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Zauberkusse

Zauberkusse

Titel: Zauberkusse
Autoren: Voosen Jana
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Espenlaub zitternden Jüngling an den Tresen, um ihm den allerersten Kaffee aus meiner funkelnagelneuen Hightechmaschine zu brühen.
    »Und?«, erkundige ich mich aufgeregt, kaum, dass er den ersten Schluck genommen hat.
    »Super«, schwärmt er, »wirklich köstlich.« Ich beginne ihm die Geschichte von meiner Odyssee durch die verschiedenen Sorten von Kaffee zu erzählen, bis ich merke, dass ihn das wahrscheinlich nicht die Bohne interessiert und helfe ihm dann, das falsche Schild wieder auf seine Ladefläche zu bugsieren. Kaum ist er damit davongebraust, hänge ich mich an die Strippe und stauche die Auftragsannahme des Schilderdienstes zusammen, die mir beteuert, dass der Fehler ganz auf ihrer Seite liegt und dass das richtige Schild morgen geliefert wird. Na also, geht doch!
     
    »Ich bin ein solcher Vollidiot«, fluche ich unterdrückt vor mich hin, als ich mich dem unvermeidlichen Stauende nähere, das sich wie jeden Samstagvormittag etwa fünf Kilometer vor der Autobahnausfahrt Schnelsen-Nord befindet. Direkt an dieser Abfahrt befindet sich nämlich Ikea und wo verbringt der durchschnittliche Deutsche am liebsten sein Wochenende? Genau! Beim schwedischen Möbellieferanten. Nun steh ich hier, und das alles für ein paar Kerzen. Aber heute Abend ist die Eröffnung der »Hexenküche«, und die soll natürlich einladend in das warme Licht Hunderter von Teelichtern gehüllt sein. Nur blöd, wenn die Geschäftsinhaberin genau selbige zu kaufen vergessen hat. Im Schritttempo geht es voran und neben meiner Vergesslichkeit verfluche ich jetzt auch noch meinen Geiz, der mich angetrieben hat, wegen ein paar gesparter Cents den ganzen Weg nach Schnelsen rauszufahren, anstatt mich bei Karstadt um die Ecke mit den fehlenden Lichtspendern einzudecken. Um mich zu beschäftigen, rechne ich Benzinverbrauch und Ersparnis gegeneinander auf. Das Ergebnis ist niederschmetternd. Vom Zeitaufwand ganz zu schweigen. Als hätte ich nicht noch tausend andere Dinge zu erledigen, so kurz vor der Eröffnung. Was soll’s? Umkehren kann ich jetzt auch nicht mehr. Der Parkplatz, auf den ich meine alte Möhre schließlich lenke, ist so weit vom Eingang entfernt, dass ich auch gleich hätte zu Fuß gehen können. Zumindest kommt es mir so vor. Im Laufschritt hetze ich durch die Markthalle, wende den Blick weder nach links noch nach rechts. He, Moment mal, die dunkelrote, sternförmige Lampe da hinten muss ich haben, die macht sich bestimmt super am Ende des Tresens. Nun aber weiter! Beim Anblick des Paxnexus-Kleiderschrankes durchzuckt mich kurz die Erinnerung an Gregor, dieser Mistkerl! Schnell verscheuche ich sein Konterfei aus meinen Gedanken. Die Treppe herunter und einen Wagen geschnappt. Ein Gemisch aus Vanille-, Erdbeer-, Apfel- und Lavendelaromen steigt mir in die Nase und schon stehe ich mitten im Kerzenparadies. Ich lade mir den Einkaufswagen mit roten Teelichtern und weißen Leuchterkerzen voll und steuere ihn durch die Menschenmassen, vorbei an Beleuchtung, Textilien & Teppiche, Dekoration und mit voller Fahrt rein in den nächsten Stau. Den an der Kasse nämlich. Leider schätze ich den Schwung, den so ein vollbeladener Einkaufswagen entwickelt, nicht richtig ein und fahre ihn der jungen Frau am Ende der Schlange mit Wucht in die Hacken. Ihr Aufschrei gellt durch die Halle und ich schreie entsetzt mit:
    »Oh mein Gott, entschuldigen Sie b…!« Das Wort bleibt mir im Halse stecken, als sie sich zu mir umdreht und ich in das schmerzverzerrte Gesicht von Anna sehe. »Oh.« Mehr bringe ich nicht heraus, während sie auf einem Fuß hüpft und sich die Ferse des anderen reibt.
    »Ja. Oh«, faucht sie mich an.
    »Tut mir echt leid«, murmele ich betreten. Die Leute um uns herum sehen sich neugierig nach uns um.
    »Setz es einfach auf die Liste der Dinge, die dir leid tun sollten«, sagt sie schnippisch und dreht mir abrupt den Rücken zu. Unendlich langsam bewegt sich die Schlange vorwärts, während ich wie hypnotisiert auf die Frau vor mir starre. Meine gute Laune ist verflogen. Was hat sie denn nur? In Lorettas Kanzlei hat sie sich doch sogar noch bei mir bedankt. Wofür, das habe ich bis heute noch nicht ganz verstanden und es ist auch nicht so, dass ich meine, ihre Dankbarkeit zu verdienen, aber … In diesem Moment wendet sich Anna mit zornesfunkelnden Augen wieder zu mir um:
    »Wie ich höre, hat Gregor ja in deinem Bett gleich ein warmes Plätzchen gefunden, nachdem ich ihn rausgeworfen habe«, meint sie bissig und sieht mich
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