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Wunschloses Unglück - Erzählung

Wunschloses Unglück - Erzählung

Titel: Wunschloses Unglück - Erzählung
Autoren: Suhrkamp-Verlag <Berlin>
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Arme im Fernsehsessel; die letzte Klospülung, zweimal.
    Oft habe ich bei der Arbeit an der Geschichte gespürt, daß es den Ereignissen besser entsprechen würde, Musik zu schreiben. Sweet New England…
    »Es gibt vielleicht neue, ungeahnte Arten der Verzweiflung, die wir nicht kennen«, sagte ein Dorfschullehrer in der Kriminalfilm-Serie »Der Kommissar«.
    In allen Musikboxen der Gegend gab es eine Platte mit dem Titel WELTVERDRUSS - POLKA .
    Der sich jetzt ankündigende Frühling, Schlammpfützen, warmer Wind und schneefreie Bäume, weit weg hinter der Schreibmaschine.
    »Sie nahm ihr Geheimnis mit ins Grab!«
    In einem Traum hatte sie noch ein zweites Gesicht, das aber auch schon ziemlich verbraucht war.
    Sie war menschenfreundlich.
    Dann wieder etwas sehr Heiteres: ich habe geträumt, lauter Dinge zu sehen, deren Anblick unerträglich weh tat. Auf einmal kam jemand daher und nahm einfach das Schmerzhafte von den Sachen, WIE EINEN ANSCHLAG , DER NICHT MEHR GILT . Auch der Vergleich war geträumt.
    Im Sommer war ich einmal im Zimmer meines Großvaters und schaute zum Fenster hinaus. Es war nicht viel zu sehen: ein Weg führte durch das Dorf hinauf zu einem dunkel (»Schönbrunn«) gelb angestrichenen Gebäude, einem ehemaligen Gasthaus, und bog dort ab. Es war ein SONNTAGNACHMITTAG , und der Weg war LEER . Auf einmal hatte ich ein bitterliches Gefühl für den Bewohner des Zimmers, und daß er bald sterben würde. Aber dieses Gefühl wurde dadurch gelindert, daß ich wußte, sein Tod würde ein ganz natürlicher sein.
    Das Grausen ist etwas Naturgesetzliches: der horror vacui im Bewußtsein. Die Vorstellung bildet sich gerade und merkt plötzlich, daß es ja nichts mehr zum Vorstellen gibt. Darauf stürzt sie ab, wie eine Zeichentrickfigur, die bemerkt, daß sie schon die längste Zeit auf der bloßen Luft weitergeht.
    Später werde ich über das alles Genaueres schreiben.

geschrieben Januar/Februar 1972
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