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Zauberschiffe 01 - Der Ring der Händler

Titel: Zauberschiffe 01 - Der Ring der Händler
Autoren: Robin Hobb
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Lächeln zur Schau, hinter dem er wie gewohnt seine Gedanken verbarg. Es war eine sorgfältig einstudierte Mimik, die etwas von der trägen Eleganz einer jagenden Katze hatte. Schon seine Körpergröße erlaubte es ihm, auf den Seemann hinabzusehen. Indem er nun noch diese amüsierte Miene zur Schau trug, machte er seine Gefolgsleute glauben, dass es ihnen niemals gelingen konnte, ihn zu überraschen. Er wollte seine Mannschaft in der Überzeugung lassen, dass er nicht nur all ihre Züge voraussehen, sondern auch ihre Gedanken lesen konnte. Eine Mannschaft, die so etwas glaubte, würde weniger schnell meutern, und wenn sie doch aufbegehrten, würde niemand gern den ersten Stein werfen.
    Also behielt er diese Miene bei, während Gankis durch den Sand auf ihn zustolperte. Mehr noch, er schnappte ihm nicht sofort den Schatz weg, sondern ließ den Mann mit ausgestrecktem Arm warten, während er, Kennit, den Gegenstand belustigt betrachtete.
    Doch von dem Augenblick an, als er ihn sah, musste Kennit seine ganze Beherrschung aufbringen, um ihn nicht sofort zu packen. Noch nie hatte er eine so erstaunlich gefertigte Kugel gesehen. Sie war aus Glas, und sie war absolut perfekt. Die Oberfläche wies nicht den kleinsten Kratzer auf. Das Glas selbst schimmerte bläulich, aber die Farbe verschleierte nichts von dem Wunder, das sich im Inneren der Kugel befand. Drei winzige Figürchen in bunten Clowngewändern und mit weiß geschminkten Gesichtern standen auf einer winzigen Bühne und schienen miteinander verbunden zu sein. Wenn Gankis die Kugel in den Händen drehte, setzte er sie in Bewegung. Einer drehte eine Pirouette auf den Zehen, und der Nächste schwang sich über ein Reck. Der Dritte nickte mit dem Kopf im Takt zu den Aktionen der anderen, als wenn alle drei auf eine fröhliche Melodie reagierten, die mit ihnen in der Kugel eingesperrt war.
    Kennit gestattete Gankis, es ihm zweimal vorzuführen. Dann streckte er ohne ein Wort zu sagen mit einer eleganten Bewegung seine Hand mit den langen, schlanken Fingern aus.
    Der Seemann legte den Schatz auf seine Handfläche. Kennit achtete darauf, ja nicht sein überlegenes Lächeln zu verlieren, als er die Kugel gegen die Sonne hielt und die Figuren selbst in Bewegung setzte. »Ein Kinderspielzeug«, meinte er leichthin.
    »Aber nur, wenn das Kind der reichste Prinz der Welt wäre«, bemerkte Gankis kühn. »Es ist viel zu zerbrechlich, um es einem Kind zum Spielen zu geben, Sir. Man braucht es nur einmal fallen zu lassen…«
    »Dennoch scheint es die Fahrt auf den stürmischen Wellen genauso unbeschadet überstanden zu haben wie die harte Landung am Strand«, erklärte Kennit gewollt gutmütig.
    »Wohl wahr, Sir, wohl wahr, aber hier ist schließlich der Strand der Schätze. Fast alles, was hier landet, bleibt heil, jedenfalls nach dem zu urteilen, was ich gehört habe. Das liegt an der Magie dieses Ortes.«
    »Magie.«
    Kennit lächelte noch ein bisschen stärker, während er die Kugel in der Innentasche seiner geräumigen blauen Jacke verschwinden ließ. »Also glaubst du, dass es Magie ist, die diesen Tand an den Strand spült, ja?«
    »Was denn sonst, Käpt’n? Wenn es mit rechten Dingen zugehen würde, müsste diese Kugel in Stücke zerschmettert oder zumindest vom Sand zerschrammt worden sein. Stattdessen sieht sie aus, als käme sie soeben aus einem Schmuckladen.«
    Kennit schüttelte traurig den Kopf. »Magie? Nein, Gankis, hier handelt es sich genauso wenig um Magie wie bei den Sturmfluten vom Orte Shallows oder den reißenden Strömungen, die Segelschiffe auf ihrer Fahrt zu den Inseln vorwärts treiben oder sie auf dem Heimweg aufhalten. Es ist nur ein Trick der Winde, der Strömungen und der Gezeiten. Mehr nicht. Derselbe Trick, der garantiert, dass jedes Schiff, das auf dieser Seite der Insel ankert, noch vor der nächsten Flut an den Strand gespült und zerschmettert wird.«
    »Jawohl, Sir«, stimmte Gankis ihm pflichtschuldigst zu, aber überzeugt wirkte er nicht. Sein Blick glitt verräterisch zu der Tasche, in der der Kapitän die Glaskugel verstaut hatte. Kennits Lächeln vertiefte sich noch.
    »Also? Lunger hier nicht herum. Geh wieder hinauf und such die Dünen ab. Vielleicht findest du ja noch etwas.«
    »Jawohl, Sir.«
    Gankis salutierte, drehte sich nach einem letzten sehnsüchtigen Blick auf die Tasche um und hastete wieder zu den Dünen hinauf. Kennit schob die Hand in die Tasche, liebkoste unbemerkt das glatte, kalte Glas und setzte seinen Marsch den
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