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Wunderbare Fahrten und Abenteuer der kleinen Dott

Wunderbare Fahrten und Abenteuer der kleinen Dott

Titel: Wunderbare Fahrten und Abenteuer der kleinen Dott
Autoren: Tamara Ramsay
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gehören! dachte Dott voll Sehnsucht.
— Ob wohl auch sie einmal wieder zusammen mit ihnen allen leben und arbeiten
würde?
     
     
     

Im Garten des Dichters
     
    Hoch oben über der Oder liegt ein
Schloß in einem großen alten Garten. Dort oben hat einmal ein Dichter gelebt,
und in diesem Garten sind einige seiner schönsten Lieder entstanden, mit denen
unser Volk jemals beschenkt worden ist.
    So lieblich ist das Land ringsum, daß
der Dichter nicht müde wurde, es immer wieder zu besingen: das sanfte Tal unter
ihm, das Blütenmeer der Hänge und ganz in der Tiefe der Strom zwischen den
rauschenden Wäldern. Ja, lauscht nur einmal auf eines dieser Lieder aus dem
Lande weit, weit im Osten!
     
    » Wer hat dich, du schöner Wald,
    aufgebaut
so hoch da droben?«
     
    und
     
    »Es war, als hätt der Himmel
    die
Erde still geküßt,
    daß
sie im Blütenschimmer
    von
ihm nur träumen müßt...
     
    Und
meine Seele spannte
    weit
ihre Flügel aus,
    flog
durch die stillen Lande,
    als
flöge sie nach Haus«
     
    Und seht, da geht er ja wieder durch
seinen Garten! Hochgewachsen, schmal und ein wenig gebeugt, in seinem dunklen
Rock, die Weste hochgeschlossen und dahinter das schwarze Halstuch. Barhäuptig
geht er, das weiße Haar und das feine bleiche Gesicht von der Morgensonne
umleuchtet. Joseph Freiherr von Eichendorff geht wieder durch den Garten seines
Heimathauses, des Schlosses Lubowitz bei Ratibor an der Oder.
    Jetzt bleibt er vor einem alten, alten
Birnbaum am Abhang stehen und streicht mit der Hand über die borkige Rinde.
Warum aber bleibt er vor diesem gebrechlichen alten Baum stehen? Nun, in der
Krone dieses Baumes hat er als Junge die wunderbaren Geschichten gelesen, von
Genoveva und der schönen Magelone und viele andere, die in ihm die Lust
erweckten, selbst zu dichten und zu singen.
    Aber seht! Joseph von Eichendorff hat
dem alten Baum schon wieder den Rücken gewandt und ist ein Stückchen den Abhang
hinaufgestiegen, wo er von der Taxushecke aus den schönsten Ausblick auf das
ganze Land ringumher hatte.
    Als der Dichter nun in Gedanken
versunken über die Taxushecke hinüberschaut, da sieht er dahinter eine Gruppe
seltsamer Personen stehen: einen Jungen und ein Mädchen, die recht mitgenommen
aussehen, und um sie herum einen Schwarm von Krähen.
    Wenn es nicht gerade ein Dichter
gewesen wäre, so hätte er wohl seinen Augen nicht getraut, als er die Krähen so
furchtlos und selbstverständlich bei den Kindern stehen sah. Für Eichendorff
aber war das gar nichts Besonderes. Und darum wunderte er sich auch nicht, als
die Kinder mit den Krähen zu sprechen begannen, ein jedes in seiner Sprache,
aber doch so, daß sie sich vollkommen verstanden.
    »Ich glaube, daß wir den Nöck nicht
mehr finden«, sagte gerade das kleine Mädchen; es sah müde aus und schien alle
Hoffnung verloren zu haben.
    »Mein Rat ist, wir lassen die beiden
Menschenkinder hier, bis sie wieder in der rechten Stimmung für eine Begegnung
mit dem Utoplotz sind«, sagte eine alte Krähe.
    Der Anführer der Krähen lachte. Dann
aber rief er: »Arrah! Auf und davon! Bringt in Erfahrung, wo der Nöck in dieser
Nacht zuletzt gesehen worden ist!« Und davon schwirrte der Krähenschwarm, die
Jungen voran und die beiden Alten hinterher.
    Das kleine Mädchen war bei den Worten
der alten Krähe rot geworden. Nun strich es das Haar aus der Stirn und sagte zu
dem Jungen, der sich am Abhang niedergesetzt hatte und sie schweigend
beobachtete:
    »Klaus, ich weiß gar nicht mehr, was
ich will! Bis jetzt war alles gar nicht so schwer, da kam alles von selbst.
Sobald aber der Utoplotz uns verrät, wie wir erlöst werden können, dann müssen
wir entscheiden, ob wir nach Hause zurückkehren wollen oder nicht, und nun weiß
ich mit einem Male nicht mehr, ob ich es will.«
    »Ich habe immer gedacht, daß du gerne
heimkehren möchtest«, sagte der Junge. Er hatte seine Geige vom Rücken genommen
und zupfte an den Saiten herum.
    »Das ist es ja eben«, bestätigte Dott,
indem sie sich setzte. »Natürlich will ich einmal zu Vater und Mutter
zurückkehren. Sie wissen ja gar nicht, wo ich bin, und ob ich überhaupt noch
lebe! Aber wenn die Rennefarre nicht mehr in meinem Schuh ist, dann werde ich
wieder so sein wie alle anderen Menschen. Dann werde ich sichtbar sein und darf
mich nicht mehr klein und groß machen. Ich werde dann niemals mehr in eine
andere Zeit zurückwandern dürfen! Und dann, Klaus, dann werde ich auch keinen
meiner unsichtbaren Freunde
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