dass es ihre einzige Chance war. Sie sprach sich die Worte vor, die sie dem Mann ins Gesicht schleudern wollte, vorausgesetzt, sie fand den Mut dazu. »Er ist ein Narr, den Satrapen von Jamaillia so beschämend zu behandeln! Er verdient den Tod, und mit ihm sollen seine Ehre und sein Name
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