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Zaehne und Klauen

Zaehne und Klauen

Titel: Zaehne und Klauen
Autoren: T. C. Boyle
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die ordentlich zusammengelegten, farblich aufeinander abgestimmten kleinen Handtücher im Gästebad meiner Tante und stellte sie dem Bild des schlampigen Lumpens gegenüber, der als Haufen irgendwo in meinem Badezimmer auf dem Boden lag. Vielleicht sollte ich Muffins oder Bagels holen gehen, dachte ich – und ein neues Handtuch. Aber verkauften sie Handtücher bei 7-Eleven? Ich hatte keine Ahnung.
    Wir waren lange aufgeblieben, hatten gemeinsam den letzten heißen Kakao aus der Folienpackung getrunken und über die Katze gesprochen, die uns hier auf meiner schmierigen Couch in meinem halbdunklen Wohnzimmer zusammengeführt hatte, und dann allgemein über unser Leben und unsere Gedanken und Hoffnungen und Ambitionen. Ich erfuhr von ihrer Mutter, ihren beiden Schwestern, den Seminaren, die sie an der Universität belegt hatte. Sie erzählte von Daggett’s, den Stammgästen, den Trinkgeldern – oder ihrem Ausbleiben. Und von ihrem Traum vom eigenen Restaurant. Er war erstaunlich detailliert, bis zu der geplanten Anzahl der Tische, dem Geschirr, dem Besteck und den Bildern an den Wänden, der Dekoration und der Kundschaft – »Ende Zwanzig, Anfang Dreißig, Leute, die Karriere machen, keine Jugendlichen« – und einem Dutzend oder mehr Gerichten, auf die sie sich spezialisieren würde. Meine Pläne waren bescheidener. Ich erzählte, dass ich das städtische College ohne besondere Ziele oder Interessen hinter mich gebracht hatte, dass ich für einen Freund meiner Tante und meines Onkels Fliesen legte; dass ich hoffte, die Küste hinauf nach Oregon zu fahren. Ich hatte eine Menge über Oregon gehört, sagte ich. Sehr sauber. Sehr natürlich dort oben. War sie schon mal in Oregon gewesen? Nein, aber sie würde es gern sehen. Ich erinnere mich, dass ich ihr riet, ihr Restaurant dort oben aufzumachen, irgendwo am Wasser, wo die Leute hinausschauen und die Aussicht genießen könnten. »Ja«, sagte sie, »ja, das wäre cool«, und dann gähnte sie und ließ den Kopf auf das Kissen sinken.
    Ich wollte gerade aufstehen und ins Bad gehen, um nachzusehen, was ich mit dem Handtuch machen könnte, ich dachte vage daran, Rasierwasser daraufzuspritzen, um mögliche offensive Gerüche zu übertönen, als sie die Augen aufschlug. Sie sagte weder meinen Namen, noch wunderte sie sich, wo sie war, noch wollte sie Frühstück oder ins Bad. Sie sagte nur: »Wir müssen die Katze füttern.«
    »Möchtest du keinen Kaffee oder irgendwas – Frühstück? Ich kann Frühstück machen.«
    Sie warf die Decke ab, und ich sah, dass ihre Beine nackt waren – sie trug das T-Shirt von Daggett’s über einem glänzenden schwarzen Slip; ihre Joggingschuhe, Socken und Shorts lagen auf einem Haufen auf dem Teppich. »Gut«, sagte sie, »Kaffee klingt gut.« Dann fuhr sie sich mit beiden Händen seitlich durchs Haar und ließ es nach vorne fallen, so dass es ihr Gesicht bedeckte. So saß sie einen Augenblick da, bevor sie sich vorneigte, um eine Haarspange aus ihrer Tasche zu holen, sich zurücklehnte und das Haar in einem Pferdeschwanz zusammenfasste. »Aber ich mache mir Sorgen um die Katze, die neue Umgebung und alles. Das arme Tier – wir hätten es gestern abend füttern sollen.«
    Vielleicht. Und ich wollte ihr bestimmt nicht widersprechen – ich wollte freundlich und charmant sein, ich wollte mich auf jede nur erdenkliche Art und Weise einschmeicheln –, aber in dem Moment, als wir das Tier aus dem Käfig gelassen hatten, waren wir beide so entsetzt über seine Gewalt, dass sich keiner von uns der Herausforderung gewachsen sah, die der Versuch darstellte, es zu füttern. Der Versuch, es zu füttern, bedeutete, dass wir die Tür wieder öffnen mussten, und das erforderte Planung und Einsatz. »Ja«, sagte ich. »Das hätten wir tun sollen. Und das werden wir, das werden wir, aber Kaffee, zuerst Kaffee – möchtest du eine Tasse? Ich kann dir eine Tasse machen.«
    Wir tranken also Kaffee und aßen die Erdbeer-Pop-Tarts, die ich im Schränkchen über der Spüle gefunden hatte, und machten Small Talk, als würden wir schon hundert Morgen in Folge zusammen erwachen, und es war so ruhig und häuslich und richtig, dass ich wünschte, es würde nie enden. Wir sprachen über Jobs und wann sie am Nachmittag anfangen müsste, als sie die Stirn runzelte, mich scharf anblickte und sagte: »Ich wünschte, ich könnte zusehen. Wenn wir sie füttern. Kannst du nicht ein kleines Guckloch in die Tür machen?«
    Ich war dankbar für die Ablenkung, ungeachtet
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