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Wyoming 2 - Wildes Herz

Titel: Wyoming 2 - Wildes Herz
Autoren: Johanna Lindsey
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er den Krieg überlebt hätte, genau wie sein Stiefvater und sein älterer Bruder - falls sie überlebt hatten. Aber es war noch ärgerlicher, von dieser Erniedrigung verschont geblieben zu sein, um jetzt das hier zu erleben.
    Fünfundzwanzig? Dreißig? Es war sinnlos mitzuzählen, oder? Wenn er gekommen war, um Jenny zu besuchen, hatte er schon einige Male gesehen, wie geschickt Ramsay Pratt mit einer Peitsche umging. Der Mann war stolz auf sein Können. Und jetzt gab er vor den Männern an, die um ihn herumstanden. Er ließ die Peitsche immer wieder auf dieselbe Stelle knallen, bis sich Striemen bildeten, die Haut sich öffnete, und dann wieder, um die Wunde zu vertiefen, und dann noch einmal an dieselbe Stelle, diesmal aus reiner Schinderei und um Schmerzen zu bereiten.
    Colt wußte, daß Pratt diese Peitsche endlos und unermüdlich schwingen konnte. Er war ein Bär von einem Mann und sah auch aus wie einer; seine Nase war so flach, daß sie kaum zu sehen war, eine zottige Mähne schmutzigbraunen Haares flatterte wüst um seine Schultern und ging in einen langen Vollbart unter einem Schnurrbart über. Wenn jemand wie ein Wilder aussah, dann war es Pratt. Und Colt hatte den freudigen Glanz in seinen Augen bemerkt, als ihm gesagt worden war, er solle seine Peitsche holen. Er hatte eine Aufgabe, die ihm Spaß machte.
    Fünfundfünfzig? Sechzig? Warum versuchte er immer noch, auf dem laufenden zu bleiben? Hatte er denn überhaupt noch Haut auf dem Rücken? War er so übel zugerichtet, wie es ihm vorkam, oder war Pratt nur so geschickt, daß es schien, als ginge sein Rücken in Flammen auf? Vage nahm er das Blut wahr, das in seine Stiefel sickerte.
    Wie lange würde Jenny noch dort stehen und mit einem Gesicht zusehen, dessen Ausdruck so hart und gefühllos wie
    der ihres Vaters war? Hatte er wirklich mit dem Gedanken gespielt, dieses Mädchen zu heiraten und von dem Gold, das er unter seiner Habe gefunden hatte, als er im Rocky Valley eingetroffen war - dem Abschiedsgeschenk seiner Mutter eine Ranch zu kaufen?
    Seit er sie das erste Mal gesehen hatte, hatte er Jenny begehrt. Jessie hatte ihn mit seinem Interesse an ihr aufgezogen und ihn ermutigt, etwas zu unternehmen. Sie hatte ihm außerdem genügend Selbstvertrauen gegeben, und daher hatte er nicht lange gezögert.
    Als sie sich zum ersten Mal wirklich miteinander trafen, hatte er festgestellt, daß dieses Interesse auf Gegenseitigkeit beruhte, daß Jenny sich sogar so sehr zu ihm hingezogen fühlte, daß sie ihm nach weniger als einem Monat ihre Unschuld zum Geschenk machte. In derselben Nacht hatte er sie gebeten, ihn zu heiraten, und seitdem schmiedeten sie Pläne und warteten nur noch den richtigen Moment ab, um es ihrem Vater zu sagen. Aber der alte Mann hatte geahnt, was auf ihn zukam. Da die Rinder der Rocky Valley Ranch praktisch bis an die Grenzen zur Callan Ranch weideten, war es ihm ein leichtes gewesen, drei- oder viermal in der Woche mittags oder auch abends zu Besuch zu kommen. Das Wissen, wie ernst es Colt mit seiner Tochter war, hatte wahrscheinlich eine Menge damit zu tun, wie wütend und entrüstet er jetzt war. Und was war mit Jennys Entrüstung?
    Ihm wurde klar, daß er ihr von seiner Vergangenheit hätte erzählen müssen, daß sein wirklicher Name White Thunder lautete und daß es Jessies Idee gewesen war, sich Colt als Vornamen zuzulegen. Das Ärgerliche war nur: Niemals würde Jenny ihm das glauben. Sie würde denken, er hätte sich nur einen Scherz mit ihr erlauben wollen. Jessie hatte ihre Sache zu gut gemacht; die meiste Zeit dachte er sogar wie ein Weißer.
    Aber für Jenny war er kein Weißer mehr. Er hatte ihre Wut gesehen, ehe sich ihr Gesicht verschlossen hatte und so hart wie das ihres Vaters geworden war, als die Folter begann. Es gab keine Tränen, und sie dachte jetzt auch nicht an seine Hände und seinen Mund auf ihrem Körper und daran, wie sie ihn jedesmal, wenn sie miteinander allein gewesen waren, angefleht hatte, sie zu lieben. Jetzt war er nichts weiter als irgendein Indianer, der bekam, was er dafür verdient hatte, sich anzumaßen, die Zuneigung einer weißen Frau für sich zu gewinnen.
    Seine Beine wollten unter ihm nachgeben. Vor seinen Augen verschwamm alles. Das Feuer war nach oben gestiegen und knisterte explosiv in seinem Gehirn. Er wußte nicht, wie er es fertigbrachte, noch zu stehen, wie er seine Gesichtsmuskeln davon abhalten konnte, in Krämpfen zu zucken. Er hatte geglaubt, beim Ritual des Sonnentanzes die
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