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Zähl nicht die Stunden

Titel: Zähl nicht die Stunden
Autoren: Joy Fielding
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einer Stunde hier?«, fragte Kim, die frisch geduscht und umgezogen, das lange Haar offen unter einer Chicago-Cubs-Mütze, in
    die Küche kam.
    »Auf dem Weg nach Wrigley Field?«, fragte Lisa.
    »Dieses Jahr werden wir gewinnen«, sagte Kim lachend. »Wer ist in
    einer Stunde hier?«, wiederholte sie. »Deine Großmutter.«
    »Grandma Viv? Warum?« Besorgnis blitzte in Kims blauen Augen
    auf.
    »Startklar?« , fragte Jake , als er zu den Frauen in der Küche stieß.
    »Vielleicht sollten wir doch nicht gehen«, sagte Kim.
    »Stimmt irgendwas nicht?«, fragte Jake.
    »Matties Mutter kommt vorbei«, sagte Lisa.
    »Das ist doch großartig. Wo liegt das Problem, Kimmy?«
    »Mama?«, fragte Kim. »Gibt es irgendein Problem?«
    Mattie hob den Blick zu ihrem Mann und ihrer Tochter, und ihre
    Augen waren wie eine gierige Kameralinse, die ein Bild nach dem
    anderen schoss – ihre Gedanken rasten zurück durch die Zeit und
    lüfteten Erinnerung um Erinnerung – das erste Mal, dass sie Jake
    gesehen hatte, das erste Mal, dass sie miteinander geschlafen hatten, das erste Mal, dass sie ihre wunderschöne kleine Tochter in den Armen
    gehalten hatte. »Ich liebe euch beide so sehr«, sagte sie deutlich. »Bitte denkt immer daran, wie sehr ich euch liebe.«
    »Wir lieben dich auch«, sagte Jake und küsste Mattie sanft auf den Mund. »Wir kommen bestimmt nicht zu spät zurück.«
    »Du bist ein wundervoller Mann, Jake Hart«, flüsterte Mattie in sein Ohr und genoss seinen Geschmack , seinen Geruch und seine
    Berührung.
    Kim trat vor ihren Rollstuhl , beugte sich herab und nahm ihre Mutter in die Arme , als wäre sie die Mutter und Mattie das Kind.
    »Sei geduldig mit deinem Vater«, sagte Mattie, bevor das Mädchen
    etwas sagen konnte. »Bitte versuche zu akzeptieren, was immer ihn
    glücklich macht.«
    Kim starrte ihrer Mutter direkt in die Augen. Als ob sie verstehen
    würde. Als ob sie es wüsste. »Du bist die beste Mutter, die man
    überhaupt haben kann«, sagte sie so leise, dass nur Mattie es hören konnte.
    »Mein süßes Baby.« Mattie drückte ihr Gesicht in das Haar ihrer Tochter , merkte sich seine Beschaffenheit und das Gefühl auf ihrer Haut. »Geh jetzt« , drängte sie sanft. »Es wird Zeit.«
    »Ich liebe dich«, sagte Kim.
    »Ich liebe dich«, wiederholte Jake.
    Ich liebe euch, rief Mattie ihnen stumm hinterher und sah ihnen nach, bis sie verschwunden waren, ihre Bilder für immer in ihre Seele gebrannt.
    Passt gut aufeinander auf.
    »Haben Sie etwas gesagt, Mrs. Hart?«, fragte Aurora.
    Mattie schüttelte den Kopf, als sie Aurora mit einer Schale frisch
    gekochter Suppe nahen hörte.
    »Hühnersuppe mit Nudeln. Sehr gut für Sie.« Aurora führte einen
    vollen Löffel zu Matties Mund.
    »Das kann ich machen«, sagte Lisa und nahm Aurora die Schale ab.
    »Warum gehen Sie nicht nach Hause? Ich bleibe bei Mattie, bis ihre
    Mutter kommt.«
    »Sie sicher?« Aurora zögerte und sah Mattie an.
    »Geh ruhig«, erklärte Mattie ihr. »Und danke, Aurora. Danke für
    alles.«
    »Bis morgen.«
    »Lebewohl«, sagte Mattie und sah ihr nach. Ein weiteres Bild für den Skizzenblock ihrer Seele.
    »Suppe«, sagte Lisa, als sie allein waren, und führte den Löffel an
    Matties Lippen. »Riecht sehr lecker.«
    »Danke«, sagte Mattie , sperrte den Mund auf wie ein frisch
    geschlüpfter Vogel und spürte, wie die warme Flüssigkeit durch ihre Kehle sickerte. »Vielen Dank für alles.«
    »Nicht reden. Essen.«
    Mattie ließ sich von Lisa mit der Suppe füttern und sagte nichts mehr, bis die Schale komplett ausgelöffelt war.
    »Da hatte aber jemand Hunger«, bemerkte Lisa, und ihre Lippen
    verzogen sich zitternd zu einem tapferen Lächeln.
    »Du bist eine gute Freundin«, sagte Mattie.
    »Ich hatte ja auch genug Übung«, erinnerte Lisa sie. »Wir kennen uns schon seit Urzeiten. Sind das jetzt wirklich schon mehr als dreißig Jahre?«
    »Dreiunddreißig«, präzisierte Mattie und fragte dann nach kurzem
    Überlegen: »Erinnerst du dich eigentlich noch an unsere erste
    Begegnung?«
    Lisa dachte ihrerseits nach und schüttelte dann schuldbewusst den
    Kopf. »Du?«
    Mattie lächelte. »Nein.«
    Sie lachten beide.
    »Ich weiß nur, dass du schon immer da warst«, sagte Mattie schlicht.
    »Ich liebe dich«, sagte Lisa. »Das weißt du doch, oder?«
    Mattie wusste es. »Ich liebe dich auch«, sagte sie.
    »Danke, dass du gekommen bist«, sagte Mattie zu ihrer Mutter. Viv
    hatte sich sichtlich Mühe mit ihrer Erscheinung gegeben. Sie
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