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Zauberschiffe 01 - Der Ring der Händler

Titel: Zauberschiffe 01 - Der Ring der Händler
Autoren: Robin Hobb
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Unsichtbarkeit verlieh, oder Schwerter, die Flammen warfen und jede Panzerung durchschlugen. Barden, die es gewagt hatten, diesen Weg zu gehen, verfügten, wenn sie nach Hause kamen, über Stimmen, die das Ohr eines Mannes zerschmettern konnten oder aber jeden Zuhörer mit ihrer Kunstfertigkeit dahinschmelzen ließen. Alle kannten die uralte Sage von Kaven Ravenlock, der über ein halbes Jahrhundert bei den Anderen geblieben und zurückgekehrt war, als wäre für ihn ein Tag vergangen. Seine Haare hatten die Farbe von Gold, seine Augen glühten wie Kohlen, und seine Lieder waren von Wahrheit erfüllt. Sie verkündeten in komplizierten Reimen die Zukunft. Kennit schnaubte verächtlich. Alle kannten diese alte Märchen, aber wenn zu seinen Lebzeiten jemals ein Mann diesen Weg verlassen hatte, hatte er es bestimmt niemandem erzählt. Vielleicht war auch niemand jemals zurückgekehrt, um damit zu prahlen. Der Pirat schob diese Gedanken beiseite. Er war nicht auf die Insel gekommen, um den Pfad zu verlassen, sondern um ihm bis ans Ende zu folgen. Denn es war allgemein bekannt, was dort wartete.
    Kennit folgte dem Schotterweg, der sich durch die bewaldeten Hügel des Inneren der Insel schlängelte, bis der gewundene Pfad sie schließlich auf einer kargen Hochebene ausspie, die eine langgezogene, offene Bucht einrahmte. Sie lag genau gegenüber der anderen Bucht der winzigen Insel.
    Die Legenden besagten, dass jedes Schiff, das hier ankerte, als Nächstes nur noch die Unterwelt anlaufen würde. Kennit hatte keine Aufzeichnungen von irgendeinem Schiff gefunden, das es gewagt hätte, den Wahrheitsgehalt diese Gerüchtes zu überprüfen. Falls Seeleute es dennoch versucht hatten, war ihre Kühnheit mit ihnen zum Teufel gegangen.
    Über den blauen Himmel zogen noch einige Wolken von dem nächtlichen Sturm. Die lange Kurve aus Felsen und Sand wurde nur von einem Fluss unterbrochen, der sich durch das hohe, grasige Ufer fraß, das den Strand säumte. Er schlängelte sich durch den Sand und mündete schließlich im Meer. In größerer Entfernung erhoben sich die hohen Klippen aus schwarzem Schiefer und markierten das Ende des sichelförmigen Strandes. Ein spitzer Turm aus Schiefer stand von der Insel gelöst im Meer. Er war schief und durch ein kleines Stück Strand von dem Mutterkliff getrennt.
    Dieser Spalt im Kliff umrahmte eine blaue Scheibe des Himmels und der rastlosen See.
    »Gestern Abend hatten wir ganz schön Wind und Wellen, Sir. Manche sagen, dass die Bucht der Schätze am besten von den grasigen Dünen hier oben zu begehen ist… Angeblich werfen bei einem kräftigen Sturm die Wellen die Dinge bis hier oben hinauf, zerbrechliche Dinge, von denen man eher glaubt, dass sie an Felsen und so zerschmettert werden. Aber stattdessen landen sie auf dem Riedgras hier oben, und zwar so richtig sanft.«
    Gankis stieß die Worte keuchend hervor, während er versuchte, Kennit zu folgen. Er musste sich abmühen, um mit dem langbeinigen Piraten Schritt zu halten. »Mein Onkel sagte, er würde einen Mann kennen, der eine kleine Holzkiste hier oben gefunden hätte. Glänzend schwarz und ganz und gar mit Blumen bemalt. Drinnen wäre eine kleine Glasstatue einer Frau mit Schmetterlingsflügeln gewesen. Aber es war nicht einfach nur durchsichtiges Glas, o nein. Die Farben der Flügel waren direkt in dem Glas gewirbelt, waren sie wirklich.«
    Gankis blieb bei seinem Bericht stehen und hob den Kopf, als er vorsichtig seinen Herrn ansah. »Möchtet Ihr wissen, was die Anderen daraus weissagten?«, fragte er zurückhaltend.
    Kennit blieb stehen und stieß mit seiner Stiefelspitze gegen eine Furche in dem nassen Sand. Das Glitzern von Gold belohnte ihn. Er bückte sich lässig und schob seinen Finger unter eine prachtvolle Goldkette. Als er sie anhob, zog er damit auch ein Medaillon aus dem sandigen Grab. Er wischte es an seiner vornehmen Leinenhose ab und versuchte sich dann ungeschickt an dem winzigen Verschluss. Die goldenen Hälften klappten auf. Das Salzwasser hatte die Ränder des Medaillons durchdrungen, aber das Porträt einer jungen Frau lächelte ihn noch gut erkennbar an. Ihr Blick war sowohl fröhlich als auch schüchtern zurückweisend. Kennit knurrte anerkennend über seinen Fund und schob ihn in die Tasche seiner bestickten Weste.
    »Käpt’n, Ihr wisst doch, dass sie Euch das nicht behalten lassen. Niemand behält irgendwas vom Strand der Schätze«, meinte Gankis mit vorsichtigem Nachdruck.
    »Ach, erlauben sie das nicht?«,
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