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Zauber einer Winternacht

Zauber einer Winternacht

Titel: Zauber einer Winternacht
Autoren: Nora Roberts
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würde Ihr Privatleben mich überhaupt nichts angehen, aber momentan befinden Sie sich unter meinem Dach. Und wie es aussieht, werden Sie es noch eine Weile bleiben.«
    »Ich lüge Sie nicht an.« Ihr Tonfall war so ruhig, so ausgeglichen, dass er ihr fast geglaubt hätte. »Es tut mir leid, wenn ich Sie beunruhigt habe.«
    »Vor wem laufen Sie davon, Laura?«
    Sie erwiderte nichts, sondern starrte ihn nur aus dunkelblauen Augen an. Er murmelte einen Fluch, aber sie zuckte mit keiner Wimper.
    Abrupt ließ er sie aufs Bett zurückfallen und blickte auf sie herunter. Sie erstarrte, und Gabriel hätte schwören können, dass sie sogar sekundenlang zu atmen aufhörte. Es war lächerlich, aber es kam ihm vor, als würde sie sich darauf vorbereiten, jeden Moment geschlagen zu werden.
    »Ich weiß, dass Sie Probleme haben. Was ich wissen möchte, ist, wie groß diese Probleme sind. Wer verfolgt Sie, und warum?«
    Sie schwieg weiter, aber ihre Hand wanderte automatisch zu ihrem Bauch.
    Offenbar hatten ihre Probleme in erster Linie mit dem Baby zu tun. Gabriel beschloss, genau dort anzusetzen. »Das Baby hat einen Vater«, sagte er ruhig. »Ist er es, vor dem Sie fortlaufen?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Vor wem dann?«
    »Es ist ziemlich kompliziert.«
    Er zog eine Braue hoch und wies mit dem Kopf auf das Fenster. »Hier oben haben wir genügend Zeit. Wenn es so weiterschneit, kann es eine Woche dauern, bis die Straßen wieder befahrbar sind.«
    »Sobald das der Fall ist, fahre ich. Je weniger Sie wissen, desto besser ist es für uns beide.«
    »Die Nummer zieht bei mir nicht.« Er schwieg einen Moment lang, um seine Gedanken zu sortieren. »Mir scheint, das Baby bedeutet Ihnen sehr viel.«
    »Nichts könnte mir mehr bedeuten.«
    »Meinen Sie, dass der Stress, den Sie offenbar im Kopf mit sich herumschleppen, für das Baby gut ist?«
    In ihren Augen sah er die Sorge, die Angst, aber er sah auch, wie sie sich in sich selbst zurückzuziehen begann. »Es gibt Dinge, die nicht zu ändern sind.« Sie holte tief Luft. »Sie haben ein Recht, mir Fragen zu stellen.«
    »Aber Sie haben nicht vor, sie mir zu beantworten.«
    »Ich kenne Sie nicht. Ich muss Ihnen vertrauen, bis zu einem gewissen Punkt jedenfalls, weil mir keine andere Wahl bleibt. Ich kann Sie bloß bitten, das Gleiche zu tun.«
    Er legte kurz seine Hand an ihre Wange. »Warum sollte ich?«
    Sie presste die Lippen aufeinander. Sie wusste, dass er recht hatte. Aber recht zu haben reichte manchmal eben nicht. »Ich habe kein Verbrechen begangen und werde nicht polizeilich gesucht. Es gibt keine Familie, keinen Mann, der nach mir sucht. Ist das genug für Sie?«
    »Nein. Aber für heute begnüge ich mich damit, denn Sie brauchen Ihren Schlaf. Morgen früh reden wir weiter.«
    Es war eine Gnadenfrist, eine kurze nur, aber sie hatte gelernt, auch für kleine Dinge dankbar zu sein. Sie nickte und wartete darauf, dass er ging. Als die Tür sich hinter ihm schloss und das Zimmer wieder im Dunkeln lag, ließ sie sich ins Kissen zurücksinken. Aber es dauerte lange, sehr lange sogar, bis sie endlich einschlief.
    Es war ruhig, absolut ruhig, als Laura erwachte. Sie öffnete die Augen und wartete darauf, dass die Erinnerung einsetzte. Sie hatte in so vielen Räumen, an so vielen Orten geschlafen, dass sie sich bereits an die leichte Verwirrung beim Aufwachen gewöhnt hatte.
    Jetzt fiel ihr alles wieder ein … Gabriel Bradley, der Schneesturm, die Hütte, der Albtraum. Und das Gefühl, voller Angst aufzuwachen und sich plötzlich in seinen Armen geborgen zu fühlen. Aber die Geborgenheit war nur vorübergehend, und seine Arme waren nicht für sie gedacht. Seufzend drehte sie den Kopf, um aus dem Fenster zu sehen.
    Es schneite noch immer. Sie konnte es kaum glauben und beobachtete, wie die großen Flocken vom Himmel segelten, langsamer zwar und nicht mehr so dick, aber dafür unaufhörlich. Heute würde sie also nicht wegkommen.
    Sie stützte das Kinn auf die Hand. Es war so leicht, sich zu wünschen, der Schnee möge niemals aufhören, aber dafür die Zeit. Dann könnte sie hierbleiben, in der sicheren Isolation, wie in einen Kokon eingesponnen. Doch die Zeit stand nicht still, das bewies das Kind, das sie in sich trug. Sie stand auf und öffnete ihren Koffer. Sie würde sich zurechtmachen, bevor sie Gabriel gegenübertrat.
    Die Hütte war leer. Eigentlich hätte sie darüber froh sein sollen, doch das gemütlich flackernde Feuer und das polierte Holz gaben ihr ein Gefühl der
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