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Wyrm

Wyrm

Titel: Wyrm
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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vorankam. Trotzdem bereitete ihm jeder Schritt Mühe. Er begann immer mehr zu bezweifeln, dass er oben auf der Straße weit kommen würde, ja, er war nicht einmal mehr ganz sicher, ob er sie wirklich erreichte.
    Weitere zehn Minuten danach fand er seinen Wagen – oder das, was davon übrig war. Der Ford bot einen Anblick des Jammers: Er stand auf blanken Felgen da. Die Sitzpolster waren verschwunden, sodass er nur noch das Metallgestell und die nackten Federn erblickte, und die Holzverkleidung des Armaturenbrettes sah aus, als wäre sie mit Säure überschüttet worden. Die Instrumente hingen an blanken Kabeln heraus oder waren auf den Boden gefallen. Aber der Schlüssel steckte im Schloss.
    Coppelstone betrachtete das, was vor wenigen Tagen noch ein fabrikneues Automobil gewesen war, einen Moment lang nachdenklich, dann umkreiste er es einmal und öffnete schließlich die Motorhaube.
    Karlssons Hammerschlag hatte weitaus weniger Schaden angerichtet, als er angenommen hatte. Der Kühlerschlauch war abgerissen, und der Kühler selbst hatte ebenfalls einen Riss, doch er war nicht besonders groß und befand sich sehr weit oben. Als er den Kühler öffnete, stellte er fest, dass er noch fast zur Gänze mit Wasser gefüllt war. Es würde nicht lange dauern, bis der Motor heißlief und sich die Kolben festfraßen, aber was hatte er zu verlieren? Jede Meile, die er fahrend zurücklegte, war eine gewonnene Meile. Mit einiger Mühe befestigte er den Kühlerschlauch wieder an seinem Platz, schloss die Motorhaube und hievte sich auf die blanken Federn des Fahrersitzes.
    Das Wunder geschah: Als Coppelstone den Schlüssel herumdrehte, sprang der Motor sofort an. Er verlor keine Zeit, sondern legte hastig den Rückwärtsgang ein und rangierte den Ford auf die Teerstraße hinauf.
    Es erwies sich als sehr viel schwieriger, auf blanken Felgen zu fahren, als es sich Coppelstone vorgestellt hatte. Der Wagen schlingerte wild, und das Lenkrad bockte so heftig, dass er es mit aller Gewalt festhalten musste. Unter den blanken Felgen stoben Funken hoch, und mehr als einmal drohte er von der Straße abzukommen und gegen einen Baum zu prallen. Coppelstone argwöhnte, dass er nicht weit genug kommen würde, um den Motor zu ruinieren. Vermutlich würde lange vorher ein Rad oder die Achse brechen. Doch im Moment rollte er, und das allein zählte.
    Um einiges schneller, als er eigentlich verantworten konnte, folgte er den Windungen und Kehren der Teerstrecke. Er verfluchte jede Schleife, die er fuhr, denn sie ging von der Strecke ab, die er sich der Hauptstraße näherte, und die ganze Zeit über lauschte er gebannt auf das Motorengeräusch. Es schien bereits ein wenig härter geworden zu sein; aber möglicherweise bildete er sich das auch nur ein.
    Seiner Schätzung nach musste er die Straße nun bald erreicht haben. Mehr verlangte er auch nicht. Wenn er nur zur Hauptstraße gelangte, war er zufrieden, und vielleicht noch ein, zwei Meilen. Sich mit aller Kraft ans bockende Lenkrad klammernd steuerte er den Wagen um die nächste Biegung … und trat so hart auf die Bremse, dass er gegen das Lenkrad geschleudert wurde und fast vom Sitz gefallen wäre.
    Vor ihm stand Reverend Reeves.
    Coppelstone erkannte ihn fast nur noch an den verkohlten Resten seines schwarzen Gewandes, denn er war fürchterlich verbrannt und hatte eigentlich kein Recht mehr, noch am Leben zu sein oder sich gar aufrecht zu halten. Sein Gesicht war zerstört, eine blutig schwarze Wüste, aus der seine Augen wie geronnene Tümpel herausleuchteten, und seine Finger waren zu schwarzen Stümpfen verkohlt. Er hätte eindeutig nicht mehr leben dürfen. Kein normaler Mensch hätte sich mit diesen Verletzungen hierher quälen können, aber er stand hoch aufgerichtet in der Mitte der Straße und starrte Coppelstone an.
    »Coppelstone!«, schrie er. »Ich verfluche Sie! Was haben Sie getan?!«
    Coppelstone starrte die Grauen erregende Gestalt aus hervorquellenden Augen an. Ein leiser wimmernder Ton kam über seine Lippen, aber das bemerkte er gar nicht. Eine unsichtbare Hand aus Eis schien nach seinem Herzen zu greifen und es langsam zusammenzudrücken. Jeder einzelne Muskel in seinem Körper war verkrampft, und er presste die Kiefer so fest aufeinander, dass sein Zahnfleisch zu bluten begann. Was er sah, war unmöglich . Reeves hatte oben auf dem Tank gestanden, als er das Silo verließ! Kein lebendes Wesen hätte aus dieser Hölle entkommen können!
    Reeves kam mit einem taumelnden
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