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Zauberschiffe 01 - Der Ring der Händler

Titel: Zauberschiffe 01 - Der Ring der Händler
Autoren: Robin Hobb
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Treibholz gerichtet, die den höchsten Stand des Wassers markierte. Die Gezeiten wechselten gerade, und der sehnsüchtige Schlag der Wellen gegen das Land wurde immer kürzer. In dem Maß, in dem sich das Salzwasser vor dem schwarzen Strand zurückzog, entblößte es auch die verblichenen Schieferplatten und Knäuel von Seetang, die jetzt noch in den Fluten verborgen waren.
    Auf der anderen Seite von Anderland ankerte seine Zweimastbark in der Bucht der Tücke. Er hatte die Marietta hier vor Anker gesetzt, als die Morgenwinde den letzten Rest des Sturms vom Himmel geblasen hatten. Da war die Flut noch im Steigen begriffen, und die scharfen Kliffe der berüchtigten Bucht hatten sich missmutig unter das schaumige, grüne Band zurückgezogen. Das Beiboot des Schiffes mit ihm und Gankis an Bord war über die muschelübersäten Felsen geschrammt und hatte sich dazwischen hindurchgemogelt, um die beiden auf dem winzigen schwarzen Sandstrand abzusetzen, der vollkommen verschwand, wenn der Sturm die Wellen weit über die Hochwassermarkierung hinauftrieb. Darüber erhoben sich drohend die Schieferklippen. Immergrüne Pflanzen, die so dunkel waren, dass sie beinahe schwarz wirkten, trotzten den vorherrschenden Winden.
    Kennit besaß zwar Nerven aus Stahl, aber selbst ihm kam es so vor, als träten sie in das weit aufgerissene Maul einer Kreatur.
    Sie hatten Opal bei der Gig gelassen, damit ihr nicht dasselbe widerfuhr, was so oft unbewachten Booten in der Bucht der Tücke zustieß. Und zum sichtlichen Unbehagen des Schiffsjungen hatte Kennit Gankis befohlen, ihn zu begleiten und das Boot und den Jungen allein zurückzulassen. Als Kennit einen letzten Blick zurückwarf, sah er, wie der Junge in dem Boot kauerte, das schief am Strand lag. Abwechselnd hatte er furchtsam über die Schulter zu den bewaldeten Klippenspitzen gespäht, und dann wieder angestrengt hinaus auf die Bucht geblickt, wo die Marietta sich gegen ihre Ankerkette stemmte.
    Als sehne sie sich danach, den Strömungen aus der Mündung der Bucht hinauszufolgen.
    Die Gefahren, die einen beim Besuch dieser Insel erwarteten, waren legendär. Es waren nicht nur die Unwirtlichkeit des »besten« Ankerplatzes auf der Insel oder die merkwürdigen Unfälle, die bekanntermaßen Schiffen und Besatzungen zustießen. Die ganze Insel war von der seltsamen Magie der Anderen überzogen. Kennit hatte gemerkt, wie sie an ihm zog und zupfte, während Gankis und er dem Pfad folgten, der von der Bucht der Tücke zum Strand der Schätze führte. Für einen Weg, der nur selten genutzt wurde, war er wunderlich frei von Blättern oder wuchernden Pflanzen. Von den Blättern über ihnen fielen die letzten Regentropfen des nächtlichen Sturms auf Farne, die bereits mit den kristallenen Tropfen schwer beladen waren. Die Luft war kühl und erfüllt von Leben. Bunte Blumen wuchsen in mindestens einer Körperlänge vom Wegrand entfernt und spotteten der Dunkelheit des schattigen Waldbodens. Ihre verführerischen Düfte erfüllten die Morgenluft, als wollten sie die Männer verlocken, vom Weg abzuweichen und ihre Welt zu erforschen. Weniger zuträglich sahen hingegen die orangefarbenen Pilze aus, die sich wie Treppen um die Stämme vieler Bäume wanden. Die schockierende Brillanz ihrer Farbe verriet Kennit den Hunger des Parasiten. Ein Spinnennetz hing vor ihnen über den Weg und zwang sie, sich zu ducken. Es war wie die Farne mit schillernden Regentropfen behangen. Die Spinne, die an seinem Rand hockte, war orangefarben wie die Pilze und beinahe so groß wie die Faust eines Babys. Eine grüne Baumkröte hatte sich in dem klebrigen Netz der Spinne verfangen und versuchte sich zu befreien, doch die Spinne schien das nicht zu interessieren. Gankis gab ein missbilligendes Grunzen von sich, als er sich bückte, um das Netz nicht zu berühren.
    Der Pfad führte direkt durch das Reich der Anderen. Hier konnte ein Mensch die unscharfen Grenzen ihres Territoriums überschreiten. Falls er genug Kühnheit besaß, den gut markierten Pfad zu verlassen, der den Menschen zugewiesen war, und sich in den Wald traute, um die Wesen zu suchen.
    Früher einmal, so berichteten die Legenden, waren auch Helden hierher gekommen. Und zwar nicht, um dem Pfad zu folgen, sondern um ihn vorsätzlich zu verlassen. Sie wollten die Anderen in ihren Höhlen aufspüren und die Weisheit ihrer Göttin suchen, die angeblich in einer Höhle eingesperrt war.
    Oder Geschenke von ihnen verlangen, wie zum Beispiel den Mantel, der
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