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Xenozid

Xenozid

Titel: Xenozid
Autoren: Card Orson Scott
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Spinne. »Ich wünschte, du könntest mir auf ewig Predigten halten«, sagte Han Fei-tzu.
    »Du hast mich geheiratet, weil du wußtest, daß ich die Götter liebe und daß es dir völlig an der Liebe für sie mangelte. So habe ich dich zu einem vollständigen Menschen gemacht.«
    Wie konnte er mit ihr streiten, wenn er doch wußte, daß er selbst jetzt die Götter für alles haßte, das sie ihm jemals angetan hatten, für alles, wozu sie ihn jemals getrieben hatten, für alles, was sie ihm in seinem Leben gestohlen hatten?
    »Versprich es mir«, sagte Jiang-qing.
    Er wußte, was diese Worte bedeuteten. Sie spürte den Tod auf ihr; sie legte die Last ihres Lebens auf ihn. Diese Last würde er frohen Herzens tragen. Es war der Verlust ihrer Gesellschaft auf dem Weg, wovor er sich seit langem so entsetzlich fürchtete.
    »Versprich mir, daß du Qing-jao lehren wirst, die Götter zu lieben und immer auf dem Weg zu wandeln. Versprich mir, daß du sie genauso zu meiner Tochter machen wirst wie auch zu deiner.«
    »Auch wenn sie nie die Stimme der Götter hören sollte?«
    »Der Weg ist für jeden da, nicht nur für die Gottberührten, für die, zu denen die Götter sprechen.«
    Vielleicht, dachte Han Fei-tzu, doch es war viel leichter für die Gottberührten, dem Weg zu folgen, denn für sie war der Preis, von ihm abzuweichen, schrecklich. Das gewöhnliche Volk war frei; es konnte vom Weg abweichen und würde jahrelang den Schmerz dafür nicht spüren. Doch die Gottberührten konnten nicht einmal eine Stunde lang vom Weg abweichen.
    »Versprich es mir.«
    Ich werde es tun. Ich verspreche es.
    Doch er konnte die Worte nicht laut aussprechen. Er wußte nicht, warum, doch er zögerte.
    Als sie in der Stille auf seinen Eid wartete, hörten sie auf dem Kiesweg vor dem Haus das Geräusch schneller Schritte. Es konnte nur Qing-jao sein, die aus dem Garten Sun Cao-pis nach Hause kam. Nur Qing-jao durfte zu dieser Zeit, da alle ganz besonders leise waren, laufen und Lärm machen. Sie warteten in dem Wissen, daß sie direkt ins Zimmer ihrer Mutter kommen würde.
    Die Tür glitt fast geräuschlos auf. Sogar Qing-jao hatte genug von der Stille erfahren, um ganz leise zu sein, wenn sie in der Nähe ihrer Mutter war. Obwohl sie auf Zehenspitzen ging, konnte sie sich kaum davon abhalten, über den Boden zu tänzeln, ja fast zu springen. Doch sie verzichtete darauf, ihre Mutter zu umarmen; sie erinnerte sich an diese Lektion, obwohl die schreckliche Schwellung, die vor drei Monaten entstanden war, als Qing-jaos eifrige Umarmung ihrer Mutter den Kiefer gebrochen hatte, längst aus Jiang-qings Gesicht verschwunden war.
    »Ich habe im Bach im Garten dreiundzwanzig Karpfen gezählt«, sagte Qing-jao.
    »So viele«, sagte Jiang-qing.
    »Ich glaube, sie haben sich mir gezeigt«, sagte Qing-jao. »Damit ich sie zählen konnte. Keiner von ihnen wollte fehlen.«
    »Ich liebe dich«, flüsterte Jiang-qing.
    Han Fei-tzu hörte ein neues Geräusch in ihrer rasselnden Stimme – ein Knallen, als platzten Blasen bei ihren Worten.
    »Glaubst du, daß ich so viele Karpfen gesehen habe, weil die Götter zu mir sprechen werden?« fragte Qing-jao.
    »Ich werde die Götter bitten, zu dir zu sprechen«, sagte Jiang-qing.
    Plötzlich ging Jiang-qings Atem schnell und hart. Han Fei-tzu kniete augenblicklich nieder und betrachtete seine Frau. Ihre Augen waren groß und voller Angst. Der Augenblick war da.
    Ihre Lippen bewegten sich. Verspreche es mir, sagte sie, obwohl ihr Atem nur noch keuchende Geräusche erzeugen konnte.
    »Ich verspreche es«, sagte Han Fei-tzu.
    Dann hielt ihr Atem inne.
    »Was sagen die Götter, wenn sie zu einem sprechen?« fragte Qing-jao.
    »Deine Mutter ist sehr müde«, sagte Han Fei-tzu. »Du solltest jetzt hinausgehen.«
    »Aber sie hat mir nicht geantwortet. Was sagen die Götter?«
    »Sie verraten Geheimnisse«, sagte Han Fei-tzu. »Niemand sagt sie weiter.«
    Qing-jao nickte altklug. Sie trat einen Schritt zurück, als wolle sie gehen, blieb dann aber stehen. »Darf ich dich küssen, Mama?«
    »Ganz leicht auf die Wange«, sagte Han Fei-tzu.
    Qing-jao, die für eine Vierjährige klein war, mußte sich nicht sehr tief bücken, um ihrer Mutter einen Kuß auf die Wange zu geben. »Ich liebe dich, Mama.«
    »Du gehst jetzt besser, Qing-jao«, sagte Han Fei-tzu.
    »Aber Mama hat nicht gesagt, daß sie mich auch liebt.«
    »Doch, das hat sie. Vorher. Erinnerst du dich? Aber sie ist sehr müde und schwach. Geh jetzt.«
    Er legte genug
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