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Zauber einer Winternacht

Zauber einer Winternacht

Titel: Zauber einer Winternacht
Autoren: Nora Roberts
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weder ein barmherziger noch sonst einer. Und ich habe genug eigene Probleme, um mir nicht noch die anderer Leute aufzuhalsen. Aber es ist nun einmal eine Tatsache, dass Sie hier bei mir sind, und ich möchte wissen, wer Sie sind.«
    Sie war erschöpft, vom Weglaufen, vom Sichverstecken, von all dem, mit dem sie allein fertig werden musste. Sie brauchte jemanden. Jetzt, wo seine Hand auf ihrer lag und er sie ruhig ansah, glaubte sie beinahe, dass er es war, den sie brauchte.
    »Der Vater des Babys ist tot«, begann sie, jedes Wort sorgfältig wählend. Sie würde ihm genug erzählen, um ihn zufriedenzustellen, aber keineswegs alles. »Seine Eltern wollen das Kind. Sie wollen … Ich weiß nicht, vielleicht wollen sie auf diese Weise ihren Sohn ersetzen. Um … um die Erbfolge zu sichern oder so etwas. Sie tun mir leid, aber das Baby ist nun einmal nicht ihr Kind.« Da war er wieder, dieser Blick, entschlossen, fast wild. Wie der einer Tigerin, die ihr Junges verteidigte. »Das Baby gehört mir.«
    »Das kann doch niemand bestreiten. Warum müssen Sie weglaufen?«
    »Sie haben viel Geld, viel Macht.«
    »So?«
    »So?« Ärgerlich zog sie die Hand zurück. Der Kontakt, der sie beide so sehr besänftigt hatte, war unterbrochen. »Sie können das leicht sagen. Sie stammen aus Ihrer Welt. Sie haben immer alles gehabt, brauchten nie zu staunen und sich etwas vergeblich zu wünschen. Leuten wie Ihnen nimmt niemand etwas weg, Gabriel. Niemand würde es wagen. Sie haben keine Ahnung, wie es ist, wenn das eigene Leben von den Launen anderer abhängt.«
    Dass sie das Gefühl nur zu gut kannte war nicht zu übersehen. »Geld zu besitzen bedeutet noch lange nicht, alles zu bekommen, was man will.«
    »Tut es das nicht?« Sie wandte ihm ihre eisige Miene zu. »Sie brauchten einen Ort zum Malen, zum Alleinsein. Mussten Sie lange darüber nachdenken, wie Sie einen bekommen? Mussten Sie Geld sparen, sich einschränken, oder haben Sie einfach nur einen Scheck ausgeschrieben und sind hier eingezogen?«
    »Eine Hütte zu kaufen ist doch wohl etwas anderes, als einer Mutter ihr Baby wegzunehmen.«
    »Für manche Menschen nicht. Eigentum ist schließlich Eigentum«, sagte sie.
    »Machen Sie sich nicht lächerlich.«
    »Geben Sie sich nicht naiver, als Sie sind.«
    Sein Zorn verrauchte, machte Belustigung Platz. »Ein erstklassiger Konter, das muss ich Ihnen lassen. Aber meinen Sie, es ist dem Baby gegenüber fair, auf der Flucht durchs Land zu reisen?«
    »Nein, es ist schrecklich unfair, das weiß ich. Aber es wäre viel schlimmer, aufzugeben und es ihnen auszuliefern. In ein paar Wochen werde ich in Denver in eine Klinik gehen und mein Baby zur Welt bringen. Dann verschwinden wir beide.«
    »Warum sind Sie so verdammt sicher, dass die Ihnen das Kind abnehmen würden, dass sie es überhaupt könnten?«
    »Weil sie es mir gesagt haben. Sie haben mir erklärt, was ihrer Meinung nach das Beste für mich und das Kind sei, sie haben mir sogar Geld angeboten.« Ihre Bitterkeit war schwarz und beißend. »Sie wollten mir mein Baby abkaufen, und als ich das ablehnte, drohten sie damit, es mir einfach wegzunehmen.« Sie wollte die grauenhafte Szene nicht noch einmal durchleben und verdrängte die böse Erinnerung.
    Er spürte, wie sehr ihn diese Menschen, die er nicht einmal kannte, plötzlich anwiderten. Kopfschüttelnd zwang er sich zur Vernunft. »Laura, was immer diese Leute wollen, sie können sich nicht einfach nehmen, was ihnen nicht gehört. Kein Gericht der Welt würde eine Mutter ohne guten Grund ihres Kindes berauben.«
    »Allein kann ich gegen sie nicht gewinnen.« Sie schloss kurz die Augen, weil sie am liebsten den Kopf auf den Tisch gelegt und sich die Angst und die Verbitterung aus dem Leib geweint hätte. »Ich kann sie nicht mit ihren eigenen Mitteln schlagen, Gabriel. Und ich will meinem Kind das alles nicht zumuten. Die Sorgerechtsklagen, die Gerichtsverhandlungen, die Sensationsreporter, den Klatsch, die Gerüchte. Ein Kind braucht ein Zuhause und Liebe und Geborgenheit. Und ich werde dafür sorgen, dass meins das bekommt. Egal, was ich dafür tun muss, egal, wohin ich muss.«
    »Ich will nicht darüber diskutieren, was für Sie und das Kind das Richtige ist. Aber früher oder später werden Sie sich all dem stellen müssen.«
    »Wenn es so weit ist, werde ich das.«
    Er stand auf und ging zum Kamin, um sich eine neue Zigarette anzustecken. Vielleicht sollte er die Sache ruhen lassen, sie und das Baby sich selbst überlassen.
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