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Wyrm

Wyrm

Titel: Wyrm
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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genauso übel und noch viel kraftloser als zuvor, doch zumindest hatte man ihn allein gelassen. Er musste wohl wieder für eine Weile bewusstlos gewesen sein, ohne es überhaupt bemerkt zu haben, denn der Hof glich einem wahren Hexenkessel. Dutzende von Männern rannten schreiend hin und her, schleppten Eimer oder andere Gefäße mit Wasser oder rannten einfach blindlings durcheinander. Das Silo hatte mittlerweile zur Gänze Feuer gefangen. An zahllosen Stellen hatten die Flammen seine Wände durchbrochen, und das Dach musste eingestürzt sein, denn es spuckte Feuer wie ein gewaltiger Kamin. Der Himmel über dem gesamten Tal hatte sich rot gefärbt.
    Niemand schien Notiz von ihm zu nehmen. Coppelstone mobilisierte die in seinem geschundenen Körper noch verbliebenen Kraftreserven, zwang seine Arme und Beine irgendwie, sich zu bewegen, und stemmte sich stöhnend in die Höhe. Es gab keinen Quadratzentimeter an seinem Leib, der nicht entsetzlich wehtat. Wenn er es gekonnt hätte, hätte er ununterbrochen geschrien. Trotzdem kämpfte er sich irgendwie auf die Füße und machte einen ersten, taumelnden Schritt.
    Nachdem er einmal in Bewegung war, ging es etwas besser. Jeder Schritt war die Hölle, aber er zwang sich mit zusammengebissenen Zähnen, immer wieder einen Fuß vor den anderen zu setzen und auf die Lücke im Erdwall zuzutaumeln. Die Farm war verloren. Es war höchstens noch eine Frage von Minuten, bis die Flammen auch auf die anderen Gebäude übergreifen mussten, und dann konnte niemand überleben, der sich im Inneren dieses makaberen Festungswalles befand.
    Coppelstone taumelte weiter. Er fiel ein paarmal auf Hände und Knie, kämpfte sich aber immer wieder hoch und setzte seinen Weg mit einer Verbissenheit fort, die er bei klarem Bewusstsein wohl nie aufgebracht hätte. Irgendwie erreichte er den Wall und die Lücke darin, wandte sich nach rechts und begann den Hang hinaufzutaumeln. Er wusste nicht, warum. Der Weg durch das Tal wäre viel leichter gewesen, doch er schlug ganz instinktiv diese Richtung ein; vielleicht aus dem simplen Grund, weil es die war, aus der er sich der Farm bisher stets genähert hatte, und er nicht mehr klar denken konnte, sondern reagierte wie ein verwundetes Tier, das sich instinktiv in die einzige Richtung schleppte, die es kannte.
    Auf halber Höhe des Hangs verließen ihn endgültig die Kräfte. Er sank auf die Knie, stützte sich noch einen Moment mit der Hand im Gras auf und fiel dann endgültig auf die Seite. Morrisons Farm lag unter ihm.
    Was er erwartet hatte, war eingetreten: Das Feuer hatte auf die anderen Gebäude übergegriffen. Die Farm war zu einem lodernden Inferno geworden, in dessen Mitte das Silo wie ein gigantischer Scheiterhaufen brannte. Auch aus allen anderen Gebäuden schlugen Flammen, und selbst der Erdwall brannte an einigen Stellen. Coppelstone sah, dass der Boden rings um das Silo herum geborsten war und wie in einem unterirdischen unheimlichen Feuer glühte. Ein Spinnennetz gezackter, in greller Weißglut flammender Linien verlief von dort bis zu Morrisons Erdwall, als gäbe es darunter unterirdische Verbindungen, die ebenfalls Feuer gefangen hatten.
    Und dann explodierte die Farm.
    Es geschah ungeheuer schnell und im ersten Moment mit gespenstischer Lautlosigkeit. Das Silo verwandelte sich von einem Sekundenbruchteil auf den anderen in einen weißen, ungeheuer hellen Feuerball, der sich rasend schnell ausbreitete und auf seinem Weg Häuser, Menschen und schließlich den Erdwall verschlang, ehe er zu einer brodelnden Flammenwalze wurde, die sich noch immer ausdehnte.
    Erst dann erreichte der Donner der Explosion den Hang und löschte Coppelstones Bewusstsein auf der Stelle aus.

20
    Die Sonne schien, als er erwachte. Ein sanfter Wind strich den Hang hinauf und brachte einen intensiv stechenden Brandgeruch mit sich. Das Erste, was ihm auffiel, war die unnatürliche Stille. Er öffnete die Augen und blickte in einen wolkenlosen, klaren Himmel, dessen strahlendes Blau der Situation nicht nur vollkommen unangemessen war, sondern ihm für einen Moment beinahe wie böser Hohn vorkam. Außerdem sagte es ihm, dass er sehr lange besinnungslos gewesen sein musste. Der Frühdunst hatte sich bereits verzogen. Es war nicht Morgen, sondern schon Tag.
    Coppelstone richtete sich auf und sah ins Tal hinab.
    Die Farm war verschwunden.
    Er hatte damit gerechnet, sie als Ansammlung verkohlter Ruinen zu erblicken, aber sie war einfach nicht mehr da. Wo das Silo gestanden
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