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Wyoming 2 - Wildes Herz

Titel: Wyoming 2 - Wildes Herz
Autoren: Johanna Lindsey
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sich unaufgefordert von der Stelle zu rühren, und zwar nicht gerade sanft. Sie war rasend vor Wut. In den gesamten fünfundzwanzig Jahren ihres Lebens war sie nie derart außer sich gewesen. Weder bei ihrem Vater noch bei ihrer Mutter oder ihrem Mann, mit denen sie dann und wann uneinig gewesen war, hatte sie derart die Selbstbeherrschung verloren. Wenn Chase sie nicht zurückgehalten hätte, hätte sie ihr gesamtes Magazin auf Callans Männer abgeschossen und sich die letzte Kugel für Callan selbst aufgehoben.
    Aber als sie Thunder erreicht hatte und aus der Nähe sah, wie groß der Schaden war, den diese Peitsche angerichtet hatte, wich jede Wut aus ihr. Sie krümmte sich mit einem durchdringenden Stöhnen, das abrupt endete, als sich ihr Mageninhalt auf den blutbespritzten Boden ergoß.
    Chase stand neben ihr, während sie sich noch übergab, und schlang seine Arme um sie. Aber dann starrte er Thunder an, und ihm drehte sich selbst der Magen um. Er hatte mit der Zeit einen Freund in diesem Mann gesehen, obwohl Colt Jessie näherstand. Sie liebte ihn wie einen Bruder. Sie hatten mehr als ihr halbes Leben lang eine Beziehung ganz besonderer Art gehabt. Colt war immer für sie dagewesen, wenn sie einen Freund brauchte, und Jessie würde sich vorwerfen, daß sie nicht rechtzeitig gekommen war. Und Chase hatte ganz stark das Gefühl, sie seien zu spät. Wenn der Schock Colt nicht umbrachte, dann würde der Blutverlust ihn töten.
    »Nein! « schrie Jessie jetzt, als sie den Kopf wieder hob und Thunder ansah. »O Gott, o Gott! Tu doch etwas, Chase! «
    »Ich habe schon einen Mann losgeschickt, damit er den Arzt holt. «
    »Das dauert zu lange. Tu gleich etwas. Es muß sofort etwas geschehen. Er darf nicht noch mehr Blut verlieren - o Gott, warum ist er nicht längst losgeschnitten? «
    Es war nicht wirklich als Frage gemeint. Jessie wußte in dem Moment gar nicht, was sie sagte. Fast wie in Trance ging sie um den Pfahl herum. Das war gleich viel besser. Von vorn sah er aus, als sei er in Ordnung - abgesehen von seiner bleichen Haut, der Todesstille und dem flachen Atem. Sie hatte Angst, ihn zu berühren. Sie wollte ihn in ihre Arme nehmen, wagte es aber nicht. Jede Berührung mußte schmerzhaft für ihn sein. Jede Bewegung würde eine Folter darstellen.
    »O Gott, White Thunder, was haben sie dir bloß angetan? «
    Sie flüsterte es unter Tränen. Colt hörte sie. Er wußte, daß sie da war und vor ihm stand, doch er öffnete die Augen nicht. Wenn er den Schmerz sah, der ihr ins Gesicht geschrieben stand, würde er seine Selbstbeherrschung verlieren, die nur noch an einem seidenen Faden hing. So wie die Dinge standen, graute ihm davor, sie könnte ihn berühren, und doch brauchte er ihre Zärtlichkeit, brauchte sie dringend.
    »Weine... nicht... «
    »Nein, nein, ich werde ganz bestimmt nicht weinen«, versicherte sie ihm, während ihr weiterhin die Tränen über die Wangen strömten. »Aber versuch jetzt, nicht mehr zu reden, ja? Ich werde mich um alles kümmern. Ich bringe sogar Callan für dich um. «
    Versuchte sie, ihn zum Lachen zu bringen? Dasselbe Angebot hatte er ihr einmal gemacht, doch der Mann, den er für sie getötet hätte, war jetzt ihr Ehemann, den sie von ganzem Herzen liebte.
    »Töte... niemanden. «
    »Psst, schon gut, schon gut, ganz, wie du willst, aber sag jetzt nichts mehr. « Und dann: »Verdammt noch mal, Chase, eil dich mit diesen Fesseln! Wir müssen verhindern, daß er noch mehr Blut verliert. «
    Colt bewegte seine Arme nicht, als sie frei waren. Chase stand jetzt vor ihm. Seine Stimme war sehr sanft, als er erklärte: »Jessie, Liebling, diese Peitsche ist immer wieder durch den Schmutz gezogen worden. Sein Rücken muß vorher gereinigt werden, damit er nicht an Infektionen stirbt. «
    Eine drückende Stille senkte sich herab. Colt wäre erstarrt, wenn er nicht ohnehin schon starr dagestanden hätte.
    »Tu es, Chase«, sagte Jessie ruhig.
    »Himmel, Jessie... «
    »Du mußt es tun«, beharrte sie.
    Die drei kannten einander so gut, daß beide Männer wußten, daß es ihr nicht darum ging, die Wunde zu säubern oder ihn von diesem Ort zu entfernen. Colt hätte fast erleichtert aufgeseufzt. Es war aber auch an der Zeit, daß ihr etwas Vernünftiges einfiel.
    »Wir brauchen als allererstes eine Matratze und zwei Männer, die ihn festhalten, damit er nicht stürzt. «
    Jessie war ganz in ihrem Element und erteilte Anweisungen, aber als sie zwei Männer ins Haus schickte, um eine Matratze zu
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