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Xperten - Der Anfang: Kurzgeschichten

Xperten - Der Anfang: Kurzgeschichten

Titel: Xperten - Der Anfang: Kurzgeschichten
Autoren: Hermann Maurer
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Wirtschaftshistoriker kann ich nur ein bisschen von dem Erstaunen nachempfinden, was die den galaktischen Zoo beobachtenden Biologen offenbar damals fühlten. Für mich bedeutsamer war die Tatsache, dass der galaktische Zoo ein touristischer und damit wirtschaftlicher Hit wurde. Vielleicht haben die Berichte der Biologen über das »größte biologische Experiment ohne jede Schranken« (ich zitiere eine Fachzeitschrift knapp 180 Jahre nach der offiziellen Eröffnung des galaktischen Zoos) auch dazu beigetragen. Eher glaube ich allerdings, dass das geschickte Vermarkten von an sich recht einfachen Zusatzattraktionen ausschlaggebend war. Die »Höhle durch den Mond« (die mit 3.000 Kilometer Gesamtlänge ja zum Beispiel nur ein Zehntel so lang ist wie die berühmte rote Höhle unseres Heimatplaneten) wurde ungerechtfertigt, aber erfolgreich genauso übertrieben beworben wie das Sandsegeln auf Sol 4, wie das »Umsegeln des zweiten Mondes von Sol 4 mit eigener Sprungkraft« (dass der zweite Mond von Sol 4 den Ausdruck »Mond« mit seinen 50 Kilometer Durchmesser gar nicht verdient, wurde wohlweislich verschwiegen) oder wie das »allabendliche Feuerwerk auf Sol 5«, das durch kleinere Atomsprengkörper ausgelöst wurde und von dem Astrophysiker behaupten, dass selbst Hunderte Millionen Jahre nach der Einstellung dieses Feuerwerkunfugs wohl noch immer ein roter Fleck sichtbar bleiben würde. (Eine heutige Expedition zu Sol würde auch diese Frage klären!)
    Die Entwicklung des galaktischen Zoos fiel übrigens mit den in der Geschichte immer wieder feststellbaren dümmlich-heuchlerischen »Schützt die Umwelt«-Wellen zusammen. Während man zuerst Sol mit Tausenden systemfremden Tieren bevölkerte, die Achse von Sol 3 kippte usw., bestand man anschließend darauf, den »natürlichen Zustand« des Sonnensystems möglichst zu erhalten! Als positive Konsequenz wurden alle touristischen Anlagen unter den Oberflächen der Planeten angelegt, wodurch die Firmen auf Centauri 6 die Unteroberflächenbauweise so perfektionieren konnten, dass sie Jahrtausende führend blieben. Dass der Urzustand durch die Einrichtung des Zoos an sich schon völlig vernichtet worden war und in diesem Sinne eine Zerstörung durch Bauten ja gar nicht mehr möglich war, wurde geflissentlich übersehen.
    Aber wir kennen das ja auch aus der Geschichte unseres eigenen Planeten Zentrax 4: Die Rufe nach »Schützt die Natur«, während die Bevölkerung hemmungslos weiter wächst, das Bestreben »Rettet die großen Steppenflächen« (die allerdings erst durch die Abholzung der ursprünglich dort vorherrschenden Wälder entstanden waren) sind genauso gute Beispiele wie die Umweltprobleme, die dadurch ausgelöst wurden, dass man aus unberechtigter Angst vor der Energiegewinnung mittels KS veraltete Nukleartechnologien viel zu lange weiterführte. Aber ich komme vom Thema ab. Und die Tragik-Komödie der Entwicklung von Energiegewinnungsverfahren ist ja im Bericht 211 des IGG »Die Geschichte der Energiegewinnung« im Detail nachzulesen.
    Jedenfalls, der galaktische Zoo wurde ein großer Erfolg und wäre es wohl auch geblieben, hätte nicht etwa 200 Jahre nach seiner Eröffnung die zunehmende Perfektionierung der Feelies den Anreiz zu tatsächlichen Reisen immer mehr verringert. Bis zu einem gewissen Grad ist es heute ja eigentlich unverständlich, dass die Reiselust der Menschen so lange anhielt, wie sie es tat. Schließlich boten dreidimensionale Displayschirme schon Hunderte Jahre lang eine so perfekte Abbildung der Wirklichkeit, dass man sich erstaunt fragen muss, warum viele Menschen strapaziöse Reisen zu Naturphänomenen bevorzugten, obwohl bequem betrachtbare großartig produzierte »virtuelle Wirklichkeiten« oft sehr viel bessere Einblicke boten als eine geführte Tour in einer großen Reisegruppe. Die Möglichkeiten der Feelies aber, zusammen mit einer Gruppe von Freunden ohne Reisen im üblichen Sinn eine sichtbare, berührbare und interaktive Szene zu erleben – und eben zum Beispiel eine beliebige Ansammlung von Tieren sozusagen ins Wohnzimmer zu holen –, versetzte dem Reisetourismus bekanntlich den Todesstoß und damit auch dem galaktischen Zoo.
    Er erlebte den 250. Jahrestag seiner Gründung nicht mehr. Die Anlagen wurden geschlossen, Tier- und Pflanzenwelt sich selbst überlassen und alle Menschen aus dem System abgezogen. Und hier ergibt sich nun jene Situation, die mich seit Jahren peinigt und veranlasst, immer wieder für eine
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